Evolution: Liebeskummersinn?!

[erdbeermund]

Hallo @ Liebe-Forumsmitglieder,

eine Frage die mir durch den Kopf schwirrt (bin mir nicht sicher ob es auf der Homepage schon diskutiert wurde, falls ja, kann die Diskussion durch einen Link ersetzt werden) ist:

Was macht der Liebeskummer evolutionär für einen Sinn?

Fühlt man sich deshalb so schlecht, damit es einem leichter fällt sich vom Anderen abzuspalten...?? Soll der Schmerz den man zugetragen bekommen hat dazu führen, sich nie wieder mit dem Anderen fortpflanzen zu wollen, damit man sich mit einem "besseren" Männchen/Weibchen paaren kann?

Ich kann mir den Sinn des Liebeskummers nicht so recht erklären.

Oder ist es wirklich irgendwann nur noch das Ego, welches den Ex zurück haben möchte und es hat wirklich alles nix mehr mit Liebe zu tun, weil unser Hormonpegel automatisch abklingt, ohne das man es während der KS bemerkt hätte?

Na bin mal gespannt ob es eine Lösung des Rätsels gibt.

E.

 

[Admin Wolfgang]

Hallo Erdbeere,

das ist ein interessante Frage die Du da aufwirfst. Sie ist auf der Homepage so noch nicht zur Sprache gekommen, ist aber in meinem Beitrag über die evolutionäre Bedeutung der Depression im Grunde mit enthalten.

In archaischen Sippen gab es Familien mit Verwandschaftsbeziehungen zueinander und freundschaftliche Beziehungen zu nicht verwandten Gruppenmitgliedern. Ähnlich wie heute auch. Nach außen hin trat die Sippe als homogenes Ganzes in Erscheinung und grenzte sich durch aggressives Verhalten von anderen Sippen ab.

Die Gruppenmitglieder halfen einander und standen sich in Notsituationen bei.

Verlor jemand einen nahen Angehörigen durch Tod oder durch Trennung, dann war das für den Zurückbleibenden ein großer Verlust, der auch seine Position innerhalb der Gruppe schwächte, weil er eine Stütze verlor.

Frauen, die plötzlich ohne beistehenden Partner dastanden, waren der Willkür anderer Männer ausgesetzt oder dem abwertend zänkischem Getue anderer Frauen. Es herrschte in diesen Clans ja eine strenge Rangordnung - sie stützten sich ja nicht nur gegenseitig, sondern sie rivalisierten auch stark untereinander...

Wenn nun eine oder einer den Partner verlor, verlor er einen Mitstreiter im Konkurrenzkampf um Macht und Einfluß in seiner sozialen Gruppe. Plötzlich war alles anders - von einem Tag auf den anderen...

Man erinnere sich nur, wie man sich fühlt, wenn die Arbeitskollegen erfahren, dass einen der Mann verlassen hat. Die Scham und die Minderwertigkeit die man eine zeitlang fühlt, ist ja wie mit Händen zu greifen. Für manche ist der Verlust an Sozialprestige so schlimm, wie der Verlust des Partners selber.

Der depressive Zustand - der bei starkem Liebeskummer immer mit dabei ist - macht die Menschen klein und dadurch fügsam. Das unterwürfige Verhalten des Kummer geplagten sollte die Aggressionsbereitschaft der übrigen Gruppenmitglieder hemmen und deren Fürsorgetrieb aktivieren. Durch Tod von Angehörigen oder durch Partnertrennung Geplagte nahmen so eine zeitlang einen tieferen Rang ein, das war unvermeidlich, aber sie erhielten dadurch auch Zuspruch und Hilfestellung von den Anderen...

Eine Frau mit Kleinkind, die ihren Partner verlor, bedurfte dringend der Unterstützung durch die Sippe. Wenn sie sich dann wie ein Häufchen Elend präsentierte, leidend und verzweifelt, konnte sie erwarten, hin und wieder aus Mitleid Nahrung für sich und ihr Kind zu bekommen.

Das ist der Grund warum wir so leiden, wenn wir jemand verlieren, der uns nahe steht. In unserer modernen Welt hat die soziale Funktion, die Leid und Kummer in evolutionären Zeiten hatten, natürlich deutlich an Bedeutung verloren. Nichts desto trotz existieren diese schrecklichen Gefühle noch immer in uns.

LG
Wolfgang

 

[Tanya]

Wolfgang - es ist wirklich klasse was man von Dir so alles lernt...

Diese frage hat mich nämlich auch schon immer interessiert...

Danke schön!!!

 

[Admin Wolfgang]

@ Tanya

Danke schön! Gern geschehen!...

 

[herzchen_dupl_name_0]

danke wolfgang für den text. den habe ich gestern einem freund gemailt, der immer wieder in meiner schweren zeit nach der trennung gesagt hat: du willst leiden. das hat mich so ärgerlich gemacht, und ich hatte erstmal den kontakt zu dem eingestellt. ich spreche auchnicht mehr mit ihm über DIESES thema, aber dein text kam da grad recht.........................

liebeskummer ist grausam, und es fühlt sich so an, als wenn jemand einem das herz rausgerissen hat...............................

 

[Admin Wolfgang]

@ Erdbeermund

Irgendwie habe ich den Eindruck, dass Du mit meiner Erklärung auf Deine Ausgangsfrage überhaupt nichts anfangen konntest, weil sie Dir nicht einmal einen einzigen Antwortsatz wert schien. Minimal unhöflich finde ich das schon von Dir...

Der Kummer, den Menschen wegen einer verlorenen Liebe empfinden, hat evolutionär betrachtet hauptsächlich eine Signalwirkung auf deren soziale Gruppe. Allerdings "lähmt" die begleitende Depression das Gehirn des Leidenden. Dadurch macht er langsam, hält inne, und verarbeitet seinen Verlust.

Die Liebe selber stirbt vorerst nicht durch den Kummer - wie wir ja alle wissen - sondern vergrößert sich eher noch.

Liebeskummer ist keine evolutionsbiologische Strategie um einen Expartner zurückzuerobern. Die Eifersucht ist es schon - sie geht oft mit dem Liebeskummer parallel.

LG
Wolfgang


Zuletzt modifiziert von Admin Wolfgang am 09.08.2011 - 08:12:13

 

[erdbeermund]

Achso, tut mir leid, ich war etwas abwesend und es war jetzt keine Absicht nicht darauf zu antworten oder so, denn die Begründung und Antwort von dir schien mir einleuchtend und deshalb hatte ich dazu nichts mehr dazu zu setzen.. Ähnliches hab ich auch nochmal neulich in einem Buch zufällig gelesen (war jetzt zwar ein Fachbuch zur audiovisuellen Emotion, doch da wurde das kurz angeschnitten), so dass dieser evolutionäre Zugang bzw. Funktion in sozialen Verbänden, wie du es beschreibst, mir nochmal "bestätigt" als logisch erschien.

Das was du jetzt als zweites sagst, nämlich dass es evolutionsbiologisch vorprogrammiert ist den Expartner zurückerobern zu wollen ist allerdings auch nochmal eine Aussage die vieles erklärt.

Liebe Grüße