Guten Morgen - und Glückwunsch erstmal zum arbeitsmäßig erfolgreich verlaufenen Tag.
Das würde man jedem Freund, jedem Kollegen wünschen… wie kann man menschlich so ein Arsch sein?!
Ja, hätte er machen können, wäre eine nette Geste gewesen. So 'normal'. Bei euch liegt aber einiges an Steinen auf dem Weg hin zu 'normales', lockeres, verträgliches, entspanntes Miteinander:
1. Eure Verbindung, euer Status quo ist nicht definiert und wird von euch unterschiedlich bewertet oder gewünscht. Eine Menge der Gründe für wahrscheinlich wechselseitig nicht mehr nachvollziehbaren Handlungen oder Unterlassungen des jeweils anderen AP werden hierin zu finden sein. Ihr 'versteht' euch diesbezüglich nicht mehr, habt unterschiedliche Zielrichtungen und voneinander abweichende Methoden der Bewältigung (fällt unter 3., siehe unten).
2. Deine Erwartungshaltung, die sich offenbar die Woche über aufgebaut und auf diesen einen Tag als 'das
muss er doch…' fixiert hat, wurde enttäuscht. Sie war zu der Zeit groß und puckernd wie ein Geschwür, nun hat es sich entladen, zurück bleibt eine Wunde. Offenbar 'musste' er nicht; niemand 'muss' die eigenen Erwartungen erfüllen. Aber deine Enttäuschung und das mit dem ignorieren deines wichtigen Termins verbundene Gefühl von Abwertung, nicht wichtig sein, nicht gesehen werden, ist trotzdem sehr verständlich. Reagiert der Andere nicht so, wie erhofft, ersehnt oder erwartet, bleibt eine Leere, die erstmal ziemlich wehtut.
3. Er und sein von dir abweichender Umgang mit eurer Affäre. Ihr geht schlicht komplett anders mit euren Steinen um. Während er immer wieder darüber zu stolpern scheint, wärst du bereit, um sie herum zu hüpfen und sie weitestgehend zu ignorieren.
Du darfst sein Verhalten doof finden, enttäuscht sein, mit den Füßen aufstampfen und schreien 'will ich anders!'.
Er darf sich zurückziehen, in Kauf nehmen, dich zu verärgern, zu enttäuschen (dass er dich bewusst ärgern oder provozieren wollte, glaube ich übrigens eher nicht; er wird wahrscheinlich mit sich selbst und seinen widersprüchlichen Gefühlen beschäftigt (gewesen) sein).
Unter dem Strich zeigt das aber eins: ihr steht an unterschiedlichen Enden des Wegs derzeit, jeder von euch ist beschäftigt mit sich, seinen Emotionen, seinen Erwartungen.
Die Enden scheinen dabei so weit voneinander entfernt, dass ihr euch kaum sehen könnt gerade: du ihn nicht, er dich nicht. Und ob ihr es schafft, die zwischen euch liegenden Steine zu umschiffen oder aus dem Weg zu räumen, um euch wieder in der Mitte treffen zu können, bleibt eure große Frage.
Gelingt es nicht, tut ihr euch an euren Enden oder dem (dann vergeblichen) Weg zur Mitte immer wieder weh. Allerdings tut ihr euch auch auch beim nicht vergeblichen Weg zur Mitte erstmal weh.
Zu unterscheiden, ob der Weg vergeblich oder nicht vergeblich ist, ist also erstmal fast unmöglich - und zwar so lange, bis man es dann weiß.
Will man das nicht, will man diesen dauerhaften Schmerz nicht, bleibt einem nichts anderes übrig, als den Weg über die andere Richtung zu verlassen: raus aus der Affäre, keine Mitte mehr suchen, raus aus der Erwartung und dem (dauerhaften) Schmerz.
Atme tief durch, lass die Enttäuschung zu , freu dich über deinen ansonsten erfolgreichen Tag und schau dann, was du aushalten willst und was nicht. Du bist frei in dem, was du tust: du kannst ihm eine Ansage machen, du kannst ihn freundlich darauf hinweisen, wie daneben du das gefunden hast, du kannst aber auch drüber stehen und mit einem dezenten Lächeln so tun, als tangiere dich das überhaupt nicht.
Vielleicht gelingt es dir, willst du nicht loslassen, irgendwann, deine Erwartung AM betreffend soweit runterzuschrauben, dass dir sein Geflatter nichts mehr ausmacht. Es wird einfacher dann.