Hallo zusammen,
leider findet mein Strang aktuell nicht sooo viel Beachtung, aber ich werde ihn trotzdem pflegen - das Schreiben hilft ganz gut.
Gestern ist meine Freundin ausgezogen. Wir haben uns noch kurz unterhalten, dann habe ich ca. 2 Stunden im Home Office gearbeitet und anschließend das Haus verlassen.
Ich glaube, ein paar Sachen sind gut gelaufen, ein paar andere aber katrastophal.
Meine Ex fragte mich, wie es mir so geht. Ich sagte daraufhin, dass es mir eigentlich ganz gut geht und ich auch schon wieder Verabredungen habe (was auch stimmt). Da wurde sie neugierig und wollte ganz genau wissen, wer es war und wo wir uns getroffen haben. Das verorte ich als positiv.
DUMM (!) hingegen war von mir, dass ich sagte, das Date wäre eh blöd gelaufen, weil ich sie so sehr vermisst hätte. Das war richtig dumm.
Dann hatten wir unser vorläufiges Abschlussgespräch. Wir haben uns nochmal über alles unterhalten. Sie hat wieder beteuert, dass für sie alles schön war an unserer Beziehung und sie mich sogar jetzt noch liebt und sich sehr zu mir hingezogen fühlt. Aber es sei so, als habe sie der Blitz getroffen und der andere Kerl geht ihr einfach nicht mehr aus dem Kopf (nebenbei habe ich erfahren, dass er ihr sogar schon beim Einrichten der neuen Wohnung hilft etc.). Ich blieb sehr emotionslos und habe sie trocken gefragt, wie sie so etwas sagen kann. Dann habe ich all die schönen Ereignisse der letzten Jahre aufgezählt (Urlaube, Familientreffen, romantische Dates) und sagte zu ihr, dass diese wohl alle wertlos waren, wenn sie so schnell aus dem Nichts eine Beziehung beendet - ohne dafür überhaupt kämpfen zu wollen. Daraufhin wurden ihre Augen rot und die Tränen sind sehr stark geflossen (sie hat aber nicht geweint, geschluchzt - das war irgendwie creepy). Die Sache verorte ich mal als Pluspunkt, weil ich damit vielleicht gezeigt habe, dass ich mich von der ganzen Sache distanziere.
Daraufhin folgten die zwei Stunden Arbeit im Home Office. Sie packte in Ruhe ihre Kisten, ich hatte andere Sachen zu tun (achso - falls die Frage aufkommen sollte: Selbstverständlich habe ich ihr NICHT beim Auszug geholfen). Bevor ich gefahren bin, haben wir uns nochmal umarmt. Und da ist es aus mir rausgesprudelt. Wie aus einem Vulkan der Dämlichkeit, der alles mit neurotischer Lava bespruckt.
Ich ließ emotional los und sagte "kluge" Sachen wie: Du bist die Liebe meines Lebens. Ich dachte, wir wären unsere Zukunft. Dir verdanke ich die schönste Zeit meines Lebens - aber auch die Schlimmste. Und: Ich hoffe, wir finden wieder zu einander.
Ja. Das war schlecht. Damit habe ich mich sehr klein gemacht. Ich bin froh, dass die KS jetzt eintritt und ich auch erstmal mit Kumpels in den Urlaub düse. Das wird mich auf andere Gedanken bringen. Wobei ich mittlerweile auch immer klarer werde.
Viele Leute "von Außen" wie mein Vater, mein bester Freund und eine gute Freundin fragten mich, warum ich sie überhaupt zurück will. Unsere Beziehung sei immer schon dadurch geprägt gewesen, dass alles nach ihrem Kopf stattfinden musste und sie egoistisch und kompromisslos ihr Ding durchgezogen habe - was in der Trennung gipfelte. Wie gesagt, sie wollte nicht mal im Ansatz dafür kämpfen (keine KS zu dem anderen Kerl, um ihre Gefühle zu erforschen, kein Paartherapeut). Highlights waren (in Priorisierung):
- Zwei von drei Urlaube gingen dahin, wo sie hin wollte
- Die Wohnung musste so eingerichtet werden, wie sie es wollte. Konnte ich mich mal durchsetzen, wurde so lange rumgenölt, bis ich nachgab
- Events/Anlässe (Familientreffen, Silvester, Partyabende etc.) waren wenn ich darauf wert gelegt habe, vernachlässigbar. Beispielsweise ist Silvester für mich ein wichtiger Tag, den ich immer gerne mit ihr verbringen wollte. Da sagte sie immer, dass sie darauf keine Lust habe und ich ja alleine hingehen kann und ihr das ohnehin nicht wichtig wäre. Auf mein Argument, dass mir das wichtig sei, sagte sie, ich solle sie akzeptieren, wie sie ist. Wenn es aber etwas gab, dass ihr wichtig war, wurde WOCHEN im Voraus deklariert, wie unglaublich wichtig dieses Event ist und das ich mir freizunehmen habe.
- Krankheiten: Meine Gebrechen waren grundsätzlich zu vernachlässigen. Ich bekam im letzten Jahr die Weisheitszähne entfernt und es wurde auch der Kiefer abgeschliffen. Eine Woche lag ich ziemlich platt auf der Couch. Meine Ex hatte sich aber für jeden Tag mit Freundinnnen verabredet und blieb erst auf mein Bitten hin zu Hause. Ich musste mir aber freinehmen, wenn ihr Leberflecken entfernt wurden (!). Einmal hatte ich mir fast die Hand gebrochen. Das ignorierte sie einfach. Als sie mal im Hof hingefallen war und sich ein paar Aufschlürfungen zugefügt hatte, weinte und schrie sie, als sie nicht genug Aufmerksamkeit bekam.
- Wenn etwas in der Wohnung nicht funktionierte, musste ich mich immer darum kümmern (OK, es ist auch meine Wohnung, aber wenn man zusammen darin wohnt, ist man auch zusammen für die Instandhaltung verantwortlich). Es war schon ein Kampf, sie dahin zu bringen, dass sie das schmutzige Geschirr IN die Spülmaschine stellt und nicht AUF dieselbe. Sie sagte dann immer, dass sie sich von mir nicht verbiegen lasse. Das ist aber auch schon zwei Jahre her.
- Und der dickste Brocken: Für mich waren Heirat und Kinder immer ein Thema. Zu Beginn unserer Beziehung hieß es von ihrer Seite - Kinder: Vielleicht; Heiraten: Ja. Dann wurde es zu - Kinder: Eher nein; Heirat: Vielleicht. Und zum Schluss zu - Kinder: Nö; Heirat: Nö. Und ich nahm ihre Position auch noch an. Dies war auch der Grund, warum mein bester Freund langsam anfing, gegen meine Ex zu argumentieren - als wir noch zusammen waren.
Und von diesen Geschichten gibt es noch einige. Je länger die Trennung dauert, desto klarer wird mir, dass die Ex wirklich ein kompromissloser Egomane gewesen ist. Meine Therapeutin meinte, dass dies bei Menschen mit Depressionen und gestörter Selbstschätzung "normal" ist, aber irgendwie stellt das meine Beziehung zu ihr doch in Frage. Rückblickend kommt es mir auch so vor, als ob ich im letzten Jahr ihr gegenüber eher eine "Fürsorgepfllicht" gespürt habe als eine "romantische Hingabe". Kann das sein? Ergibt das Sinn? Gerade bin ich total verwirrt.