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Warum nur glückliche Singles wahre Liebe finden
Eine der wichtigsten Grundsätze für die Wahl eines vernünftigen Partners, ist sich nicht gestresst zu fühlen unbedingt eine Entscheidung treffen zu müssen. Ein zufriedener Single zu sein ist eine Voraussetzung für eine zufriedenstellende Partnerschaft. Wir können keine kluge Wahl treffen, wenn es sich unerträglich anfühlt alleine zu bleiben. Wir müssen vollkommenen Frieden mit der Aussicht auf langjährige Einsamkeit schließen, damit wir überhaupt eine Chance haben eine gute Beziehung aufbauen zu können. Ansonsten lieben wir es mehr, nicht mehr alleine zu sein, als wir den Partner lieben, der uns davor verschont hat.
Der Reiz der Ehe basiert in einem bedenklichen Ausmaß letztlich auf der Einsicht, dass es ziemlich wenig Spaß macht, allein zu sein. Dies ist nicht unbedingt unser Fehler als Individuum. Die ganze Gesellschaft scheint darauf aus zu sein, Singles das Leben so unerfreulich und deprimierend wie möglich zu machen: Wenn die sorglosen Tage von Schule und Universität vorüber sind, bleiben Geselligkeit und Wärme eher die Ausnahme; das gesellschaftliche Leben dreht sich nun bedrückend um Ehepaare; es gibt niemanden mehr, den man anrufen oder mit dem man sich treffen kann. So wundert es wenig, dass wir, wenn wir jemanden halbwegs Anständigen finden, an ihm festhalten.
In den alten Zeiten, als die Menschen (theoretisch) nur Sex miteinander haben konnten, wenn sie verheiratet waren, wussten weise Beobachter, dass manche aus den falschen Gründen heirateten – und argumentierten, dass die Tabus gegenüber vorehelichem Sex gelockert werden sollten, damit die jungen Menschen ruhigere, weniger bedürfnisgetriebene Entscheidungen treffen könnten. Aber nachdem dieses spezielle Hindernis ausgeräumt war, welches gutem Urteilsvermögen im Wege stand, ist ein anderes Bedürfnis an die Stelle getreten. Das Bedürfnis nach Zugehörigkeit mag nicht weniger stark oder verantwortungslos sein wie früher die sexuelle Motivation. Zweiundfünfzig Sonntage in Folge allein zu verbringen kann die Besonnenheit eines Menschen durcheinanderbringen. Auch Einsamkeit kann zu unsinniger Eile führen und Zweifel und Ambivalenz gegenüber einem potentiellen Ehepartner verdrängen. Der Erfolg einer jeden Beziehung sollte nicht daran bemessen werden, wie glücklich ein Paar zusammen ist, sondern daran, wie viel Kopfzerbrechen beide sich machen würden, wenn sie keine Beziehung hätten. Nur wenn wir uns vergewissern, dass alleine sein sich potenziell genauso sicher, warm und erfüllend anfühlen kann, wie sich in einer Beziehung zu befinden, können wir sichergehen, dass die Leute sich aus den richtigen Gründen verbinden. Es wird Zeit die Gesellschaft von den Fesseln der Partnerschaft zu befreien.
In der Zwischenzeit sollten wir danach streben so gut wie möglich Frieden mit den Gedanken des Alleinseins, auch über einen langen Zeitraum, zu schließen. Nur dann haben wir die Chance, auf Basis der wahren Vorzüge des potenziellen Partners, entscheiden zu können, mit diesem auch wirklich zusammen sein zu wollen.
Quellen:
http://www.thebookoflife.org/good-solitude/
»Der Lauf der Liebe« von Alain de Botton (S. Fischer Verlage, 2016)