Update:
Gestern Abend hatten wir einen Streit. Es fing ganz entspannt an, als ich heimkam. Es war sogar viel entspannter als sonst. Ich hatte sogar mit der Zeit den Eindruck, dass mein seit einigen Tagen verändertes Verhalten (am hoffentlich richtigen Weg heraus aus der Betaisierung) erste Wirkungen zeigt. Sie erzählte mir von der Arbeit, ich ebenfalls. Sie sagte, als ich ankam, war sie kurz mehrmals beim Auto, um ein paar Kartons in die Wohnung zu holen. Da sie vorher schon daheim war, hätte sie sich nicht wieder „ganz“ angezogen und BH und Unterhose weggelassen. Auch ihre Körpersprache war sehr offen, sexy. Ich dachte schon, jetzt geht es bald zur Sache (Samstag und Sonntag lief nämlich gar nichts).
Doch ich irrte gewaltig! Bei uns steht ja ein Termin für eine Paarberatung bevor, und gestern habe ich ihr das Stammblatt übermittelt, das wir gemeinsam ausfüllen und vorab retournieren sollen. Nachdem sie einem gemeinsamen Freund beim Ausräumen der Wohnung dessen Mutter mehrere Tage geholfen hat, hat sie auch immer wieder - teilweise nutzloses - Zeug übernommen. Unter anderem Stand da eine kleine Leiter im Wohnzimmer (wir haben schon eine), die ich beim Vorbeigehen bemerkte.
Ich: Schön. Hast Du Dir also diese Leiter nun auch geschnappt?!
Natürlich habe ich es so formuliert, dass sie gleich wusste, dass ich damit nicht einverstanden war. Ich blieb noch im ersten Stock in meinem Zimmer, da ich am PC noch was erledigen wollte. Sie kam ca. 10 min später zu mir, um mir ein liebes Tierbild zu zeigen. Einen Augenblick später sprach sie mich auf meine Aussage an. Es störe sie, dass ich so reagiere. Ich meinte, wir hätten über das Teil schon eine Woche zuvor gesprochen und ich wäre der Ansicht, in einer 90 m² Wohnung bräuchte man nicht auf jedem Stockwerk so ein Teil. Überhaupt beginnt sie schon wieder damit, die Wohnung unnötig vollzustellen. Das Thema hatten wir vor dem Wohnungskauf eingehend besprochen.
Die Stimmung kippte rasch. Ich fasse ein wenig zusammen, da ich die Einzelheiten unseres Gesprächs nicht im Detail behalten habe.
Sie: Neun Jahre lang hatte ich alle Freiheiten in den Wohnungen, und nun willst Du mich einschränken.
Ich: Wovon sprichst Du? Ich habe Dir in unserer letzten Wohnung (6 Jahre) ganz deutlich gesagt, dass ich mich in so einer völlig zugestellten Wohnung nicht wohl fühle.
Sie hat irgendwann damit begonnen, heimlich immer wieder Möbel in die Wohnung zu stellen. In manche Zimmer konnte man die Türe nur noch zur Hälfte öffnen, am Gang im Vorzimmer musste man in Schlangenlinien gehen. Der Balkon war ein ganzes Jahr lang mit Gartenmöbeln zugestellt und nicht benutzbar.
Vor der Entscheidung zum Kauf habe ich ihr gesagt, dass es für mich eine Voraussetzung sei, dass es nie wieder zu einer solchen Situation kommen darf. Ich brauche eine aufgeräumte - nicht sterile - aber ordentliche Umgebung, damit ich geistig zur Ruhe kommen kann. Sie stimmte dem zu. Ich habe mich dann über drei Wochen mit Archicad unsere Wohnung, ein Reihenhaus, maßstabssgetreu nachgestellt und unsere vorhandenen Möbel wie auch die neu anzuschaffenden dort genau zu platzieren. Wir haben das immer gemeinsam gemacht. Sie hatte bei der Auswahl der neu anzuschaffenden Möbel eigentlich völlig freie Hand. Ein Veto legte ich nur zweimal ein. Einmal, weil die Couch, die sie haben wollte, viel zu groß gewesen wäre. Ich musste es ihr aber mithilfe der Software demonstrieren, da sie es mir nicht glauben wollte. Das zweite Veto betraf den Vorraum. Nach ihren Vorstellungen wäre es wieder zu einem notwendigen Slalomlauf beim Betreten der Wohnung gekommen. Das musste ich unbedingt verhindern.
Ich: Ich habe viele Stunden investiert, um mit Dir gemeinsam die Einrichtung zu planen. Warum hältst Du Dich nicht an unseren Plan?
Sie: Wir haben uns nie auf so etwas geeinigt.
Ich: Was denkst Du denn, was die aufwändige Auseinandersetzung und das gemeinsame Einrichten am PC sonst gewesen sein sollen? Natürlich war das als Vereinbarung zu verstehen!
Ich springe noch mal weiter. Schließlich waren wir beim Thema Paarberatung und beim Gespräch darüber, was wir uns davon versprechen. Sie möchte in Anwesenheit von Dritten Dinge aussprechen, die sie sich mir gegenüber nicht auszusprechen traut. Sie fragte mich, was meine Erwartung wäre. Ich sagte, ich hoffe, wir bekommen dadurch die Chance, alte Themen aufzuarbeiten, um gemeinsam an einem Punkt anzukommen, auf dem wir wieder aufbauen können. Denn derzeit beschränkt sich unsere Kommunikation auf organisatorische Dinge, täglichen Small Talk und unser gemeinsames Hobby.
Ich ging von der Terrasse in die Küche, da ich mir gerade was zu Essen machte. Sie kam rein und fragte mich wieder, was ich mir erwarte. Ich meinte zu ihr, ich hätte ihr die Antwort doch gerade gegeben.
Sie: Soll das alles sein, was Du Dir erwartest?
Ich: Ich bin der Ansicht, dass meine Erwartung ein wenig weiter geht als Deine. Ach, ich weiß einfach nicht mehr, an welchem Punkt wir nicht mehr normal miteinander über wichtige Themen sprechen konnten?
Sie: Ich weiß, ab wann ich das nicht mehr tun wollte, wann für mich der Punkt war.
Ich: Wirklich? Wann war denn der Punkt für Dich?
Sie: Als wir damals 2014 den Streit hatten und Du mich geschlagen hast. Seit der Zeit weiß ich, wie weit ich gehen kann bei Dir. Und über solche Themen spreche ich nicht mehr mit Dir, weil ich Angst habe, Du würdest das wieder tun.
Vor sechs Jahren also gab es diesen Vorfall, an den ich mich noch erinnere. Wir hatten einen Streit. Verbal unter der Gürtellinie. Ich kenne den Inhalt nicht mehr. Wir waren bei einer Sportveranstaltung, und wir wohnten damals circa 2 km entfernt. Jedenfalls bin ich gegangen. Eine bessere Idee hatte ich nicht, als mich einfach zu entfernen, sonst wäre es eskaliert. Ich war schon am halben Weg, als sie mich eingeholt hatte. Sie versuchte, mich mit all ihrer Kraft am Weitergehen zu hindern. Als es ihr nicht gelungen war, schlug sie mehrmals mit ihrer Handtasche nach mir - auch ins Gesicht. Einer meiner Daumen war angebrochen. Ich holte aus und gab ihr eine schallende Ohrfeige. Ich bin darauf nicht stolz, aber mit der Situation war ich völlig überfordert. Sie hat irgendwann zugegeben, es darauf angelegt zu haben.
Das hat mir meine EF also gestern als den Punkt genannt, seit dem nichts mehr so ist wie es sein sollte. Wir sind zwei Tage später für eine Woche in den Urlaub gefahren. Wir haben später gemeinsam einen Wohnungswechsel gemacht und blieben sechs Jahre dort. Wir haben uns dazu entschlossen, Kinder haben zu wollen. Nachdem es nicht auf natürlichem Wege machbar war, haben wir in mehr als zwei Jahren vier Versuche mit künstlicher Befruchtung hinter uns gebracht. Erfolglos. Nun der gemeinsame Kauf.
Mir wurde gestern ganz übel, als sie mir das Ereignis von vor sechs Jahren als Begründung genannt hatte. Wir haben zwar beide im Schlafzimmer geschlafen, haben uns aber nicht einmal eine gute Nacht gewünscht. Ich bin noch lange wach gelegen.
Sind die letzten sechs Jahre eine einzige Lüge gewesen? Warum all die weiteren gemeinsamen Dinge - Wohnung, Kinder, Kauf...?
Ich weiß nun nicht mehr, wie ich damit noch umgehen soll. Ich weiß nicht, was ich mir nun von unserer Eheberatung erwarten soll. Hat das überhaupt noch einen Sinn?
Heute Früh musste ich wieder früher aus dem Haus zur Arbeit. Normalerweise geht sie direkt nach mir ins Badezimmer. Ich hatte vor, mich nicht von ihr zu verabschieden. Doch heute ging sie nach unten ins Wohnzimmer und wartete quasi auf mich. Ich sprach kein Wort, nahm meine Sachen und ging. Ich konnte ihr nicht in die Augen schauen.
Heute bringt sie das Auto ihrer Mutter zurück und kommt spätabends mit dem Zug zurück. Vereinbart war, dass ich sie abhole, da wir 20 km entfernt wohnen und keine Öffis mehr zu uns fahren. Ich habe schon überlegt, das Auto am Bahnhof abzustellen und den Schlüssel irgendwie zu hinterlegen. Dafür müsste ich natürlich öffentlich fahren, und irgendwie wäre das doch auch unreif. Ich könnte sie auch einfach wie vereinbart holen, werde aber kein Wort mit ihr sprechen.
Was soll ich nur tun in dieser Situation? Was soll mit der Paarberatung geschehen?
Entschuldigt bitte die Lücken in unserer Unterhaltung oder das Fehlen einiger Details. Es bricht gerade so dermaßen über mich herein, dass ich wie gelähmt bin.