Man kann es vielleicht (noch) nicht ganz (natur)wissenschaftlich beurteilen, aber durchaus wissenschaftlich betrachten. Auch bei vorerst emotionalen Sachverhalten lässt sich von Seiten der Psychologie, Neurologie und auch Genetik Prognosen (Wahrscheinlichkeiten) ableiten, die dann teilweise erschreckend zutreffend sind.
Ja und mich stört auch ein wenig das "beurteilen". Das wäre ja der nächste Schritt. Wissenschaft beurteilt ja nicht per se. Sie untersucht. Und die Ergebnisse können sich ändern. Und daraus kann man dann Urteile ableiten. Deshalb heißts ja auch immer, zum jetzigen Zeitpunkt der Forschung...Und Wissenschaft schert sich ja auch nicht um die Meinung einzelner, ob das jetzt jemand glaubt oder nicht, sondern *ist* einfach.
Zu beobachten auch bei Corona: Auf einmal werden ganz viele "Fachkräfte". Die Virologen, die das jahrelang studiert und gelernt haben und Berufserfahrung hierzu haben...egal...Man überschätzt sich selbst in seiner Kompetenz, obwohl man was ganz anderes gelernt hat.
Bei Psychologie ist es ganz besonders so: Jeder denkt, er ist ein Psychologe. Für was muss man denn studieren? Psychologie kann doch jeder.
Es gibt einen populärwissenschaftlichen Begriff dafür: Dunning-Kruger-Effekt. Ganz unterhaltsam, sich das mal anzuschauen.
Nur, was man daraus ableiten kann, wäre eine Beurteilung und da kann das durchaus so vorkommen: Wenn ein Patient sagt, er möchte jetzt anfangen, Drogen zu nehmen, dann werde ich natürlich davon abraten. Ebenso, wie wenn einer sagt, er möchte eine Affäre führen. Warum? Weil, die Wahrscheinlichkeit (nicht die hundertprozentige Sicherheit) eben groß ist, dass es einen statt glücklicher, unglücklicher macht.
Es gibt sehr viele gesunde Coping-Mechanismen. Solche Dinge gehören nicht dazu. Und das heißt nicht, dass es nicht dem ein oder anderen erstmal gut tut oder vielleicht sogar wirklich der Absprung zu etwas sein kann.
Und: Das steht ja jedem frei, trotzdem Drogen zu nehmen oder zu rauchen oder eine Affäre einzugehen oder oder oder. Und nochmal: es mag sein, dass eine Affäre beim Einzelnen durchaus stabilisierend erstmal wirken kann.
Es ist ja auch verständlich, wenn man in etwas involviert ist, dass man kognitiv verzerrt. Wenn es heißt, Rauchen ist ungesund (was erwiesen ist) und der Raucher kommt dann daher und sagt, "ja, aber (!) es gibt auch Raucher, die hundert Jahre alt geworden sind (=kognitive Verzerrung). Es kann also ungesund sein, muss aber nicht."
Naja schon. Und trotzdem ist ja nicht drüber zu streiten, ob Rauchen nun ungesund ist oder nicht. Das ist ja eine Tatsache, möchte ich mal meinen. Und dieses "aber" dient ja erstmal dazu, die Hauptaussage "totzuschlagen". (Und ich kenne übrigens tatsächlich jemanden (eine Bekannte meiner Mutter), die ist letzets Jahr im August 100 geworden und trinkt ihren selbstgemachten Eierlikör und raucht einiges zusammen.
)
Ich verstehe auch, dass man diese Ausnahmen braucht, um sich zu denken: Ich werde auch eine solche Ausnahme sein. Da kann ich dann auch nur sagen: Ja, kann sein, muss aber nicht.
Aber das war ja nicht der Punkt auf den ich eigentlich hinaus wollte.
Eigentlich ging es mir darum, dass ich vorsichtig wäre auf einen Mann zu treffen, der mir nichts dir nichts in eine Affäre geht (außer, es besteht sowieso eine offene Beziehung). Weil es eben per se nicht das beste Zeichen ist. Weil es auch moralische Werte aufzeigen kann, die jemand hat und mittels derer er für sich eine Affäre auch rechtfertigt. Und weil ein paar ungünstige Faktoren zusammen treffen können (!). Nicht müssen (!), die dazu führen können, dass jemand schneller eine Affäre eingeht, als jemand anderer. Es wird in unseren Kreisen als Betrug erstmal gesehen (in der Reihe mit einem anderen Betrug, wie man ihn gemeinhin kennt) z.B. in der PCL-R Checkliste.
Und die vielen anderen Differenzierungen kann man ja nicht alle jetzt hier ausführen - außer jemand hat wirklich offene und interessierte Fragen.
Übrigens: Ich selbst bin Raucherin, leider. Habe vor ein paar Jahren wieder angefangen, nachdem ich es schon mal geschafft habe, ein paar Jahre aufzuhören. Die Bekannte meiner Mutter, die tut auch mir sehr gut
. Aber (!), mir ist absolut bewusst, dass ich da eine kognitive Verzerrung habe, wenn ich mich auf diese Bekannte stütze. Mit diesem Wissen lebe ich persönlich leichter, statt beständig Selbst-Betrug zu betreiben.
Aber, nicht falsch verstehen: Vergleiche (hier mit dem Rauchen) hinken natürlich immer und es geht ja wirklich um den Einzelfall.
Und den Einwurf von Kleiner Lillith (weshalb ich eigentlich hier eingestiegen bin), den fand ich gut und wollte ihn nicht gleich weggewischt sehen, sondern ihn halt noch ein wenig ausdifferenzieren.