Heute bin ich in mich gegangen und habe versucht zu analysieren, warum gerade jetzt was passiert. Was ist anders geworden? Warum gerade jetzt? Mein Mann und ich gehen seit über 30 Jahren den gleichen Weg. Ich glaube, er geht seinen Weg und ich folge ihm. Anfang letzten Jahres hat er seinen Weg, und somit meinen, in Frage gestellt. Nicht nur das, er hat ihn verlassen. Das war ein gewaltiger Schritt und ich habe ihn dafür gefeiert. Er hat sein berufliches Leben, das auch das private eingeschlossen hat, komplett geändert. Der Weg, den er jetzt geht, führt wohl in eine andere Richtung. Und ich stelle jetzt fest, dass ich ihm wohl doch nicht gefolgt bin. Oder doch? Jetzt scheint es mir, als würde mein Weg in eine Richtung führen, seiner ist aber nicht mehr der Gleiche wie meiner.
Ich war mir so verdammt sicher, dass wir den gleichen Weg gehen. Umso überraschter bin ich, dass wir uns nun voneinander entfernen. Sein Weg ist ein anderer als meiner. Er ist wie immer, verhält sich wie immer, fühlt sich an wie immer. Aber es hat sich etwas verändert.
Ich will ihm nicht mehr folgen. Die Veränderung in unserem Leben betrifft nicht nur ihn, sondern auch mich. Ich will nicht mehr darauf achten, dass er den Rücken frei hat, dass es ihm gut geht. Ich will nicht mehr nur zuhören. Ich will erzählen können mit der Gewissheit, dass es mein Gegenüber interessant findet, was ich zu erzählen habe. Überhaupt zuhört.
Warum bin ich so geworden? Warum bin ich nur in unserer Beziehung so? So unsichtbar.
Seit wann ist das so? Seit wann bin ich nicht mehr Aislinn, sondern die Frau von? Seit wann habe ich kaum noch Freunde, weil er sie nicht wirklich mag? Wann habe ich aufgehört, ich zu sein?
Ich will mich nicht mehr von seinen Launen beeinflussen lassen.
Wenn ich an ihn denke, wird's mir warm ums Herz. Ist das Liebe? Oder ist es Gewohnheit? Ich denke, unter anderem das gilt es für mich heraus zu finden. Und dafür danke ich meiner Affäre sehr. Weil er diese Gedanken mit seiner Aufmerksamkeit und Zuneigung ausgelöst hat.