Liebe Lisha,
ich kenne deinen Strang jetzt nicht, aber deine Zeilen werfen bei mir die Frage auf, warum du das mitmachst?
Deine Vorstellung von einer Beziehung ist offenbar anders als das, was du mit deinem (Ex-?)Freund erlebst. Und - ich habe das hier im Forum schon so oft geschrieben - eines muss dir klar sein: Du wirst ihn nicht ändern können.
Dabei spielt es eigentlich keine großartige Rolle, ob er nun tatsächlich ein Problem hat, eine Störung, eine Krankheit... Was zählt, ist, wie er sich dir gegenüber verhält und ob du dieses Verhalten dauerhaft tragen kannst. Ob es dich zufriedenstellt in der Frage danach, was du dir von einem Partner wünschst, ob dich diese Beziehung glücklich machen kann - oder ob du lediglich an der Hoffnung festhältst, dass es irgendwann anders, besser wird.
Du setzt dich wohl sehr intensiv mit ihm und seinem Verhalten auseinander, und das ehrt dich sehr. Es zeigt, dass du fähig bist, dich auf jemanden einzulassen, Verständnis aufzubringen, Rücksicht zu nehmen. All das wird dich aber nicht weiterbringen, wenn du am Ende selber auf der Strecke bleibst.
In einer Beziehung - so zumindest meine Denke - ist Verständnis für die Unzulänglichkeiten des anderen nur dann konstruktiv, wenn es langfristig einem Fortschritt dient. Ich vergleiche das (zwecks der Anschaulichkeit) gerne mit dem Klischee vom gewalttätigen Alkoholiker: Was habe ich von meinem Verständnis für so ein Gegenüber - und hat die Person in ihrem Leben noch so viel Schlimmes durchgemacht -, wenn keine Einsicht da ist, keine Aussicht auf "Besserung", und meine eigenen Bedürfnisse dabei dauerhaft unbefriedigt bleiben?
Es gibt Krisen in Beziehungen, schwierige Zeiten. Warum durchlebt man die gemeinsam, warum bleibt man beieinander? Ich glaube, weil man hofft und vielleicht auch davon ausgeht, dass sie vorbeigehen, dass es irgendwann einfacher wird, besser. Und ich finde es auch erschreckend, wie viele Beziehungen in diesen Zeiten daran zerbrechen, dass ein Part eben mal nicht "funktioniert" und die Dinge kompliziert sind. Aber wenn auf Dauer Einseitigkeit herrscht, muss man um des eigenen Wohlergehens Willen wohl irgendwann die Reißleine ziehen.
Kurz: Der Versuch, immer und immer wieder aufs Neue zu verstehen, was in ihm vorgeht, wird dir langfristig nicht helfen. Es wird sich nichts ändern - schon gar nicht, wenn es deinem Partner mit der Situation nicht unbedingt schlecht geht. Und wenn doch, muss jedes Einlenken - seinen "Zustand" betreffend - dennoch von ihm selber kommen. Deshalb glaube ich, dass du deinen Fokus weg von ihm und seinen Problemen zurück auf dich und deine Bedürfnisse richten solltest.