Über ein Jahr ist es her, seit ich hier etwas verewigt habe.
Ich melde mich auch nicht, weil ich einen Rat benötige, denn das ist nicht mehr erforderlich. Ich dachte einfach, für die, die meine Geschichte noch in Erinnerung haben, schreibe ich einmal auf, was vor einem halben Jahr geschehen ist...
Mr. Marathon hat sich schon eine ganze Weile "ausgemarathont", tolle Erlebnisse, schöne Zeit, aber wohl nicht mein Mann...
Es war Mitte Dezember 2019 als es abends an meiner Wohnungstür geklingelt hat. Meine Tochter war so lieb und hat die Tür aufgemacht, da es nur unser Nachbar sein konnte. Sie kam wieder, hatte ein Päckchen in der Hand und sagte: "Mami, hier ist ein Päckchen für Dich." "Für mich?" Ich konnte mich nicht daran erinnern, dass mir noch etwas fehlte, da ich schon alle meine Weihnachtsgeschenke beisammen hatte. Ich sah auf den Absender... es war von Hr. X. Mir war schon ein wenig komisch, über 1 1/2 Jahre hatten wir uns nicht gesehen, gesprochen, geschrieben... Gespannt habe ich es geöffnet... selbstgebackene Kekse, selbstgebackene Stolle, wirklich süsse Weihnachtsdeko und eine geschmackvolle Karte mit 24. Adventskalendertürchen... Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, ich hätte mich nicht gefreut... Natürlich habe ich mich ein wenig später ganz freundlich und wirklich überrascht per WA bedankt, eine Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Weihnachtsgruß, Silvestergruß, ein wenig nettes Geplänkel im Januar, dann Anfang Februar der Wunsch, mich einmal wiedersehen zu können, "aber ich lasse ihn ja immer abblitzen"...
Ich konnte das alles ganz entspannt und witzig umdrehen, so dass er sich an seine eigene Nase fassen musste. Er erinnerte sich an Zeiten, an denen ich damals aufgrund der Kinder-Papa-Zeit Zeit hatte, aber das funktionierte nicht mehr. Früher wäre ich so traurig gewesen, wenn irgendein Termin nicht funktioniert hätte, heute lache ich drüber, denn meine kostbare, seltene, freie Zeit ist mir heilig und ich verbringe sie nicht mehr mit Smaltalk oder irgendwelchem Dating-Mist.
Wir hatten dann einen Termin Anfang März gefunden... Ehrlich gesagt war ich neugierig, klar auch auf ihn, aber hauptsächlich wollte ich mich selber testen, ob ich "Angst" hatte, irgendetwas zu fragen, was ich mich damals nicht getraut hatte, ob ich ihm Dinge um die Ohren hauen kann, die ich mich damals nicht getraut hatte bzw. zurückgehalten hatte, um unbedingt ein EB zu schaffen... ich wollte einfach wissen, ob ich mich verändert habe, denn er wird sich nicht verändert haben...
Ich wollte das Haus gerne sehen, wir wollten einfach quatschen und er wollte kochen... Na bitte, dann soll er das tun...
Den Februar über hatten wir dann ganz entspannten, lustigen Kontak per WA, dann ging es ja Ende Februar langsam mit Corona los, aber der Anfang-März-Termin stand...
Wir begrüßten uns mit einer Umarmung (da war er, dieser leckere Geruch
). Ich bekam eine Führung durchs Haus, habe mich amüsiert, denn alle Dinge, die ich ihm mal geschenkt hatte, hatten noch ihren Platz... Vieles geschafft, aber immer noch nicht fertig, aber mittlerweile eingesehen, dass für eine Person mit partiellem Besuch seines Kindes eigentlich einfach viel zu groß... Haha, habe ich schon damals gesagt... aber Männer wissen ja alles besser...
Wir aßen gemütlich und quatschten, als hätten wir uns gestern erst gesehen, ohne Punkt und Komma, alberten und lachten... Irgendwann passte es einfach und ich posaunte ganz keck und locker Fragen raus, auf die ich gerne eine Antwort haben wollte... ich fing an mit der Frage, warum er mir so aus dem off im Dezember ein Paket geschickt hat? Da er sich endlich einmal Zeit für andere Dinge, als die Arbeit genommen hatte, wollte er sich bei drei Menschen, die ihm wichtig sind, endlich einmal bedanken, für Dinge, die sie für ihn getan haben... bei seiner Schwägerin, bei einer jarhzehntelangen Freundin und bei mir... Wir sprachen auch darüber, was in der Zwischenzeit geschehen ist, seit sich unsere Wege getrennt hatten... ich erzählte von Mr. Marathon und er erzählte von seiner Liaison... ich war ja neugierig und sagte dann: "und dann fing sie das Klammern an und es wurde Dir zu eng, stimmt's?" Da musste er lachen und nickte... Dann passte das voll und ich fragte ihn: "Sag mal, hast Du mich eigentlich jemals geliebt?" "Ja, total." "Und dann habe ich das Klammern angefangen..." "Ja, ich hab gedacht, ich bekomme keine Luft mehr zum Atmen." "Ich wollte Dich so sehr und unbedingt und hatte solche Angst, Dich zu verlieren und habe mich irgendwann nicht mehr getraut, normal mit Dir zu sprechen, weil ich immer Angst hatte, Dich wegzustossen." Er sagte, wie gern er mich weiter kennengelernt hätte und an wieviele Dinge er sich ganz oft und sehr gern zurückerinnert. Lustigerweise hat ein Kollege letztens ganz offen und ehrlich mit mir gesprochen und sagte: "Eagle, ich kenne Dich jetzt auch schon eine ganze Weile und ganz ehrlich, damals warst Du so ein braves, Ich-sag-zu-allem-ja-und-Amen-Mädchen, damit Du es allen Recht machen kannst. Jetzt bist Du tough und machst Dein Ding. Das ist mega, mir gefällt das total an Dir." Und Hr. X sagte etwas in die Richtung: "Ich mag es, wenn Du mir Paroli bietest, wenn Du Dein Ding machst und mich daran teilhaben lässt." Ich war in dem Moment so stolz auf mich. Keine Angst mehr, keine Verlustangst mehr, wer nicht bei mir sein möchte, ist eben nicht bei mir... Wir sprachen noch eine ganze Weile weiter, lachten ganz viel, dann beendete ich das Treffen und wir verabschiedeten uns wieder mit einer Umarmung...
Tja, wir haben Kontakt, ich habe ihm gesagt, dass ich die wenige Zeit, die ich mir freischaufeln kann, mit Menschen verbringen möchte, die mich weiter bringen, mit denen ich gute Gespräche führen kann, mit denen ich lachen kann, auf die ich zählen kann. Früher dachte ich immer, man geht in eine Beziehung, löst alle Probleme gemeinsam, ... Heute sehe ich das komplett anders. Eigentlich weiß man, so geht es mir zumindest, oftmals schon eine Lösung für ein Problem und manches Mal benötigt man dann einfach noch eine Meinung einer vertrauten Person, aber das Grundproblem muss man allein lösen und das Gefühl, nicht von jemandem abhängig (auch emotional) zu sein, ist einfach unheimlich befreiend...
Die Corona-Besuchsverbot-Zeit war für mich ein guter Test, um festzustellen, ob ich etwas vermisse, ob mir etwas fehlt oder ob ich im Vertrauen bin, dass alles gut ist, wie es ist und wir einfach sehen, was passiert, wenn sich irgendwann wieder Besuchsmöglichkeiten ergeben können. Da meine Eltern und der Vater meiner Kinder zu den Risikopatienten (Corona) gehören, bleiben nicht viele Zeitfenster. Wir wollen uns Kennenlernen, essen gehen, quatschen, lachen,... Öffnet sich ein Zeitfenster, sage ich ihm kurzfristig Bescheid, er verschiebt seine Termine und wir unternehmen schöne Dinge. Ich schreibe nicht mehr hinterher, nicht aus Strategie, sondern einfach, weil ich mich nicht mehr vom WA abhängig machen möchte, weil ich manches Mal auch keine Lust habe... Melde ich mich ein paar Tage nicht, dann kommt ein: "Alles o.k. bei Dir?" Natürlich muss ich mich zwischendurch auch erden, wenn er sich ein paar Tage nicht meldet, aber das hat immer nichts mit mir zu tun, weil eben tausend andere Dinge dazwischen kommen, so, wie bei mir auch. Es sind immer die Erwartungen, die wir in ein Gegenüber projezieren wollen und das möchte ich nicht mehr. Wie gesagt, wer gerne in meinem Leben sein möchte, ist herzlich eingeladen, alle anderen können wegbleiben... Denn die Konversation, die wir mittlerweile betreiben, ist absolut wertschätzend. Ich glaube, ich war noch nie so zufrieden und im Gleichgewicht mit mir selber, wie ich es jetzt bin. Denn auch mit dem Vater meiner Kinder läuft es super, wir lachen, spielen mit den Kindern, er fragt, er antwortet ganz schnell, wenn ich irgendetwas benötige, eben auch wertschätzend und für die Kinder perfekt...
Die Quintessenz davon: sie kommen irgendwie wohl alle wieder an (wenn man nicht im Streit auseinander gegangen ist
), nicht alles passend machen, sein eigenes Ding machen und es einfach laufen lassen, ohne den Gedanken an, was ist in zwei Wochen, was ist in einem Monat, etc... denn es gibt nur dieses eine Leben und das ist im hier und jetzt... alles andere wird sich irgendwie fügen...
Liebe Grüße eagle