Der Teufelskreis und ich

[Runner]

Nun ist es mal wieder soweit, ich stecke in meinen negativen Gedanken fest. Wieder spüre ich diese Unruhe in mir. So schnell wie möglich muss die nächste Frau her, nur so fühle ich mich gut. Ich muss etwas ändern, so geht es nicht weiter. Aber vielleicht mal von Anfang an.



Ich bin Mitte vierzig, geschieden und eigentlich mit mir im Reinen. Und da war sie schon die erste Lüge, sicher mache ich mir selber was vor. Ich kann nicht im Reinen mit mir sein, das kommt mir nur so vor. Aber ich schweife schon wieder ab. Mehr als die Hälfte meines Lebens (fast 25 Jahre um genau zu sein) war ich in einer Beziehung. Es gab Höhen und Tiefen, wie das in einer Beziehung halt so ist. Wir haben ein Haus gebaut, haben das verkauft und ein Neues gekauft. Wir haben einen Sohn und alle war schick. Bis zu dem Tag wo mein Leben komplett durcheinander gekommen ist. Trennung, Scheidung, seit mehr als drei Jahren Rosenkrieg der üblen Sorte. Langsam kehrt Ruhe ein, oder vielleicht ist das auch nur die Ruhe vor dem nächsten Sturm. Mein komplettes Umfeld hat sich verändert. Das Haus ist weg, ich habe eine schwierige finanzielle Situation (Anwalt, Schulden, usw.). Der Exfrau weine ich nicht wirklich eine Träne nach. Das ist nicht mein Problem.


Mein Problem. Ich suche krampfhaft nach Beziehungen. Dadurch entsteht ein Teufelskreis. Ich kann keine gesunde Beziehung aufbauen, weil ich wie gesagt immer sofort die große Liebe sehe. Ich ziehe damit magisch die falschen Frauen an. Meist sind sie selber schwer geschädigt. Am Anfang läuft alles noch gut, ich fühle mich wohl, bin bei mir. Dann kommen die ersten Schwierigkeiten, die man sich selber macht und ich versuche zu retten was zu retten geht. Schon lange bin ich da in Abhängigkeit und um so härter wird es dann. Die “Beziehung” geht in die Brüche und ich stecke in einer Depression bis die nächste kommt. Die kann aber nicht besser werden, weil ich mich selbst belüge. Ich komme einfach nicht aus den negativen Gedanken raus und die werden immer schlimmer. Von Frau zu Frau wird das Loch größer. Immer häufiger denke ich, das ich nie wieder eine Frau finden werde. Immer häufiger denke ich, das ich nie eine Beziehung führen werde. Ich vermisse das Gefühl der Sicherheit. Ich will endlich mal wieder ankommen.


Ja nun kann man sagen: “Konzentriere dich auf dich. Suche dir ein Hobby, treff dich mit Freunden.” Ja das kenne ich alles. Ich habe ein Hobby. Ich habe einen guten Kontakt zu meinem Sohn. Wir sind beide tief in einem Sportverein verankert. Er als Spieler, ich als Trainer. Ich kenne darüber wahnsinnig viele Leute und trotzdem fühle ich mich total alleine. Ich kann mich auf nichts konzentrieren. Ich muss ständig analysieren. Es fällt mir schwer Entscheidungen zu treffen. Das wird erst wieder besser, wenn ich mich auf eine Frau konzentrieren kann. Professionelle Hilfe habe ich mir schon gesucht. So richtig weiter bringt mich das auch noch nicht. Nun setze ich meine Hoffnung auf eine Tagesklinik wo ich in drei Wochen aufgenommen werde. Bis dahin muss ich die Zeit noch überbrücken.


Was kann ich tun um aus diesem Teufelskreis zu entfliehen?

Wie bekomme ich diesen Fokus, den ich auf Beziehungen lege, in den Griff?

Vielleicht hat ja jemand ein paar Tipps für mich.

 

[Mod Hulahoop]

Hallo Runner,

ich kenne deinen Strang nicht und da dies ein allgemeines Forum ist, will ich auch mal allgemein antworten.
Eine Trennung nach langer Beziehung wirft natürlich alle Beteiligten erstmal aus der Bahn. Mann, Frau Kinder, Verwandte,...
Da muss man sich erstmal sortieren und sich und seinen zukünftigen Weg finden. Das ist keine Sache von Monaten sndern eher von Jahren. Wie bei allen Dingen sollte man hier vor allem sich selbst hinterfragen und klären was man selber möchte vom Leben.
Viele die cih kenne die kreuzunglücklich waren sind inzwischenfroh über die Trennung und die neuen Perspektiven die Sie dadurch gewonnen haben.
So sollte es dir auch gehen, runner. Schau nicht auf das was war oder was du verloren hast sondern schau nach vorne und freu dich auf die viele Begegnungen und Freuden die das Leben dir bietet. Ansonsten finde ich es gut das du dir Hilfe holst und ein gutes Verhältnis zu deinem Sohn hast.

LG Hulahoop

 

[Girlwithnoname]

Hallo Runner,

dein Problem kenne ich zwar nicht aus eigener Erfahrung, aber ich konnte Ähnliches schon in meinem Umfeld beobachten. Weiblich, Anfang 40, war ihr ganzes Erwachsenenleben lang in Beziehung (mit 16 den ersten Freund und den geheiratet, Kinder & Haus, Trennung mit Mitte 30, auch nicht auf die friedliche Tour). Auch sie ist seitdem verzweifelt auf der Suche nach einer neuen großen Liebe, sagt selbst von sich, sie kann nicht allein sein. War ein Beziehungsversuch gescheitert, war sie sofort wieder auf der Suche und dauernd am Daten.

Ich denke, dass man, wenn man quasi nie Single war, es einem in fortgeschrittenem Alter extrem schwerfällt, sich daran zu gewöhnen, dass da jetzt kein Partner mehr ist. Dass immer jemand da war, gab einem ja auch eine große innere Sicherheit, und die ist nun weg. Ich vermute mal, dass sich das innerlich fast wie eine Art Amputation anfühlen muss, denn man kennt sich ja selbst nur als Teil eines Paares und hat quasi gar kein anderes Selbstbild.

Und dann versucht man eben, diese gefühlte Lücke zu füllen, indem man sich einen neuen Partner sucht, mit dem man hofft, wieder in den Beziehungsmodus gehen gehen zu können, den man ja gut kennt und der sich auch gut anfühlt und Sicherheit gibt. Der Mensch ist halt ein Gewohnheitstier und mag keine Veränderungen, das spielt sich oft auch nur unterbewusst ab.

Ich könnte mir auch vorstellen, dass bei dir unterbewusst folgende Emotionskette abläuft:
Beziehung = Sicherheit = innere Ruhe = die Basis, um dein Leben zu leben.

Um aus der Beziehungsfixierung rauszukommen, müsstest du es in dem Fall irgendwie fertigbringen, an dieser Gleichung etwas zu ändern. Vielleicht ist es dir ja möglich, etwas anderes finden, das dir innere Ruhe und Stabilität gibt.

Da dich das Thema zu belasten scheint, drücke ich dir auf jeden Fall die Daumen, dass die professionelle Hilfe dir diesbezüglich etwas bringen wird.

LG GWNN

 

[Runner]

Ich könnte mir auch vorstellen, dass bei dir unterbewusst folgende Emotionskette abläuft:
Beziehung = Sicherheit = innere Ruhe = die Basis, um dein Leben zu leben.

So ganz falsch ist die Gleichung nicht. Das beschreibt es eigentlich ganz gut.

Ein Bekannter hat das Gefühl auch sehr gut beschrieben. Er meint: Männer neigen dazu eine Rolle einzunehmen und darin aufzugehen. Wir versklaven uns selbst für die Sache. Der Vater der für seine Familie da ist, der Soldat der für sein Land in den Krieg zieht oder der Arbeiter der alles für seine Firma macht. Wenn die Sache dann fehlt kann man es kaum erwarten bis es ersetzt wird. Der Soldat freut sich auf den nächsten Krieg. Total bescheuert.

Problem bei mir ist leider das ich total bedürftig werde und je mehr ich enttäuscht werde umso bedürftiger werde ich. Leider reicht es aber eben auch nicht sich eine neue Aufgabe zu suchen. Das habe ich schon versucht. Die Hauptsache "Beziehung" fehlt weiterhin.

 

[bruce w.]

Hey Runner,

ich finde das ist ein sehr interessantes Thema.
Ich konnte dieses Gefühl zwar auch schon bei mir beobachten, aber nicht ganz so extrem wie du es beschreibst. Also dass man unbedingt eine gute, langfristige Beziehung und Sicherheit will.
Das ist irgendwie die Basis des Lebens und gleichzeitig so falsch, weil nur man selber sollte die Basis sein und mit beiden Beinen fest im Leben stehen. Erst dann kann man doch das Leben vernünftig mit jemanden teilen. Andersrum ist es Abhängigkeit.

Und obwohl mir das auch bewusst ist, weiß ich genau was du meinst. Ich kann dir leider auch keinen wirklichen Rat geben wie es besser wird - außer durch Selbstdisziplin.
Das ist wie mit dem Rauchen aufhören. Dein Kopf und dein Geist müssen einfach stärker sein als diese Abhängigkeit.

Ich erlebe das bei ein paar Freundinnen ganz extrem. Die sagen auch von sich, die können nicht alleine sein und stürzen sich von einer Beziehung in die nächste. Diese Frauen halte ich selbst für nicht Beziehungsfähig, eben weil sie garnicht erst aufarbeiten oder auch mal auf ihre Probleme schauen und diese angehen. Die verdrängen und schnappen sich den nächsten. Man muss dieses Muster zu seinem eigenen Wohl durchbrechen, weil sonst wird man nie wirklich glücklich.

 

[Mod Clara]

Hey Runner,
ich kann dich sehr gut nachvollziehen.
Ich war bis vor 2 Jahren immer in festen und langen Partnerschaften. Ein langes Single sein kannte ich ab dem Alter von 18 nicht. Heirat, Kinder, Haus gepaart mit Sicherheit und Stabilität, dass waren Dinge, die ich kannte und wollte.

Tja, dann war ich plötzlich Single und stürzte mich auf den Markt und zog auf einmal die falschen Männer an, die die keine Beziehung wollten, die die mir weh getan haben und mit jeder Verletzung wurde ich kleiner, bedürftiger, verzweifelte fast an mir und fast verlor ich meinen selbstwert.
Ich hab mich dann ins Leben gestürzt, nicht auf der Suche nach einem Mann, hab mir einen neuen Freundeskreis aufgebaut in dem immer mehr Menschen dazu kamen.

Plötzlich war es nicht mehr wichtig, einen Mann zu haben, ich hab mein Singleleben genossen, hatte diesen Sommer den schönsten den es je gab. Tolle Unternehmungen mit Freunden, ich konnte tun und lassen was ich wollte, habe gelacht, getanzt, gefeiert und kam irgendwann zu dem Entschluss. Mein Leben ist schön, so wie es ist. Ich brauche keinen Mann, ich kann mir alles selber geben, was ich möchte und ich bleibe bewusst Single, weil ich das will und schön finde.

Und auf dem Höhepunkt dieses Bewusstseins kam ein Mann, der mich "eingefangen" hat, einer der weiß was er möchte und das er mich an seiner Seite haben möchte. Ich kann das jetzt genießen, dieses kennenlernen, ich verspüre keinen Druck das es jetzt unbedingt eine lange Beziehung werden muss. Ich ruhe in mir, immer in dem Gedanken, wer weiß ob diese Geschichte nur ein paar Seiten hat oder ein Roman wird.

Geh raus ins Leben, suche dir neue Freunde und Hobbys. Genieße aber auch die Stille. Irgendwann wird wieder eine Frau in dein Leben treten mit der du wieder glücklich in einer Beziehung sein wirst. So will es das Leben und so wird es auch kommen, vertrau darauf. Bis es soweit ist, sammle neue Erfahrungen (Frauen sind jetzt nicht gemeint). Es braucht Zeit, bis du das toll findest und auch genießt Single zu sein. Gibt die dafür Zeit.

 

[Mod Wolf]

Hallo Runner,

Mein Problem. Ich suche krampfhaft nach Beziehungen. Dadurch entsteht ein Teufelskreis. Ich kann keine gesunde Beziehung aufbauen, weil ich wie gesagt immer sofort die große Liebe sehe. Ich ziehe damit magisch die falschen Frauen an.

Die "falschen" Frauen werden die ersten sein die dir über den Weg laufen (behaupte ich jetzt mal). Mit hoher Wahrscheinlichkeit haben sie das gleiche Muster wie du, nur Wenn du jemanden brauchst um deine innere Leere zu füllen, brauchen diese Frauen das auch und können es dir somit nicht geben, genau wie du es ihnen nicht geben kannst. Das kann auf Dauer nur schlecht enden.

Vllt kannst das mal umdrehen, also nicht suchen, sondern sich finden lassen. Klinkt jetzt im ersten Moment ungewöhnlich, aber wenn zwischen 2 Menschen genug Anziehung ist, klappt das schon. Ein paar Bedingungen braucht es schon.
Ich hab Anfang dieses Jahres 2 alte Freunde (hatten nur noch losen Kontakt) aktiviert wieder mehr gemeinsam zu machen. Dadurch hab ich wieder neue Menschen kennen gelernt. Da wir alle Single waren, haben wir dann Freundinnen (mit denen nix läuft) mitgenommen. (Kino, essen gehen, Tanzen, Grillabende usw) Dadurch haben wir dann denen ihre Freundinnen kennen gelernt.
Wenn da jetzt Interesse von den Mädels war, haben die sich einfach unserer Gruppe angeschlossen. Warten stellenweise 35 Leute. Der Vorteil ist, du kannst dich ganz ungezwungen unterhalten, sie besser kennen lernen, ohne das, wie bei einem Date, ein Beziehungswunsch mitschwingt, also sehr ungezwungen. Zudem belebt Wettbewerb das "Geschäft"
Dadurch hast mehr Optionen, fühlst dich besser und strahlst das auch aus und irgendwann kristallisiert sich dein Schwarm raus. Bei uns hat es gut Funktioniert, ein Freund und ich haben jetzt schon länger eine Partnerin und wenn ich ehrlich bin, passt sie nicht mal in mein Beuteschema.

Das von Mod Clara unterschreibe ich, war auch 1,5 Jahre Solo.

Gruß Wolf