Erst einmal vorab wieder ein Hinweis. Und versteh mich dabei bitte nicht falsch. Ich habe genau die gleichen Gedanken gehabt. Insofern fällt mir jetzt "geläutert" auch die Antwort leicht.
Wer hat gesagt, dass man immer stark sein muss? Wie kommst Du darauf?
Da sind wir schon wieder bei der Konditionierung. Ich strapaziere das Thema so lang, bis Du nicht mehr daran vorbei kannst.
Bis Du merkst, wie häufig Dein "Motor" anspringt.
Einen Teufel musst Du. Du musst erst einmal sowieso nichts. Wenn Du heulen willst, dann heule. Wenn Du wütend bist, dann schrei es heraus. Keine Beherrschung. Wozu!
Meine Oma pflegte immer zu sagen, was raus muss, muss raus, wenngleich auch in einem anderen Zusammenhang.
Aber letztendlich ist es so.
Lies 'mal genau, was Du geschrieben hast. Ich habe es vorhin nämlich gar nicht so schnell gesehen, weil ich Dich nur kurz trösten wollte und weg musste.
"Da heisst es immer, man soll Stärke zeigen." hast Du geschrieben. Wer stellt denn hier die Spielregeln auf!? Wer mag beurteilen, was für ein Individuum das Richtige ist. Wer kann das? Völliger Unsinn! Die Spielregeln stellst Du für Dich allein auf. Ich muss jetzt nicht erwähnen, dass natürlich alles seine Grenzen hat. Das setze ich jetzt 'mal voraus. Grenzen, die z.B. Dein AM nicht kennt, wenn man sie ihm nicht bei jedem Kontakt um die Ohren haut.
Und projiziere nicht all die unerfüllten Bedürfnisse und Wünsche auf diesen Mann, nur weil kein anderer in Deinem Orbit kreist. So kommen sie doch erst auf das Podest der ewigen Sehnsucht, auf dem sie total fehl am Platz sind.
So, zu Deiner Frage. Uga Uga und die weisse Frau. Vorab, ich bin ein harmoniesüchtiger Mensch, der sich zwar nichts gefallen lässt, aber eigentlich kein Theater möchte. Insofern war mein Bestreben, weil ich ihn ja mochte, trotz allem im Guten mit ihm auseinander zu gehen. Ausserdem bin ich seinerzeit gegangen, obwohl ich ihn noch liebte. Ich ertrug es nur nicht mehr. Die Situation war selbstzerstörerisch, was Du ja am gerade am eigenen Leib erlebst. Nun konnte ich nach meiner Trennung von ihm, die auch nicht von heute auf morgen stattfand, nicht ahnen, dass ich 2 Jahre später unter ihm arbeiten würde. Wir hatten zwischenzeitlich sporadischen Kontakt, aber nichts besonderes. Er schlug mir damals vor, bei ihm zu arbeiten und ich willigte ein, weil ich ihn geschäftsmässig sehr schätzte. Blauäugig, wie ich zu diesem Zeitpunkt immer noch war, kam mir nicht in den Sinn, dass er diese Situation, ich unter seiner "Herrschaft", völlig ausnutzen würde. Jetzt im Nachhinein ist es völlig klar. Es konnte nicht anders kommen, weil er mich nach wie vor dominieren wollte. Er sagte einmal zu mir "Du bist meine Sklavin!" Ich dachte damals und das sagte ich ihm auch, ob er noch ganz normal sei. Ich dachte, er mache Scherze. Das war aber kein Scherz. Er hatte die Macht und nutzte sie mehr als aus. Trotz allem oder gerade deswegen habe ich immer gedacht, Du kannst machen, was Du willst, ich mag Dich trotzdem, weil für mich dieses ganze Theater, was er veranstaltete, mir nur vor Augen führte, wie schwach er eigentlich im zwischenmenschlichen Bereich ist. Da bin ich dann sehr nachsichtig, auch wenn ich die Dinge nicht für gut heisse. Hinter verschlossenen Türen sagte ich ihm auch, wie ich sein Verhalten fand. Ich glaube, ich bin zigmal rausgeworfen worden.
Und auch wenn ich das hier so locker schildere. Die Situation war nicht ungefährlich. Es gab Leute, die Valium eingenommen haben, wenn sie zu ihm zum Rapport mussten. Das ist, als wenn man einem wütendem Stier gegenübersteht, der gleichzeitig auch noch so geschickt ist, Dich aus dem Hinterhalt anzugreifen. Du siehst, Kampf des Kampfes wegen. Kampf an allen Ecken und Enden. Immer nur Theater. Bestrafungsrituale, was weiss ich. Einen Haufen von, hätte es man nicht am eigenen Leib erfahren, Lächerlichkeiten. Ein Aufblasen sondergleichen. Diesbezüglich kann mich nichts mehr schockieren.
Und trotzdem habe ich ihn lieb, meinen Dauersparringspartner. Emotional bin ich gelöst. Lieben tue ich ihn nicht mehr, weil ich ihn angenommen habe, wie er ist und da ist kein Platz für eine Liebesbeziehung. Dass ich ihn nicht mehr liebe, schützt mich. Und ich habe ihn lieb, weil er so viele Ecken und Kanten hat, weil er so schwierig ist und weil er sich so häufig selbst im Wege steht, weil er unmöglich ist, aber weil der Platz an seiner Seite für mich der einzig sichere Platz ist, den ich kenne. Ich würde diesem Menschen, ohne mit der Wimper zu zucken, mein Leben anvertrauen, weil ich weiss, dass es in den richtigen Händen ist. Ich spüre eine tiefe Verbundenheit zu ihm, weil er so ein breites Kreuz hat. Weil er Rückgrat hat, weil er sich nie feige aus dem Staub machen würde. Mitgefangen, mitgehangen. Er hat neben seinen vielen untragbaren Eigenschaften so viele Dinge an sich, die ich sehr schätze und die man kaum bei anderen Menschen findet. Nicht in letzter Konsequenz. Und das sind die Dinge, die eine unheimlich Anziehungskraft auf mich ausüben. Ich fühle mich wohl an seiner Seite in der Höhle des Löwen.
Wo Licht ist, ist auch Schatten.
Und ich habe viel von ihm gelernt, wenngleich auch unter Schmerzen. Ich habe meine Grenzen erkannt und habe gelernt, die Dinge zu akzeptieren, wie sie sind. Ich habe gelernt, diesen Dingen mit einem Schmunzeln zu begegnen, was bei ihm eine wahre Kunst ist.
Jetzt ist er seit 2,5 Jahren nicht mehr mein Chef und wir treffen uns regelmässig. Wir sind auf eine merkwürdige Art und Weise Freunde. Ich sitze zwar auf einem Pulverfass, aber damit kann ich leben. Ich weiss ja, wie ich es für mich entschärfen kann. Und würde ich ihn brauchen, er wäre immer da.
Er war meine größte Liebe und auch die schlimmste. Aber ich habe losgelassen, weil es einfach nicht ging. Er ist ein Stück von meinem Leben und ich möchte ihn nicht missen. Es ist eine ganz merkwürdige Beziehung, die in der Zwischenzeit auf Augenhöhe verläuft. Der Preis aber, den ich dafür zahlen musste, war viel zu hoch und sicher nicht von jedem durchzustehen. Ich kann es auch nicht weiterempfehlen. Zusammengeschweisst haben uns ein Todesfall, existenzbedrohende Situationen für mich, in denen er mir zur Seite stand, die enge Zusammenarbeit über Jahre und dass ich ihm Paroli biete.
Und nächsten Donnerstag, wenn wir über den Weihnachtsmarkt gehen, wird er sich freuen wie ein kleines Kind, mich zu sehen. Bis zum nächsten Knall. Wie sagte er "Du weisst ja, wie ich bin!"
Genau
LG Flausch
Zuletzt modifiziert von Flausch am 15.12.2013 - 10:18:33