Hallo tr,
ich wollte einmal kurz darlegen, was mich persönlich an deinem Eingangspost ein bisschen gestört hat und erklären, warum deine Geschichte für mich persönlich kein Hoffnungsschimmer ist oder irgendetwas besser macht. Bitte verstehe das nicht so, als würde ich dir dein Glück nicht gönnen, ich beschreibe einfach nur, was ich beim Lesen empfinde.
Zunächst einmal ist dein Eingangspost im Vergleich zu anderen hier relativ kurz und knapp, was ein bisschen lieblos wirkt. Durch die Knappheit wird der Eindruck vermittelt, dass das ja alles eigentlich ganz "einfach" ist, wenn man sich denn nur genug liebt und diese Aussage finde ich auf mehreren Ebenen schwierig.
Was diesen Eindruck für mich noch verschärft sind folgende Aussagen:
Was Liebe will…das nimmt sie sich.
Dazu habe ich so viele Gedanken im Kopf, dass ich nicht weiß, wo ich anfangen soll. Vielleicht erstmal der Bezug zu oben: Genau hier schreibst du ja, dass die Liebe nur groß genug sein muss und dann über alles "andere" im Leben siegt. Das
wirkt einerseits auf mich tatsächlich etwas überheblich, weil du damit ja suggerierst, dass sämtliche EMs und EFs die sich hier nicht trennen, AF oder AM nicht genug lieben. Andererseits wirkt dieser Satz sehr klischeehaft und verklärend in seiner Aussage und blendet aus meiner Sicht aus, dass es im Leben eben nicht nur um Liebe geht, auch bei einer Trennung eben nicht.
Auch wenn ich dich und deinen LG und damit eure Liebe nicht kenne, wage ich um ehrlich zu sein zu bezweifeln, dass du deinen LG oder dein LG dich mehr liebt, als es viele AMs und AFs mit ihrem jeweiligen OdB tun. Ich liebe meinen AM von Herzen und ich weiß, dass er mich genauso liebt. Nach deiner Logik bzw. der Aussage oben müsste er sich ja dann trennen, es ist ja Liebe und die besiegt alles. Die sehr vereinfachte Darstellung, dass es "nur" um Liebe zur AF oder eben EF geht ist eben nicht zutreffend. Es geht um einen Lebensentwurf, den man gemeinsam mit dem Ehepartner über Jahre oder sogar Jahrzehnte aufgebaut hat. Dazu gehören gegebenenfalls Kinder, Besitztümer, finanzielle Abhängigkeiten, ein bestimmter Platz in der Gesellschaft und noch viele andere Dinge. Würde es nur um Liebe gehen, gäbe es hier mit Sicherheit sehr viel weniger Stränge. Es ist eben nicht jeder bereit oder hat die Kraft, einen über Jahre hart erarbeiteten Lebensentwurf über Bord zu werfen und wieder nahe bei 0 neu zu beginnen. Es wird für die meisten eine Abwägung sein, ob ihnen ein erfülltes Liebes- und vor allem Sexleben wichtiger ist als all die anderen Träume, die man dafür gefährden würde. Und auch wenn es für mich viel Leid bedeutet, kann ich meinen AM und auch andere verstehen, die sich eben sagen "Ich kann oder will nicht nochmal neu anfangen und alles riskieren, was ich bisher erreicht habe." Denn letztendlich garantiert ihnen auch niemand, dass sie mit uns als Partner oder Partnerin in 10-15 Jahren nicht wieder am gleichen Punkt stehen wie jetzt.
Um jetzt nochmal auf deine Geschichte zurückzukommen: Durch deine sehr kurze und knappe Schilderung verbunden mit der Aussage "Was Liebe will..." wirkt das Ganze eben stark vereinfacht dargestellt und blendet m.E. wesentliche Aspekte aus, die in anderen Geschichten hier aber grundlegend von Relevanz sind.
Strategieren musste ich übrigens nicht
Diese Aussage liest sich auch für mich um ehrlich zu sein etwas überheblich (auch wenn du es womöglich nicht so meinst). Mindestens ist sie jedoch etwas gedankenlos formuliert. Denn heruntergebrochen sagt das ja genau wieder aus "Er hat mich
so sehr geliebt, dass ich keine Strategie nötig hatte." Im Umkehrschluss also: "Strategieren müssen nur Personen, bei denen die Liebe des OdB nicht für die Trennung ausreicht."
Wie gesagt schildere ich hier nur meinen Eindruck beim Lesen, das muss von dir nicht so gemeint sein. Aber um darauf noch einmal Bezug zu nehmen: Du stellst das ja sehr positiv dar (dass die Liebe eben so groß war und daher die Trennung), aber das kann man eben auch anders sehen. Ich habe ja oben bereits den Konflikt ausgeführt, den du in deinem Post m.E. verkennst (Liebe vs. Lebensentwurf). Man
könnte es auch durchaus als egoistisch betrachten, den Lebensentwurf von acht Personen (Ehepartner + Kinder)
innerhalb sehr kurzer Zeit, nach zwei langen Ehen, komplett über Bord zu werfen. Auch dieser Satz wirkt auf mich etwas egoistisch:
Er wollte mich, ich wollte ihn und das hat gereicht.
Ich verstehe was du damit sagen willst, aber es wirkt auf mich so: Zwei Menschen haben hier für sich persönlich ein starkes
ICH WILL empfunden. An diesem "ich will" ausgerichtet wurden dann wie bereits oben beschrieben kurzerhand alle anderen verbunden Lebensentwürfe einmal plattgewalzt und zwar ohne Rücksicht auf Verluste (ich formuliere bewusst etwas überspitzt).
Ich möchte damit sicher nicht aussagen, dass man aus meiner Sicht mit seinem EM oder seiner EF verheiratet bleiben sollte, wenn man das nicht mehr will. Ich möchte nur deutlich machen, dass die Frage Trennung ja/nein eben extrem komplex ist und es ganz sicher nicht so ist, dass es einfach nur um genug Liebe geht.
Und jetzt nur kurz abschließend hierzu:
Ich möchte euch an dieser Stelle einfach mal meine Erfahrungen teilen und euch wissen lassen, dass alles gut werden kann.
Ich habe meine Geschichte erzählen wollen, weil so viele Frauen hier kämpfen, zum Teil bis zur Selbstaufgabe, sie leiden, sie warten…meine Erfahrung sollte lediglich zeigen, dass es nicht aussichtslos ist.
Dass alles gut werden kann ist denke ich jedem bzw. jeder hier bewusst, ich würde mal so weit gehen zu behaupten, das ist sogar eher das "Problem". Denn die Hoffnung auf ein Happy End hält doch ganz viele hier in der Affäre. Würde niemand an ein mögliches Happy End glauben, gäbe es das gesamte Forum vermutlich nicht.
Den markierten Teil finde ich um ehrlich zu sein sogar eher problematisch anstatt hilfreich. Denn zur Wahrheit gehört ja eben dazu, dass es zwar Happy Ends gibt, aber selten. Sehr selten. Deine Geschichte entspricht absolut nicht der Regel, daher wäre es doch falsch, sich hieraus für einen selbst Hoffnung zu schöpfen. Viele hier leiden so sehr aufgrund ihrer Affäre, da erachte ich persönlich es als eben gerade nicht hilfreich, diesen Personen "noch mehr" Hoffnungen zu machen, besonders dann nicht, wenn die Grundlage dieser Hoffnung eine Geschichte ist, die sich in der Realität selten so oder so ähnlich abspielen wird.
Viele Grüße und alles Gute