Swjosdotschka
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- 21 Aug. 2018
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Hallo liebe Forenmitglieder,
ich habe mich hier angemeldet, in der Hoffnung ein paar Gleichgesinnte zu finden und vielleicht ein paar Tipps, um die Trennung gut zu verarbeiten und den für mich richtigen Weg zu finden. Wie die Überschrift es verrät: Es geht um meinen Ex, der ganz klare Symptome von Bindungsangst zeigt. Ich würde die Geschichte jedoch gerne von Anfang an schildern. Da das bedeutet, dass hier jetzt sehr viel Text folgt, ein Vorschlag: Holt euch was nettes zu trinken und zu knabbern. Ich versuche visuelle Anker fürs einfache Lesen einzufügen und das Ganze für eilige unten zusammenzufassen.
Das Kennenlernen
Ich habe mich für die Partnersuche über eine Online-Plattform entschieden. Aus ein paar einfachen Gründen: Zum einen bin ich kein Partymensch und kann demnach da auch keine Leute kennenlernen und zum anderen bin ich Gehbehindert und nutze draußen einen Rollator. Das kann Männer erst einmal einschüchtern. Ich habe die Erfahrung gemacht, wenn sie erst einmal eine Weile mit mir geschrieben haben und mich schriftlich kennenlernen und es DANN erfahren, dann sind die Berührungsängste geringer.
B. hatte nie Berührungsängste, unter anderem auch, weil er einen besten Freund hat, der an MS leidet. Aber genau wie jeder andere Mann auf der Partnerbörse hat er von meiner Behinderung natürlich erst im Gespräch erfahren.
Er war es, der mich angeschrieben hat. Und das, obwohl er mit 43 außerhalb meiner damals angegebenen Altersrange war (ich war damals 34). Mein Profil sprach ihn an und eine Sache hob er – wie übrigens viele Männer – besonders hervor. Dass er es sympathisch und faszinierend fand, dass ich (mit einem Augenzwinkern) dort stehen habe, dass ich seit ich 10 bin schon weiß, wie mein zukünftiger Sohn heißen soll. Offensichtlich ist das für viele Männer ein Türöffner (hätte ich auch nicht gedacht) und auch er gehörte dazu. Dieses Detail wird später noch wichtig.
Das erste Treffen
Ganz ehrlich, beim Schreiben war er mir gar nicht besonders aufgefallen. Und er war mir, wie gesagt, zu alt. Ich hatte Sorge, dass ein 44jähriger mit mir Kindskopf nicht klarkam und ich suchte ja auch den Mann fürs Leben – also bis zum Altersheim. Ich stimmte einem Treffen nur zu, weil es keinen vernünftigen Grund gab, nein zu sagen. Ich dachte man sieht sich einmal und dann ist der Drops gelutscht.
Tja. Das war er tatsächlich. Denn nach 10 Minuten war klar, dass wir so vertraut miteinander umgehen konnten, als kennen wir uns schon Jahre. Wir konnten zusammen lachen, uns bereits gegenseitig aufziehen, flirten, kuscheln – alles. Wir haben später tatsächlich das erste Treffen als unseren Jahrestag auserkoren, weil es eben da schon so dermaßen gefunkt hatte.
Eines machte mir jedoch Sorgen: er hatte in seinem Profil auf der Partnerbörse unter Kinderwunsch „keine Angabe“ gemacht. Er erklärte, dass er bisher einfach noch nicht die Frau gefunden hatte, mit der er sich Kinder vorstellen konnte, dass er aber mit der passenden Frau schon Kinder will. Später erfuhr ich, dass er mit einer seiner Exen nach drei Jahren Schluss gemacht hatte, weil er damals keine Kinder wollte. Im Laufe unserer Beziehung betonte er aber immer wieder, dass das mit mir anders sei.
Wir sprachen auch über seine letzte Ex und er meinte, das war nur eine 8monatige Wochenendbeziehung in der ihm viel Nähe und Sex gefehlt hat. Sie hat dann letztendlich per Whatsapp mit ihm Schluss gemacht und er fand das natürlich völlig daneben und unerwachsen (dieses Detail wird später noch unfreiwillig komisch).
Beziehung und Bindungsangst-Symptome
So schnell wie die Nähe entstanden war, entwickelte sie sich weiter. Im Juli kamen wir zusammen, im November war er schon mehr bei mir als bei sich. Und das, obwohl die Wohnsituation hier nicht einfach war. Zur Erklärung: Ich habe nach dem Studium lange keinen Job gefunden (körperbehinderte Arbeitnehmer haben es immer etwas schwerer) und mich dann freiberuflich gemacht. Da ich mit meinen drei Katzen in keinem vom Amt bezahlten Schuhkarton wohnen wollte und konnte, blieb ich aus finanziellen Gründen bei meiner Mutter wohnen. Da das ganze quasi eine WG-Situation ist, klappte es aber gut und B. , der kein enges Verhältnis zu seinen Eltern hat (offen gestanden eher ein gestörtes), fühlte sich hier pudelwohl und wurde bald der liebste „Schwiegersohn“. Sogar den Noro-Virus überlebten wir hier zu dritt und ich war sicher, wenn man das nach nur 4 Monaten Beziehung zusammen durchmacht und den Partner kennenlernt, wie man sich selbst nicht kennenlernen will, dann trennt einen nichts mehr.
Die Beziehung war von Anfang an sehr intensiv, er brauchte viel Nähe, viel liebevollen Körperkontakt, viel Zuspruch. Was ich von Anfang an wusste: er hatte Depressionen. Für mich war das kein Problem, denn ich habe selbst welche (bin nur schon länger in Therapie) und weiß daher um das Monster im Kopf und kann auch bei anderen damit umgehen, habe Verständnis und weiß, was dann hilft und was nicht. Ich sah das als enormen Vorteil. Dass aber neben der Depression auch noch eine Bindungsangst vorlag, weiß ich erst seit kurzem, weil ich einige Dinge, die in Foren von anderen Betroffenen beschrieben wurden, wirklich 1:1 wieder fand. Hier mal in Kurzform:
· Immer wieder nach solchen Situationen flehte er mich an, ihn nicht aufzugeben (das hatte ich nie vor und das habe ich ihm auch gesagt!) und ihm bitte in den Arsch zu treten, wenn er sich mal wieder selbst im Weg steht. Ich habs gemacht. Wieder und wieder und wieder. Etwa ein Jahr später sagte ich ihm, dass ich langsam Muskelkater in den Beinen bekam vom „Arschtreten“.
Der Kinderwunschkompromiss
Für ihn musste für Kinder alles „sicher“ sein. Wohnung, unbefristeter Job, am besten auch noch nicht unter xxxx Jahreseinkommen. Klingt rational, aber sein Sicherheitsbedürfnis überdeckte alles. Letztendlich hat man ja nun einmal auch Kinder, weil man Kinder haben möchte und nicht, um ihnen dreimal im Jahr Urlaub im Ausland zu ermöglichen o.ä. Er wollte seinen Kindern etwas bieten können und das verstand ich. Aber im Jahr 2018 kann man schlichtweg nicht mehr auf 10 Jahre hinaus planen. Er steckte zwar in einem befristeten Job, aber er war /ist ein intelligenter Mann mit guter Ausbildung. Die Depressionen flüsterten ihm aber zu, er würde für immer Hartz 4 Empfänger sein. (Was kompletter Bullshit war).
Immer wieder bekamen er und ich Zweifel, dass er Kinder will, immer wieder betonte er, dass er sehr wohl Kinder mit mir will. Sprach sogar von zweien, wo ich sagte: „Lass uns erst einmal eines hinkriegen und dann sehen wir weiter.“
Die ewigen Diskussionen zermürbten uns aber und so stellte ich irgendwann ein Ultimatum: Eine geeignete Wohnung ist Pflicht, aber weitere Parameter gibt es nicht. Wenn Wohnung, dann lassen wir das Schicksal spielen und schauen mal, was bei Sex ohne Verhütung passiert. Das hieß ja nicht, dass ich mit einem Fruchtbarkeitstest hinter ihm herlief.
Übrigens: Mit den Katzen, in Hamburg und mit meiner Behinderung, die eine barrierearme Wohnung erfordert war die Wohnungssuche ein Graus. Wäre ich schon Schwanger gewesen, wäre das ganze tatsächlich einfacher, denn dann hätten wir anrecht auf eine staatliche barrierefreie 3-Zimmer-Wohnung gehabt.
Weihnachten und erste Trennung meinerseits
Seine Rappel wurden nicht weniger, aber anstrengender und auch wenn ich fast gar nicht mehr depressiv war und an ihm echt gewachsen bin, mein Fell und meine Nerven wurden dünner. Aber ich jonglierte die Situation und investierte in diese Beziehung. Sah über vieles hinweg, sprach vieles an. Auch die zunehmend tote Hose im Bett, die parallel dazu kam, dass ich mal ein paar Wünsche äußerte. Keine außergewöhnlichen. Nur ein wenig Rhythmusvariation und ein bisschen sprechen beim Sex. Drauf eingegangen ist er null. Aber ich dachte, dass wir das schon irgendwie managen und uns eingrooven.
Was mich aber nervte war, dass er sich mit seinen Ausrastern und seinen Depressionen immer wieder in den Vordergrund rückte. Das ging so weit, dass ich an meinem 35 Geburtstag morgens meinen Mann trösten durfte, weil er heulend im Bett lag, weil ich enttäuscht war, dass er sich keine Unternehmung für meinen Geburtstag hatte einfallen lassen, obwohl wir eine Woche vorher nach einer Krise noch darüber gesprochen hatten, dass immer ich die Freizeitplanung übernehme und er doch bitte auch mal das Ruder in die Hand nehmen soll.
Ich schluckte meine Enttäuschung runter und tröstete ihn. An meinem Tag.
Dann kam 5 Monate später Weihnachten. Unser zweites gemeinsames Weihnachten. Und der für mich und meine Mutter wichtigste Tag im Jahr. Der Tag, auf den wir uns immer freuen und bei dem wir einfach nur nett beisammen sitzen und essen wollen. Das Jahr zuvor hatte B. die Stimmung bei uns richtig genossen und aus einem Grinch wurde ein Weihnachtsfan.
An diesem Heilig Abend lag er auf der Couch, stellte sich schlafend, weigerte sich, sich aufrecht an den Tisch zu setzen und tat wirklich alles, um uns den Abend zu verderben – hier erspare ich euch Details, wird ja so schon zu lang. Diesmal ging ich nicht auf ihn zu. Ich fragte nicht was los war, ich zeigte kein Verständnis. Ich war stinksauer, weil er sich nicht einfach mal zusammenriss!
Wir schliefen schweigend nebeneinander ein, auch am nächsten Morgen sagte er kein Wort, lag nur wieder heulend im Bett. Ich ignorierte es und ging zu meiner Oma ins Heim. Als ich zurückkam war er ausgezogen. Mir reichte es. Ich machte Schluss, denn mir wurde bewusst, dass meine Bedürfnisse in dieser Beziehung überhaupt nicht mehr zählen.
Gespräch und Comeback
Aber: ich hatte nicht aus mangelnder Liebe schluss gemacht sondern, so widersächlich das klingen mag, um unsere Beziehung zu retten. Die fühlte sich nämlich abseits der 3-Monatsrappel noch immer richtig an und ich sah das ganze als Krise, nicht als endgültig. Auch seine zwei Freunde, mit denen ich Kontakt hatte, hofften, dass wir das wieder hinbekommen. Sogar seine Ex (die, mit der er wegen des Kinderwunsches Schluss gemacht hatte), mit der ich sonst nicht sonderlich gut klar kam, meinte, sie habe das Gefühl gehabt B. hätte mit mir seinen Schlüssel zum Glück gefunden. Zitat: „Aber vielleicht kann er gar nicht glücklich sein.“
Sie sagte auch, dass sie nicht glaubt, dass er Kinder will.
Er und ich hatten von mir aus Whatsapp-Kontakt. Er sagte er vermisst mich, aber dass er nicht weiß, wie es weitergehen kann, weil wir ja nach einem Jahr Suche noch keine Wohnung gefunden hatten. Ich versicherte, dass die Wohnung schon kommt, aber das wir ja gerade ganz andere Baustellen haben und ich daher nicht einmal an zusammenziehen denke augenblicklich. Er hielt sich aber immer wieder an der Wohnung fest.
Fast Forward: nach 5 Wochen trafen wir uns, redeten, kamen wieder zusammen. Ich sagte, dass seine Ex meinte, er will keine Kinder. Er sagte wörtlich: „J. hat unrecht, ich will Kinder mit dir. Sie denkt es nur, weil sie es so erlebt hat.“
Die 3 Wochen dazwischen
Der Neuanlauf lief schwierig. Inzwischen hatte er unsere Beziehung zum Depressionsthema gemacht. Rückblickend denke ich, es hat ihn traumatisiert und bestätigt, dass ich mich doch getrennt hatte.
Das Schicksal (oder meine Göttin, an die ich glaube) hat aber einen komischen Humor. Der Hausmeister rief eine Woche nach dem Comeback an und hatte eine potenzielle Wohnung für uns. Ich war absolut verunsichert und unbegeistert, habe B. aber dennoch davon erzählt, aber dazu auch gesagt, dass ich auch damit einverstanden bin, wenn wir das Thema Zusammenzug aufschieben und uns erst einmal wieder ausballancieren.
Die Wohnung war okay. Nicht mehr und nicht weniger. Ich zweifelte, ob sie mit Kind und Arbeitszimmer (ich arbeite im Homeoffice) nicht zu klein war. Und wenn im 7 Stock mal der Fahrstuhl ausfällt – oh weia. Er redete mir gut zu. „Schatz, das passt die ersten Jahre mit Kind. Das Beistellbett passt ins Schlafzimmer. Und wenn das Kind dann da ist und etwas älter, haben wir doch die Chance auf eine staatliche Wohnung. Lass uns das machen, Schatz, das wird.“
Also setzen wir uns als Interessent auf die Liste.
Trotzdem blieb die Stimmung angespannt, weil er immer wieder von Hartz 4 redete und mit Kind warten usw. usw. Ich konnte nicht mehr. Ich brach zusammen, war zwei Tage hoch depressiv, weil ich das Gefühl hatte, er würde immer wieder ein gemeinsames Kind aufschieben, wenn er sich jetzt nicht an die Abmachung halten wollte. Er hielt mich weinendes Häufchen Elend im Arm und versicherte: „Ich hab doch nie gesagt, dass ich keine Kinder mit dir will!“
Die zweite Trennung seinerseits
Ich hatte die Nase voll und sagte, wenn er unbedingt in worst case Szenarien denken will (denn ich glaubte nicht daran, dass er jemals länger als ein Jahr arbeitslos sein wird), soll er sich fragen: Ein Leben mit mir und Laoghaire (der geplante Name für unsere Tochter, kam von ihm ) und Hartz 4, oder Hatz4 ohne mich und Laoghaire.“
Es dauerte ein paar Tage, dann kam ein bis über beide Ohren strahlender Mann zu mir zurück, der sich für uns entschieden hatte. Er lag in meinen Armen bei einem Spaziergang im Wald, seufzte, die ganze Anspannung fiel von ihm ab und er sagte nur noch: „Ich bin so glücklich!“ Auch ein „Ich lieb dich, Schatz!“ fiel seinerseits in dieser Woche wieder häufiger.
Dann meldete sich die Wohnungsgesellschaft. Wir kamen in die engere Auswahl für die Wohnung, sollten nur noch die Unterlagen schicken. Er war an dem Abend gerade bei sich und schickte sie mir per Mail. Am Telefon war er in den letzten Sekunden komisch, aber die Mail endete wieder mit einem Kuss und seinen Unterlagen.
Am nächsten Morgen, ich saß gerade bei meinem Morgengetränk, hatte ich eine Whatsapp: „Swjos, es tut mir unglaublich leid, aber ich kann nicht mit dir zusammenziehen. Immer wieder hab ich mir gesagt und auch geglaubt, dass es schön werden wird und richtig ist, aber ein nicht zu verachtender Teil in mir sagt mir immer mehr, dass ich das nicht kann und auch nicht will. Ich muss die Notbremse ziehen.“
Er hatte mit mir Schluss gemacht. Per Whatsapp. Ein inzwischen 44 jähriger Mann. Nach eineinhalb Jahren intensiver Beziehung.
Das ewige hin und her nach der Trennung
Mir zog es den Boden unter den Füßen weg. Ich war so kurz davor meinen Lebenstraum (Mann und Kind) zu verwirklichen und dann war nach einer Whatsapp am Morgen alles vorbei. Ich bin ein Mensch. Ich reagierte sauer. Beschimpfte ihn schriftlich, unter anderem als Schmarotzer und erinnerte ihn daran, dass wir hier bereits ein Jahr lang zusammen gewohnt hatten – nur mit dem Unterschied, dass er weder Miete zahlte noch was zum Haushaltsgeld beitrug.
Nach ein paar Tagen Schock verarbeiten und einem Gespräch mit meiner Therapeutin fühlte sich das alles nach Kurzschlusshandlung seinerseits an. Ich entschuldigte mich für meinen Ausraster, ging auf ihn zu. Es passierte nichts. Irgendwann sagte ich, dass ich die Trennung zwar nicht verstehe, sie aber akzeptiere und verabschiedete mich (alles per Whatsapp, anders ließ er nicht an sich rankommen). Er hielt mich zurück. Dass er seinen Ausraster auch nicht verstehe und er immer das pure Glück mit mir empfunden hat und dann aber Panik und Versagensangst hochkam. Panik, die Beziehung in zwei-drei Jahren in den Sand zu setzen und einen noch viel größeren Scherbenhaufen zu hinterlassen. Angst, an der Verantwortung für ein Kind zu scheitern.
Ich redete ihm gut zu, sagte, dass Panik und Versagensangst Depressionssymptome sind.
Dann dauerte das ganze wieder lange, ich sagte wieder ich schließe jetzt ab, er hielt mich wieder zurück. Wir trafen uns. Er hielt meine Hand und guckte merklich verliebt (das bilde ich mir nicht ein), aber bei Kussversuche ect. wurde er steif.
Die Beziehung steckte aber wieder in der Schwebe.
Mein Cut und Stand jetzt
2 Monate nach der Trennung wurde es mir zu viel und ich ging entgültig, nachdem von ihm nichts kam, außer, dass er sich seiner Gefühle nicht mehr sicher sei und sein Kinderwunsch kleiner geworden war – nachdem er mir 3 Tage vor der Trennung noch gesagt hatte, er will Kinder mit mir. Das war Ende April. Was dann folgte schreibe ich mal in Stichworten:
Die offenen Fragen brachten mich um den Verstand. Wieso hatte er noch zwei Wochen vor der Trennung gesagt, er will unbedingt, dass das mit uns funktioniert. Er will Kinder mit mir, er hat das pure Glück in der Beziehung empfunden etc. Was hatte den Schalter umgelegt? Was seine Meinung geändert. Ich sagte ihm, dass die Unlogik meine Hoffnung nährt und ich ohne Antworten weder meine Depressionen (die dann wieder aufflammten) zum Schweigen bringen kann und er das ja von sich kennt, noch mich auf einen anderen Partner einlassen. Er ließ mich am langen Arm verhungern. Erst nach dreimaliger Nachfrage ein Lebenszeichen: Er wolle und könne die Fragen nicht beantworten. Wenn das bisher gesagte nicht ausreicht, könne er mir nicht helfen.
(Lustig. Bisher hatte er ja vor allem betont, wie glücklich er war. Nur ein einziges mal kam dann, er sei sich nicht mehr sicher. Dass ich das nicht gegen 10 Versicherungen vorher, wie sehr er sich nach unserer Beziehung sehnt, aufwiegen kann ohne Erklärung, finde ich verständlich.)
Ich warf ihm vor, dass er gar nicht hinter seiner Entscheidung steht, sonst würde es ihm nicht schwer fallen diese zu begründen. Und dass er offensichtlich nicht will, dass ich abschließe.
Er bestätigte nicht, widersprach aber auch nicht. Er schwieg.
Was tue ich
Seit 3 Wochen oder so halte ich jetzt die KS ohne Pingnachrichten durch. Ein Teil von mir ist sich sicher, dass er nur wegen Bindungsangst schluss gemacht hat. Der Teil glaubt an uns und will ihn zurück. Der andere weiß, dass es so nicht weitergehen kann. Dass ich das Recht auf eine etwas unkompliziertere Beziehung habe. Aber die Demütigung, dass er – nachdem ich mir für ihn den Arsch aufgerissen habe, ihn zu Therapie und Antidepressiva überredet habe, ihn jeden Sonntag aus seinem Loch geholt habe – mir nicht einmal für ein offenes Gespräch zur Verfügung steht, sitzt tief. Die Liebe zu ihm dummerweise auch.
Will ich so weitermachen wie vor der Trennung? Nein. Ich will nicht mehr nur Geben. Will, dass unsere Bedürfnisse 50:50 zählen. Will ich ihn zurück? Ja. Denn nach wie vor fühlt sich die Beziehung richtig an. Aber eben nicht um jeden Preis. Und eigentlich liegt das ganze ja auch nicht in meiner Macht.
Ich versuche derzeit, einen neuen Partner zu finden. Ich glaube auch, mich verlieben zu können und ihn dadurch zu vergessen. Aber jede Nulpe auf der Partnerbörse treibt mich mehr zu ihm. Es ist ein ewiges, nerviges Karussell.
Und die Frage bleibt: Kann man mit jemandem mit Bindungsangst eigentlich eine Zukunft haben?
Zusammenfassung für Ungeduldige
Körperbehinderte, jetzt 36 jährige Frau war zusammen mit bindungsängstlichen, jetzt 45 Jahre alten Mann. Sie starken Kinderwunsch, er ewiges hin und her. Alle 3 Monate rappel seinerseits mit Auszug aus ihrer Wohnung. Trennung fühlt sich auch nach 4 Monaten noch unnatürlich an, lauter offene Fragen.
KS halte ich jetzt erst seit 3 Wochen durch, vorher viele Fehler gemacht und hinterher gelaufen.
ich habe mich hier angemeldet, in der Hoffnung ein paar Gleichgesinnte zu finden und vielleicht ein paar Tipps, um die Trennung gut zu verarbeiten und den für mich richtigen Weg zu finden. Wie die Überschrift es verrät: Es geht um meinen Ex, der ganz klare Symptome von Bindungsangst zeigt. Ich würde die Geschichte jedoch gerne von Anfang an schildern. Da das bedeutet, dass hier jetzt sehr viel Text folgt, ein Vorschlag: Holt euch was nettes zu trinken und zu knabbern. Ich versuche visuelle Anker fürs einfache Lesen einzufügen und das Ganze für eilige unten zusammenzufassen.
Das Kennenlernen
Ich habe mich für die Partnersuche über eine Online-Plattform entschieden. Aus ein paar einfachen Gründen: Zum einen bin ich kein Partymensch und kann demnach da auch keine Leute kennenlernen und zum anderen bin ich Gehbehindert und nutze draußen einen Rollator. Das kann Männer erst einmal einschüchtern. Ich habe die Erfahrung gemacht, wenn sie erst einmal eine Weile mit mir geschrieben haben und mich schriftlich kennenlernen und es DANN erfahren, dann sind die Berührungsängste geringer.
B. hatte nie Berührungsängste, unter anderem auch, weil er einen besten Freund hat, der an MS leidet. Aber genau wie jeder andere Mann auf der Partnerbörse hat er von meiner Behinderung natürlich erst im Gespräch erfahren.
Er war es, der mich angeschrieben hat. Und das, obwohl er mit 43 außerhalb meiner damals angegebenen Altersrange war (ich war damals 34). Mein Profil sprach ihn an und eine Sache hob er – wie übrigens viele Männer – besonders hervor. Dass er es sympathisch und faszinierend fand, dass ich (mit einem Augenzwinkern) dort stehen habe, dass ich seit ich 10 bin schon weiß, wie mein zukünftiger Sohn heißen soll. Offensichtlich ist das für viele Männer ein Türöffner (hätte ich auch nicht gedacht) und auch er gehörte dazu. Dieses Detail wird später noch wichtig.
Das erste Treffen
Ganz ehrlich, beim Schreiben war er mir gar nicht besonders aufgefallen. Und er war mir, wie gesagt, zu alt. Ich hatte Sorge, dass ein 44jähriger mit mir Kindskopf nicht klarkam und ich suchte ja auch den Mann fürs Leben – also bis zum Altersheim. Ich stimmte einem Treffen nur zu, weil es keinen vernünftigen Grund gab, nein zu sagen. Ich dachte man sieht sich einmal und dann ist der Drops gelutscht.
Tja. Das war er tatsächlich. Denn nach 10 Minuten war klar, dass wir so vertraut miteinander umgehen konnten, als kennen wir uns schon Jahre. Wir konnten zusammen lachen, uns bereits gegenseitig aufziehen, flirten, kuscheln – alles. Wir haben später tatsächlich das erste Treffen als unseren Jahrestag auserkoren, weil es eben da schon so dermaßen gefunkt hatte.
Eines machte mir jedoch Sorgen: er hatte in seinem Profil auf der Partnerbörse unter Kinderwunsch „keine Angabe“ gemacht. Er erklärte, dass er bisher einfach noch nicht die Frau gefunden hatte, mit der er sich Kinder vorstellen konnte, dass er aber mit der passenden Frau schon Kinder will. Später erfuhr ich, dass er mit einer seiner Exen nach drei Jahren Schluss gemacht hatte, weil er damals keine Kinder wollte. Im Laufe unserer Beziehung betonte er aber immer wieder, dass das mit mir anders sei.
Wir sprachen auch über seine letzte Ex und er meinte, das war nur eine 8monatige Wochenendbeziehung in der ihm viel Nähe und Sex gefehlt hat. Sie hat dann letztendlich per Whatsapp mit ihm Schluss gemacht und er fand das natürlich völlig daneben und unerwachsen (dieses Detail wird später noch unfreiwillig komisch).
Beziehung und Bindungsangst-Symptome
So schnell wie die Nähe entstanden war, entwickelte sie sich weiter. Im Juli kamen wir zusammen, im November war er schon mehr bei mir als bei sich. Und das, obwohl die Wohnsituation hier nicht einfach war. Zur Erklärung: Ich habe nach dem Studium lange keinen Job gefunden (körperbehinderte Arbeitnehmer haben es immer etwas schwerer) und mich dann freiberuflich gemacht. Da ich mit meinen drei Katzen in keinem vom Amt bezahlten Schuhkarton wohnen wollte und konnte, blieb ich aus finanziellen Gründen bei meiner Mutter wohnen. Da das ganze quasi eine WG-Situation ist, klappte es aber gut und B. , der kein enges Verhältnis zu seinen Eltern hat (offen gestanden eher ein gestörtes), fühlte sich hier pudelwohl und wurde bald der liebste „Schwiegersohn“. Sogar den Noro-Virus überlebten wir hier zu dritt und ich war sicher, wenn man das nach nur 4 Monaten Beziehung zusammen durchmacht und den Partner kennenlernt, wie man sich selbst nicht kennenlernen will, dann trennt einen nichts mehr.
Die Beziehung war von Anfang an sehr intensiv, er brauchte viel Nähe, viel liebevollen Körperkontakt, viel Zuspruch. Was ich von Anfang an wusste: er hatte Depressionen. Für mich war das kein Problem, denn ich habe selbst welche (bin nur schon länger in Therapie) und weiß daher um das Monster im Kopf und kann auch bei anderen damit umgehen, habe Verständnis und weiß, was dann hilft und was nicht. Ich sah das als enormen Vorteil. Dass aber neben der Depression auch noch eine Bindungsangst vorlag, weiß ich erst seit kurzem, weil ich einige Dinge, die in Foren von anderen Betroffenen beschrieben wurden, wirklich 1:1 wieder fand. Hier mal in Kurzform:
- · Wenn wir uns wegen Kleinigkeiten – zum Beispiel weil er beleidigt war, weil er bei einem Brettspiel verloren hatte – stritten, war das für ihn immer ein Drama. Sofort packte er wortlos und tieftraurig seine Sachen – ALLE Sachen – und zog aus. Diese Rappel bekam er alle drei Monate. Meine Freunde schlossen quasi schon Wetten ab, wann es wieder soweit sei.
- · Ich hab dann jedes Mal den ersten Schritt gemacht, gesagt, dass man sich so nicht aus einer Situation ziehen kann und wieso diese kleinen Dinge jetzt so ein Drama waren. Er weinte jedesmal und sagte, er sei so glücklich mit mir, aber irgendwann ist er ja wieder das Arschloch, das alles kaputt macht. Einmal wurde es mir zu viel und ich sagte, dass es nicht immer nur um ihn ginge, sondern, wenn er mich verletzt hat, auch mal ich der Mittelpunkt bin. Ich legte auf und er kam sofort wieder zurück.
· Immer wieder nach solchen Situationen flehte er mich an, ihn nicht aufzugeben (das hatte ich nie vor und das habe ich ihm auch gesagt!) und ihm bitte in den Arsch zu treten, wenn er sich mal wieder selbst im Weg steht. Ich habs gemacht. Wieder und wieder und wieder. Etwa ein Jahr später sagte ich ihm, dass ich langsam Muskelkater in den Beinen bekam vom „Arschtreten“.
- · Er wiederholte immer wieder fast mantraartig, dass er schon so viele Beziehungen kaputt gemacht hat und dass er unbedingt will, dass das mit uns hält und klappt. Gleichzeitig fiel es ihm schwer, noch an eine „für immer“ Beziehung zu glauben.
- · Beim Thema Kinderwunsch fiel es ihm schwer sich auf ein „wann“ festzulegen. Das war auch meine Nemesis. Ich war inzwischen 35 und so Sätze wie „aaach, noch bist du ja keine 40, mach nicht so einen Druck“ erweckten mein Misstrauen.
Der Kinderwunschkompromiss
Für ihn musste für Kinder alles „sicher“ sein. Wohnung, unbefristeter Job, am besten auch noch nicht unter xxxx Jahreseinkommen. Klingt rational, aber sein Sicherheitsbedürfnis überdeckte alles. Letztendlich hat man ja nun einmal auch Kinder, weil man Kinder haben möchte und nicht, um ihnen dreimal im Jahr Urlaub im Ausland zu ermöglichen o.ä. Er wollte seinen Kindern etwas bieten können und das verstand ich. Aber im Jahr 2018 kann man schlichtweg nicht mehr auf 10 Jahre hinaus planen. Er steckte zwar in einem befristeten Job, aber er war /ist ein intelligenter Mann mit guter Ausbildung. Die Depressionen flüsterten ihm aber zu, er würde für immer Hartz 4 Empfänger sein. (Was kompletter Bullshit war).
Immer wieder bekamen er und ich Zweifel, dass er Kinder will, immer wieder betonte er, dass er sehr wohl Kinder mit mir will. Sprach sogar von zweien, wo ich sagte: „Lass uns erst einmal eines hinkriegen und dann sehen wir weiter.“
Die ewigen Diskussionen zermürbten uns aber und so stellte ich irgendwann ein Ultimatum: Eine geeignete Wohnung ist Pflicht, aber weitere Parameter gibt es nicht. Wenn Wohnung, dann lassen wir das Schicksal spielen und schauen mal, was bei Sex ohne Verhütung passiert. Das hieß ja nicht, dass ich mit einem Fruchtbarkeitstest hinter ihm herlief.
Übrigens: Mit den Katzen, in Hamburg und mit meiner Behinderung, die eine barrierearme Wohnung erfordert war die Wohnungssuche ein Graus. Wäre ich schon Schwanger gewesen, wäre das ganze tatsächlich einfacher, denn dann hätten wir anrecht auf eine staatliche barrierefreie 3-Zimmer-Wohnung gehabt.
Weihnachten und erste Trennung meinerseits
Seine Rappel wurden nicht weniger, aber anstrengender und auch wenn ich fast gar nicht mehr depressiv war und an ihm echt gewachsen bin, mein Fell und meine Nerven wurden dünner. Aber ich jonglierte die Situation und investierte in diese Beziehung. Sah über vieles hinweg, sprach vieles an. Auch die zunehmend tote Hose im Bett, die parallel dazu kam, dass ich mal ein paar Wünsche äußerte. Keine außergewöhnlichen. Nur ein wenig Rhythmusvariation und ein bisschen sprechen beim Sex. Drauf eingegangen ist er null. Aber ich dachte, dass wir das schon irgendwie managen und uns eingrooven.
Was mich aber nervte war, dass er sich mit seinen Ausrastern und seinen Depressionen immer wieder in den Vordergrund rückte. Das ging so weit, dass ich an meinem 35 Geburtstag morgens meinen Mann trösten durfte, weil er heulend im Bett lag, weil ich enttäuscht war, dass er sich keine Unternehmung für meinen Geburtstag hatte einfallen lassen, obwohl wir eine Woche vorher nach einer Krise noch darüber gesprochen hatten, dass immer ich die Freizeitplanung übernehme und er doch bitte auch mal das Ruder in die Hand nehmen soll.
Ich schluckte meine Enttäuschung runter und tröstete ihn. An meinem Tag.
Dann kam 5 Monate später Weihnachten. Unser zweites gemeinsames Weihnachten. Und der für mich und meine Mutter wichtigste Tag im Jahr. Der Tag, auf den wir uns immer freuen und bei dem wir einfach nur nett beisammen sitzen und essen wollen. Das Jahr zuvor hatte B. die Stimmung bei uns richtig genossen und aus einem Grinch wurde ein Weihnachtsfan.
An diesem Heilig Abend lag er auf der Couch, stellte sich schlafend, weigerte sich, sich aufrecht an den Tisch zu setzen und tat wirklich alles, um uns den Abend zu verderben – hier erspare ich euch Details, wird ja so schon zu lang. Diesmal ging ich nicht auf ihn zu. Ich fragte nicht was los war, ich zeigte kein Verständnis. Ich war stinksauer, weil er sich nicht einfach mal zusammenriss!
Wir schliefen schweigend nebeneinander ein, auch am nächsten Morgen sagte er kein Wort, lag nur wieder heulend im Bett. Ich ignorierte es und ging zu meiner Oma ins Heim. Als ich zurückkam war er ausgezogen. Mir reichte es. Ich machte Schluss, denn mir wurde bewusst, dass meine Bedürfnisse in dieser Beziehung überhaupt nicht mehr zählen.
Gespräch und Comeback
Aber: ich hatte nicht aus mangelnder Liebe schluss gemacht sondern, so widersächlich das klingen mag, um unsere Beziehung zu retten. Die fühlte sich nämlich abseits der 3-Monatsrappel noch immer richtig an und ich sah das ganze als Krise, nicht als endgültig. Auch seine zwei Freunde, mit denen ich Kontakt hatte, hofften, dass wir das wieder hinbekommen. Sogar seine Ex (die, mit der er wegen des Kinderwunsches Schluss gemacht hatte), mit der ich sonst nicht sonderlich gut klar kam, meinte, sie habe das Gefühl gehabt B. hätte mit mir seinen Schlüssel zum Glück gefunden. Zitat: „Aber vielleicht kann er gar nicht glücklich sein.“
Sie sagte auch, dass sie nicht glaubt, dass er Kinder will.
Er und ich hatten von mir aus Whatsapp-Kontakt. Er sagte er vermisst mich, aber dass er nicht weiß, wie es weitergehen kann, weil wir ja nach einem Jahr Suche noch keine Wohnung gefunden hatten. Ich versicherte, dass die Wohnung schon kommt, aber das wir ja gerade ganz andere Baustellen haben und ich daher nicht einmal an zusammenziehen denke augenblicklich. Er hielt sich aber immer wieder an der Wohnung fest.
Fast Forward: nach 5 Wochen trafen wir uns, redeten, kamen wieder zusammen. Ich sagte, dass seine Ex meinte, er will keine Kinder. Er sagte wörtlich: „J. hat unrecht, ich will Kinder mit dir. Sie denkt es nur, weil sie es so erlebt hat.“
Die 3 Wochen dazwischen
Der Neuanlauf lief schwierig. Inzwischen hatte er unsere Beziehung zum Depressionsthema gemacht. Rückblickend denke ich, es hat ihn traumatisiert und bestätigt, dass ich mich doch getrennt hatte.
Das Schicksal (oder meine Göttin, an die ich glaube) hat aber einen komischen Humor. Der Hausmeister rief eine Woche nach dem Comeback an und hatte eine potenzielle Wohnung für uns. Ich war absolut verunsichert und unbegeistert, habe B. aber dennoch davon erzählt, aber dazu auch gesagt, dass ich auch damit einverstanden bin, wenn wir das Thema Zusammenzug aufschieben und uns erst einmal wieder ausballancieren.
Die Wohnung war okay. Nicht mehr und nicht weniger. Ich zweifelte, ob sie mit Kind und Arbeitszimmer (ich arbeite im Homeoffice) nicht zu klein war. Und wenn im 7 Stock mal der Fahrstuhl ausfällt – oh weia. Er redete mir gut zu. „Schatz, das passt die ersten Jahre mit Kind. Das Beistellbett passt ins Schlafzimmer. Und wenn das Kind dann da ist und etwas älter, haben wir doch die Chance auf eine staatliche Wohnung. Lass uns das machen, Schatz, das wird.“
Also setzen wir uns als Interessent auf die Liste.
Trotzdem blieb die Stimmung angespannt, weil er immer wieder von Hartz 4 redete und mit Kind warten usw. usw. Ich konnte nicht mehr. Ich brach zusammen, war zwei Tage hoch depressiv, weil ich das Gefühl hatte, er würde immer wieder ein gemeinsames Kind aufschieben, wenn er sich jetzt nicht an die Abmachung halten wollte. Er hielt mich weinendes Häufchen Elend im Arm und versicherte: „Ich hab doch nie gesagt, dass ich keine Kinder mit dir will!“
Die zweite Trennung seinerseits
Ich hatte die Nase voll und sagte, wenn er unbedingt in worst case Szenarien denken will (denn ich glaubte nicht daran, dass er jemals länger als ein Jahr arbeitslos sein wird), soll er sich fragen: Ein Leben mit mir und Laoghaire (der geplante Name für unsere Tochter, kam von ihm ) und Hartz 4, oder Hatz4 ohne mich und Laoghaire.“
Es dauerte ein paar Tage, dann kam ein bis über beide Ohren strahlender Mann zu mir zurück, der sich für uns entschieden hatte. Er lag in meinen Armen bei einem Spaziergang im Wald, seufzte, die ganze Anspannung fiel von ihm ab und er sagte nur noch: „Ich bin so glücklich!“ Auch ein „Ich lieb dich, Schatz!“ fiel seinerseits in dieser Woche wieder häufiger.
Dann meldete sich die Wohnungsgesellschaft. Wir kamen in die engere Auswahl für die Wohnung, sollten nur noch die Unterlagen schicken. Er war an dem Abend gerade bei sich und schickte sie mir per Mail. Am Telefon war er in den letzten Sekunden komisch, aber die Mail endete wieder mit einem Kuss und seinen Unterlagen.
Am nächsten Morgen, ich saß gerade bei meinem Morgengetränk, hatte ich eine Whatsapp: „Swjos, es tut mir unglaublich leid, aber ich kann nicht mit dir zusammenziehen. Immer wieder hab ich mir gesagt und auch geglaubt, dass es schön werden wird und richtig ist, aber ein nicht zu verachtender Teil in mir sagt mir immer mehr, dass ich das nicht kann und auch nicht will. Ich muss die Notbremse ziehen.“
Er hatte mit mir Schluss gemacht. Per Whatsapp. Ein inzwischen 44 jähriger Mann. Nach eineinhalb Jahren intensiver Beziehung.
Das ewige hin und her nach der Trennung
Mir zog es den Boden unter den Füßen weg. Ich war so kurz davor meinen Lebenstraum (Mann und Kind) zu verwirklichen und dann war nach einer Whatsapp am Morgen alles vorbei. Ich bin ein Mensch. Ich reagierte sauer. Beschimpfte ihn schriftlich, unter anderem als Schmarotzer und erinnerte ihn daran, dass wir hier bereits ein Jahr lang zusammen gewohnt hatten – nur mit dem Unterschied, dass er weder Miete zahlte noch was zum Haushaltsgeld beitrug.
Nach ein paar Tagen Schock verarbeiten und einem Gespräch mit meiner Therapeutin fühlte sich das alles nach Kurzschlusshandlung seinerseits an. Ich entschuldigte mich für meinen Ausraster, ging auf ihn zu. Es passierte nichts. Irgendwann sagte ich, dass ich die Trennung zwar nicht verstehe, sie aber akzeptiere und verabschiedete mich (alles per Whatsapp, anders ließ er nicht an sich rankommen). Er hielt mich zurück. Dass er seinen Ausraster auch nicht verstehe und er immer das pure Glück mit mir empfunden hat und dann aber Panik und Versagensangst hochkam. Panik, die Beziehung in zwei-drei Jahren in den Sand zu setzen und einen noch viel größeren Scherbenhaufen zu hinterlassen. Angst, an der Verantwortung für ein Kind zu scheitern.
Ich redete ihm gut zu, sagte, dass Panik und Versagensangst Depressionssymptome sind.
Dann dauerte das ganze wieder lange, ich sagte wieder ich schließe jetzt ab, er hielt mich wieder zurück. Wir trafen uns. Er hielt meine Hand und guckte merklich verliebt (das bilde ich mir nicht ein), aber bei Kussversuche ect. wurde er steif.
Die Beziehung steckte aber wieder in der Schwebe.
Mein Cut und Stand jetzt
2 Monate nach der Trennung wurde es mir zu viel und ich ging entgültig, nachdem von ihm nichts kam, außer, dass er sich seiner Gefühle nicht mehr sicher sei und sein Kinderwunsch kleiner geworden war – nachdem er mir 3 Tage vor der Trennung noch gesagt hatte, er will Kinder mit mir. Das war Ende April. Was dann folgte schreibe ich mal in Stichworten:
- · Nach ein paar Wochen fühlte ich mich unwohl damit, dass ich die Entscheidung getroffen hatte. Ich schrieb ihm eine selbstgebastelte Karte (ist mein Hobby) und sagte, dass wir alles schaffen, wenn er will und dass er nur anrufen braucht. Wenn er nicht will, soll er sich einfach nicht melden, dann weiß ich Bescheid. War dumm durchdacht von mir, denn so wurde ja meine Hoffnung genährt, also bat ich dann nochmal um eine Entscheidung per Mail. Er schrieb, dass ihm die Tränen runterlaufen, aber es ein „Nein“ ist.
- · Ich versuchte das eine Weile selbst zu verarbeiten, schrieb ihm aber Mails, was ich gerne anders gemacht hätte und so. Rückblickend hätte ich das gerne gelassen aber trotz meines fortgeschrittenen Alters ist das erst meine zweite Beziehung gewesen und die erste schmerzhafte Trennung.
Die offenen Fragen brachten mich um den Verstand. Wieso hatte er noch zwei Wochen vor der Trennung gesagt, er will unbedingt, dass das mit uns funktioniert. Er will Kinder mit mir, er hat das pure Glück in der Beziehung empfunden etc. Was hatte den Schalter umgelegt? Was seine Meinung geändert. Ich sagte ihm, dass die Unlogik meine Hoffnung nährt und ich ohne Antworten weder meine Depressionen (die dann wieder aufflammten) zum Schweigen bringen kann und er das ja von sich kennt, noch mich auf einen anderen Partner einlassen. Er ließ mich am langen Arm verhungern. Erst nach dreimaliger Nachfrage ein Lebenszeichen: Er wolle und könne die Fragen nicht beantworten. Wenn das bisher gesagte nicht ausreicht, könne er mir nicht helfen.
(Lustig. Bisher hatte er ja vor allem betont, wie glücklich er war. Nur ein einziges mal kam dann, er sei sich nicht mehr sicher. Dass ich das nicht gegen 10 Versicherungen vorher, wie sehr er sich nach unserer Beziehung sehnt, aufwiegen kann ohne Erklärung, finde ich verständlich.)
Ich warf ihm vor, dass er gar nicht hinter seiner Entscheidung steht, sonst würde es ihm nicht schwer fallen diese zu begründen. Und dass er offensichtlich nicht will, dass ich abschließe.
Er bestätigte nicht, widersprach aber auch nicht. Er schwieg.
Was tue ich
Seit 3 Wochen oder so halte ich jetzt die KS ohne Pingnachrichten durch. Ein Teil von mir ist sich sicher, dass er nur wegen Bindungsangst schluss gemacht hat. Der Teil glaubt an uns und will ihn zurück. Der andere weiß, dass es so nicht weitergehen kann. Dass ich das Recht auf eine etwas unkompliziertere Beziehung habe. Aber die Demütigung, dass er – nachdem ich mir für ihn den Arsch aufgerissen habe, ihn zu Therapie und Antidepressiva überredet habe, ihn jeden Sonntag aus seinem Loch geholt habe – mir nicht einmal für ein offenes Gespräch zur Verfügung steht, sitzt tief. Die Liebe zu ihm dummerweise auch.
Will ich so weitermachen wie vor der Trennung? Nein. Ich will nicht mehr nur Geben. Will, dass unsere Bedürfnisse 50:50 zählen. Will ich ihn zurück? Ja. Denn nach wie vor fühlt sich die Beziehung richtig an. Aber eben nicht um jeden Preis. Und eigentlich liegt das ganze ja auch nicht in meiner Macht.
Ich versuche derzeit, einen neuen Partner zu finden. Ich glaube auch, mich verlieben zu können und ihn dadurch zu vergessen. Aber jede Nulpe auf der Partnerbörse treibt mich mehr zu ihm. Es ist ein ewiges, nerviges Karussell.
Und die Frage bleibt: Kann man mit jemandem mit Bindungsangst eigentlich eine Zukunft haben?
Zusammenfassung für Ungeduldige
Körperbehinderte, jetzt 36 jährige Frau war zusammen mit bindungsängstlichen, jetzt 45 Jahre alten Mann. Sie starken Kinderwunsch, er ewiges hin und her. Alle 3 Monate rappel seinerseits mit Auszug aus ihrer Wohnung. Trennung fühlt sich auch nach 4 Monaten noch unnatürlich an, lauter offene Fragen.
KS halte ich jetzt erst seit 3 Wochen durch, vorher viele Fehler gemacht und hinterher gelaufen.
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