Der Hauptgrund für viele, wenn nicht die meisten, Beziehungsschwierigkeiten ist unser verletztes Ego. Diese Verletzungen sind in der Regel in der Kindheit, teil- weise aber auch danach erworben. Sie führen zu einem System von Glaubenssät- zen, die unsere Beziehungsfähigkeiten einschränken. Das größte Gift ist dabei die Angst. Die Angst, nicht genug zu sein, die eigenen Grenzen nicht wahren zu kön- nen, nicht das zu bekommen was man haben will, verlassen zu sein. Alles was unser Ego bedroht, wird dann zum Problem, weil wir scheinbar nichts anderes haben. Wir versuchen Verletzungen sofort durch Rück-Verletzungen zu befrieden (Auge um Auge!) oder ängstlich am Partner wie an einem sinkenden Schiff festzuhalten, da- bei sind wir gar nicht auf hoher See. Wenn wir die alten Verletzungen ausheilen und über das Ego hinausgehen, sind ganz neue Arten von Beziehungen möglich.
Gegenwärtige Beziehungen leben oft viel davon, einen Mangel auszugleichen. Mangel an Liebe, Mangel an Zweisamkeit, Mangel an Sicherheit, Mangel an Sinn- haftigkeit usw. Das funktioniert aber leider nur eine bestimmte Zeitspanne. Irgend- wann kommt unweigerlich der Augenblick, wo der Partner diese Lücke nicht mehr ausfüllt, und man spürt den Mangel umso mehr. Beziehungen neuen Typs sind erst
möglich, wenn wir wirklich die Fülle in uns spüren und paradoxerweise eigentlich nicht zwingend eine Beziehung bräuchten, um glücklich zu sein.
Wo Fülle herrscht, gibt es keinen Grund Angst vor Verlust und Trennung zu haben. Es war so ja sowieso schon alles da. Auch wenn der Partner nicht da ist bleibt alles sicher, weil die Zeit ohne Partner auf eine andere Art auch schön ist. Auch Bin- dungsangst besteht nicht, da radikale Freiheit herrscht. Auch die Freiheit, jederzeit die eigenen Grenzen zu halten und Abstand zu wahren bzw. zu vergrößern. Wo soll da Angst vor Nähe entstehen? Da die Verbindung zum Partner jenseits des Egos liegt, bleibt sie auch immer bestehen. Insofern wird es auch keine Trennungen wie bisher mehr geben. Insbesondere keinen Rosenkrieg, der immer auf ein verletztes Ich zurückgeht. Man entscheidet sich einfach bestimmte Aspekte von Beziehung nicht mehr physisch zu leben. Aber warum sollte man nicht in Liebe weiter verbun- den bleiben? Da es keinen Mangel gibt, bleibt auch für einen neuen Partner genug über.
In einer Beziehung neuen Typs gibt es eine radikale Ehrlichkeit. Meistens entsteht Lüge aus bewusster oder unbewusster Angst. Angst davor, dass man in letzter Kon- sequenz nicht "lieb-bar" ist. Wenn der Andere erst erfährt, wo man wirklich steht, was man wirklich denkt, dann wendet er sich garantiert ab. Erst durch Ehrlichkeit gibt es die Chance wahre, unbedingte Liebe zu erleben. Zudem übernimmt jeder die Verantwortung für sein eigenes Handeln und Fühlen, weg von den Täter / Opfer Rollen.
Absolutes Vertrauen wird Kontrolle ersetzen. Da man von Ehrlichkeit ausgeht und auch alleine sein keine wirkliche Bedrohung ist, besteht keine Notwendigkeit, dem anderen Fesseln anzulegen. Wenn der signalisiert, lieber den weiteren Weg mit je- mand anders gehen zu wollen, lässt man ihn das tun, weil man sein Bestes will. Pa- radoxerweise wird dies Beziehungen viel stabiler.
Es wird kein festes Set von Regeln geben, wie eine Beziehung auszusehen hat, ob lang, kurz, monogam, in einer Wohnung usw. Sicherlich bietet eine monogame Beziehung noch lange einen guten Rahmen, wirklich in die Tiefe zu gehen. Aber letztlich ist es ein gemeinsames Commitment auf einen bestimmten Rahmen, der auch jederzeit geändert werden kann.
Eine fantastische Beziehung ist immer im Jetzt. Man rechnet keine Dinge aus der Vergangenheit auf und hofft auch nicht, dass in der Zukunft alles besser werden muss. Man ist dankbar für jeden Tag und lässt Erwartungen fallen.