Guten Morgen Bourque,
ich möchte dir nach langer Zeit auch mal wieder meine Gedanken da lassen, da ich mich einst in einer ähnlichen Problematik wie du befand.
So wie du es schilderst würde ich jetzt sagen, dass die Libido deiner Frau nicht tot ist, aber tot ist sie im Bezug auf dich. Deine sexuelle Anziehungskraft auf dich ist nicht mehr da. Warum dem so ist, mag verschiedene Ursachen haben, mühselig darüber zu spekulieren. Meiner Ex zufolge waren es Enttäuschungen und Fehler in der Beziehung, die auf mein Konto gehen, die schließlich zu einer sexuellen Unlust führten. Meiner Meinung nach sind in einer Langzeitbeziehung ja beide Seiten immer mal wieder für Enttäuschungen verantwortlich. Allerdings gehen im Weiteren beide Seiten damit unterschiedlich um. Verallgemeinernd würde ich einmal unterstellen, dass nach einer Aussprache und Aufarbeitung Männer eher nach vorne schauen, während Frauen die Tendenz besitzen, sich diese Momente zu merken und immer wieder im Denken und Fühlen zu ihnen zurückzukehren. Sie lassen nicht los. Und so wird der Mann zu einem Büßer mit Schuldenkonto. Und je größer dies wird, desto mehr nimmt die sexuelle Anziehungskraft des Mannes ab.
Kannst du diesen Prozess umändern? Nach 15 Jahren Ehe, in denen ich alles mögliche ausprobiert habe, halte ich es wie Wolfgang, wenn die Libido deiner Frau für dich gestorben ist und sie dich in deinem menschlich natürlichen Bedürfnis nach Sex nicht mehr sieht, dann ist im Vorfeld vieles schiefgegangen und es ist Zeit weiter zu ziehen, und dies zum Wohle beider Seiten.
Du befindest dich gerade in derselben Situation wie ich damals. Du kämpfst, du versuchst das Problem irgendwie durch Strategieren zu lösen. Es ist halt die typisch männliche mechanistische Sichtweise, dass es für jedes Problem eine Lösung gibt. Aber Frauen sind keine Maschinen, Frauen sind komplex.
Versuche deine Frau vorsichtig eifersüchtig zu machen, werden hier eventuell nicht zielführend sein. Ich muss einer meiner Vorrednerinnen widersprechen, manche Frauen mögen die Anbaggerversuche anderer Frauen bemerken, aber viele werden sie eben auch ignorieren und manche werden blind dafür sein. In den letzten beiden Fällen fühlen sie sich einfach zu sicher. Ich bin nach drei sexuell tristen Jahren in eine Kurzzeitaffäre geschildert. Und ich sage dir, du kannst die emotionalen Kräfte, die da am Werk sind nicht kontrollieren, wenn es dein "erstes Mal" ist. Ich fühlte mich endlich wieder gesehen, begehrt und angenommen. Ich war fast bereit die Ehe für die AF aufzugeben, und tat in meinem Zwiespalt das Falsche, ich legte die Affäre offen. Jetzt, erst jetzt, erkannte meine Ex ihre Blindheit und den Ernst der Lage und ihre erste Handlung war, mich zu packen und durch zu vögeln. Quasi mich zurückzuerobern. Ich blieb bei Ex und hoch und heilig versprach sie, mich mehr in der Sexualität wahrzunehmen und wieder mehr für sich körperlich zu tun. Happy End?
Natürlich nicht, schnell war man wieder im alten Fahrwasser. Aber der Vertrauensbruch durch mein Fremdgehen belastete mein Sündenkonto bei ihr dermaßen, dass ich als sexueller Mann für immer und ewig unten durch war. Klar hatten wir noch Sex, einmal die Woche oder alle zwei Wochen einmal, aber immer nur, wenn sie wollte und es von ihr ausging, aber nicht wenn ich wollte und die Initiative ergriff, da wurde ich immer und immer wieder mit Abweisung konfrontiert. Während ich stets in Bereitschaftsdienst war. Und sie litt die nächsten 12 Jahre immer noch unter Alpträumen wegen der Affäre. Das Leid, dass ich mit einer Affäre verursacht habe, hat mich eines gelehrt, nie wieder eine Affäre einzugehen. Dann lieber verantwortungsbewusst sein und die Beziehung beenden. Ein wenig eifersüchtig machen, ja, aber nie wirklich in Kontakt mit einer anderen Frau treten.
Was würde ich heute anders machen? Ich würde in deiner Situation genau ein einziges Gespräch mit der Partnerin führen, in dem ich bei Einhaltung striker Ich-Kommunikation und jeglichen Verzicht von Du-Vorwürfen erkläre, dass es mir mit dieser Situation nicht gut geht und dass ich diese Art von sexlosem Leben nicht auf lange Sicht führen möchte. Damit ist alles gesagt und unausgesprochen auch Trennung oder die Möglichkeit meine Bedürfnisse woanders zu stillen in den Raum gestellt. Zuviele Gespräche machen dich bloß bedürftig und treiben die eigene Betaisierung voran, und außerdem, Lust kann man nicht herbei reden. Anschließend würde ich mich mehr abgrenzen, Distanz schaffen, mehr auf mich schauen und mich um mein Wohlbefinden kümmern, statt dasjenige meiner Partnerin über mein eigenes zu stellen. Vorausgesetzt, es gibt keine triftigen Gründe z. B. Depressionen etc., die den Libidoverlust erklären. Aber ein rein sanftes Wachrütteln, wie du es gerne angehen möchtest, wird deine Frau sehr wahrscheinlich eben nicht aus dem Dornröschenschlaf der Sicherheit wecken. Es braucht im Leben - leider - oft Grenzerfahrungen, damit man etwas verändert, denn wir alle tendieren dazu, unser Leben wie ein bequemes Wohnzimmer einzurichten, sodass man eben nichts mehr ändern muss, sprich, sich nicht mehr anstrengen muss. Daher muss klar gesagt sein, etwas Druck ist schon nötig. Natürlich ist Druck im großen Maße kontraproduktiv, aber gar kein Druck heißt auch, alles so weiterlaufen zu lassen. Wir alle wissen es doch aus unserem eigenem Leben, dass Druck uns auch zwingt, uns zu bewegen. Die Partnerin steht ja auch in der Verantwortung auf das Wohlbefinden des Partners zu schauen, es kann nicht alles allein an Bourque hängen bleiben.
Ich habe dir einmal geraten, Eifersucht durch Geschichten zu schüren. Kann man probieren, aber bei meiner Ex hätte dies nie und nimmer funktioniert. Weshalb? Abgesehen vom Sex war es eine super Beziehung. Und meine Ex liebte mich auch, nur nicht in sexueller Hinsicht. Erschwerend kam hinzu, dass wir unterschiedliche Liebessprachen sprechen (1. Lob/Anerkennung, 2. Zweisamkeit, 3. Geschenke, 4. Hilfsbereitschaft, 5. Zärtlichkeit/Sex).
Meine Ex sprach Sprache 4, ich Sprache 5. Wir könnten uns folglich gar nicht miteinander verständigen. Meine Partnerin glaubte, dass ein schönes Heim herzurichten und toll zu kochen von mir als Ausdruck ihrer Liebe verstanden werden. Aber so toll diese Dinge sind, es ist nicht meine Sprache. Flach ausgedrückt, bestell lieber was vom Lieferservice und lass uns in der zwischenzeit dreckigen Sex haben, denn das lässt mich körperlich spüren, geliebt zu werden.
Mit meiner Affäre brach ihre Welt zusammen. Sie konnte gar nicht verstehen, dass ich diesen Vertrauensbruch begehen konnte, nach allem, was sie doch für uns tat. Ich will damit sagen, dass deine Frau deine Bedürfnisslage nicht wahrnimmt ist keine Böswilligkeit, sondern vielleicht auch dem geschuldet, dass sie nicht verstehen kann, dass sie eine solch hohe Priorität einnimmt.
Nehmen wir den Faden wieder auf. Du hast geschrieben, dass es ja möglich ist, dass auch jemand deine Partnerin attraktiv finden könnte und ihre Libido dann wieder auflebt. Dies kann nicht nur so sein, dem wird so sein. Das für mich frustrierenste war, dass wir nach 7 Jahren Ehe uns getrennt haben, und als wir dann nach 1 1/2 Jahren wieder zusammen kamen, sie so schlank war wie sie es nicht einmal zu unserer Anfangszeit gewesen war. Ein anderer Mann war hierfür der Auslöser gewesen. Hieran siehst du auch die transformative Kraft einer sexuellen Ausstrahlungskraft.
Und erst jetzt, so beichtete mir meine Ex, konnte sie meine Leidenssituation in der Ehe verstehen, denn ihr letzter Partner in der Trennung war recht schnell abgelascht und hatte sie wiederholt sexuell zurückgewiesen. Soll heißen, erst durch die Eigenerfahrung von Zurückgewiesenheit, konnte sie sich empathisch für mich öffnen. Happy End?
Natürlich nicht, denn sobald sie sich bei mir wieder sicher fühlte, schwand diese Empathie.
Aber warum kam sie zu mir zurück. Nun Bourque, weil ich als Mann so blöd war, bedingungslos zu lieben (nahezu), anstatt bei erneuten Abflachen der Sexualität aktiv der Beziehung ein Ende zu machen. Das hätte vielleicht etwas bewirkt. Aber so verbrachte man wieder Jahre und Jahre in einem nicht endenwollenden Kampf um mehr Sex. Jetzt, nach den 15 Jahren gestand auch meine Ex mir gegenüber ein, was sie bewog bei mir zu bleiben und zu mir zurück zu kommen, weil ich der sichere Hafen war, wo Frau bedingungslos geliebt wurde und nie Zurückweisung fürchten musste.
So ein Kampf geht aber auch an die eigene Substanz. Ich hatte in dieser zweiten Hälfte meine Empathie verloren. Ich war selbstsüchtig und wollte Sex Sex Sex. Und das führte uns als Paar auch auf Wege, die ich vorher nicht begangen hätte. Wir öffneten die Sexualität für Dritte, Männlein und Weiblein, und so wie in Wolfgangs Ratgeber beschrieben, führte erst dies zu einem Aufleben der Sexualität. Wir hatten mit anderen gemeinsam und miteinander mit einem Male viel Sex. Und von meiner Warte war das Arrangement völlig okay, da ich auch Erfahrungen in der Trennungszeit gemacht hatte, und sexuell offener und aufgrund der Länge der Beziehung mich sicher fühlte und daher eifersuchtsfrei war. Und natürlich war es prickelnd, Fantasien wie Dreier mit einer weiteren Frau auszuleben. Jetzt war das Sexleben sogar spannender und wilder als in der Anfangszeit. Aber, wie eine meiner Vorrednerinnen es mit Bezug auf Affären schrieb, über die offene Sexualität holte sich Ex quasi Bestätigung und Emotionen und wurde süchtig danach, während ich inzwischen sauber zwischen Sex und Liebe trennen konnte. Ganz böse gesagt, die zweite Frau war für mich immer Erfüllungsgehilfin unserer Lust oder eine Lustdienerin, die uns zur Verfügung stand, aber niemals potenzielle Ersatzpartnerin. Nichts in mir drang auf ein alleiniges Treffen mit den Frauen, die mit uns unter die Bettdecke kamen, sondern ich genoß es, diese sexuellen Abenteuer mit Ex zu erleben. Und eigentlich, und das wurmt mich, ist der für unsere Verhältnisse, viele Sex, den wir dann zu zweit hatten, ich spreche von ein, und manchmal zweimal die Woche, eigentlich nichts anderes gewesen als die Projektion der Lust auf andere auf mich.
Ex strebte bald schon auf alleinigen Treffen und wollte eine Öffnung der Beziehung, und das war dann das Ende der Beziehung, da sie sich recht schnell verliebte und dann auch binnen vier Monaten die Trennung auf den Tisch legte.
Später meinte Ex, dass das gar kein rationaler Prozess war, eher alles emotional, ein Gefühl, da ist noch jemand besseres für sie da draußen gibt. Dieses Gefühl konnte sie aber erst rationalisieren, als sie den neuen Mann hatte. Gespräche und auch die kurze Paartherapie waren daher überhaupt nicht zielführend, da sie selber sich nicht darüber klar war, was eigentlich los ist.
Weißt du Bourque, man liest es ja hier immer wieder im Forum, im Schnitt hadern und zaudern die Frauen nicht lange. Haben sie sich Fremdverliebt, dann wird das oftmals rasant durchgezogen ohne Rücksicht auf Verluste, während wir Männer über Jahre in unserer Leidenssituation verharren und gleich Tüftlern uns abrackern eine "Lösung" für das Problem zu finden. Wohlgemerkt, oft ohne Unterstützung und Mitwirkung der Partnerin.
Heute würde ich nicht mehr als ein Beziehungsjahr mitmachen, wo es in der Sexualität rumpelt, weil dies mich als Mensch verstümmelt. Sex ist nicht bloß rein-raus. Sex ist Geborgenheit, der Ort, wo man alle sozialen Masken fallen lässt, ganz bei sich ist und sich auch entdeckt und weiterentwickelt. Und wenn man dann in einer neuen Beziehung ist, und wieder in den Genuß der Sexualität kommt, denkt man, wie dumm man doch war und wieviel Jahre man doch verschwendet hat, weil man aufgrund einer guten Kameradschaft und Liebesgefühlen sich einander nicht eingestehen konnte, dass auf dem Weg die Sexualität gestorben ist und alle mechanischen Beschwörungen allenfalls eine Zombie-Sexualität heraufbeschworen haben.
Daher Bourque würde ich dieses eine Gespräch führen, und dann solltest du ganz auf dich schauen. Sport betreiben, ausgehen (ich weiß, derzeit schwierig) , aber nicht mit dem Ziel die Partnerin eifersüchtig zu machen, sondern für dich, um dir Gutes zu tun. Unabhängigkeit macht sexy. Setz dir innerlich eine Frist, bis der du eine Veränderung bei ihr spüren willst, und kommt diese nicht, und magst zugleich auch noch nicht die Beziehung beenden, dann gönne dir Sex.
Nicht durch eine Affärenfrau, auch nicht durch einen Bordellbesuch, sondern durch eine Sexdienstleisterin. Du hattest ja in deinem Eingangspost moralische bedenken geäußert. Die können ja vielerlei Art sein z. B. es als unwürdig empfinden Geld für etwas Selbstverständliches zu zahlen (das wäre mein Problem dabei) oder Angst jemanden auszubeuten usw. Ich hatte in meinem Bekanntenkreis vor einigen Jahren eine Freundin, die als Deutsche, also keine ausgebeutet Rumänin o. ä., selbstständig, also ohne einen Mann im Hintergrund, und selbstbestimmt als Sexdienstleisterin arbeitet. Und wie sie das erzählte, gestaltet sie die Treffen so, dass es so sei, als würde man eine alte Freundin wieder treffen, die man seit Jahren nicht gesehen hätte, aber mit der man mal was hatte. Sie ist also sexuell mit einer eigenen Lust mit dabei, da sie selber eine hohe Libido hat, und durch den Job einfach das Angenehme mit dem Nützlichen verbindet. Sie ist da nicht die Einzige und ich denke, eine solche Sexdienstleisterin könnte dir deine moralischen Bedenken nehmen. Denn ich finde es grausam (wobei deine Partnerin dies nicht absichtlich tut), dass du seit 6 Monaten, also 24 Wochen keine körperliche Liebe mehr erfahren hast. Ich habe mal einen Bericht über einen Affärenmann gelesen, der seit Jahren keinen Sex mehr hatte und meinte, dass schlimmste sei, nicht mehr gestreichelt zu werden. Gestreichelt, berührt und angenommen zu werden, nicht der Sex, sei der Hauptgrund für ihn gewesen, in eine Affäre zu gehen.
Und ich bin auch immer wieder über die Naivität und Selbstverständlichkeit von Frauen überrascht als auch verärgert, die meinen, dass ein Mann sich mit dieser Situation arrangiert und das Leben im Zölibat mitmacht. Tu dir was gutes, so wie man sich auch etwas Gutes tut, wenn man bei Rückenschmerzen zu einer Thai-Massage geht, um dann wieder geheilt und befreit aus dem Massagesalon in die Welt hinaus zu treten. Dieser Weg würde dir auch alle Gefahren einer Affäre ersparen.
Und ich glaube nicht, dass du dein ganzes Geld dann auf diesem Weg ausgeben wirst, sondern dass die Erfahrung Anstoß wird, etwas zu verändern.
Und damit kein Missverständnis aufkommt, was eventuell der Schilderung geschuldet ist, Ex und ich sind heute beide der Meinung, dass die endgültige Trennung das beste war. Jeder ist jetzt in einer Partnerschaft, wo es einfach besser passt. Und niemand ist auf den anderen böse, sie lässt zwar noch immer eine Selbstgerechtigkeit raushängen, aber ich freue mich, dass sie jetzt ihr Glück samt Nachwuchs gefunden hat und freue mich über mein eigenes Glück. In unserem Fall war die Trennung für uns beide eine Befreiung. Das muss aber bei dir natürlich nicht so sein. Ich will dir auch keine Handlungsempfehlung geben, sondern hoffe, dass meine Gedanken und Erfahrungen dir irgendwie bei deiner Situation helfen.
Ist also das Gras woanders grüner... Ersteinmal wird das eigene Gras grüner, da man hoffentlich aus den eigenen Fehlern gelernt hat, desweiteren kann das Gras woanders durchaus grüner sein, wenn man besser screent und von Anfang an offen kommuniziert, was man in einer Partnerschaft sucht. Und dann findet man jemanden, wo es menschlich wie auch sexuell dann einfach schon von Anfang an passt. Ob dies auch langfristig so ist, bleibt abzuwarten, aber in dem Alter, indem wir uns befinden Bourque, rechne ich dem größere Chancen ein.