Lieber Andre,
nochmal - aus meiner Sicht vermischst du da was.
Es gibt evolutionspsychologische Parameter unserer "Spezies", die wir - unbestritten - nach wie vor tief in uns verankert haben, aber zu diesen Parametern haben sich über die Jahrtausende wachsender Intellekt und - vor allem - das Recht auf Selbstbestimmung gesellt.
Schau, ich zB habe die evolutionär bedingten Mechanismen und Dynamiken, die in zwischenmenschlichen Beziehungen greifen, gut verstanden und verinnerlicht, und trotzdem würde ich Fremdsex meines Partners nicht akzeptieren. Das eine schließt das andere nicht aus - und die Evolutionspsychologie nimmt meiner Vorstellung und meiner Präferenz von einem monogamen Beziehungskonzept ja nicht ihre Gültigkeit.
Das eine ist die wissenschaftliche, theoretische Ebene, das andere aber die Beziehungsebene in der Praxis.
Du kannst deiner Frau erklären, dass dein Verlangen nach Fremdsex auf der evolutionspsychologischen Faktoren gründet, sie kann es verstehen - und dennoch ablehnen.
Was ich dir sagen möchte: Niemand von uns ist diesen Faktoren "ausgeliefert" und es bleibt eine individuelle Entscheidung, wie ich in einer Partnerschaft leben und agieren möchte. Und wenn ich feststelle, dass ich innerhalb der Beziehung mit dem Konsens, der irgendwann Jahre früher einmal getroffen wurde, nicht mehr glücklich bin und mir eine andere Struktur wünsche, dann kann ich etwas ändern - ich kann aber nicht automatisch von meinem Partner erwarten, dass der dabei mitmacht und sich in eine ähnliche Richtung entwickelt, nur weil die Wissenschaft es scheinbar vorgibt.
Ich weiß nicht, ob dich das hier irgendwo überlesen hab, aber hast du denn mit deiner Frau über diese Dinge gesprochen? Und wenn ja, was hast du ihr erklärt und wie war die Reaktion?
LG, Catalina