Drei Wochen nachdem ich den Brief verschickt habe, hat meine Ex gestern per E-Mail geantwortet und es gibt leider wenig Positives zu berichten.
Ich versuche mal den Inhalt ihrer Antwort kurz zusammenzufassen:
- Sie freut sich darüber, dass der Umzug mir so gut getan hat und ich mich dadurch neu finden konnte.
- Es fällt ihr schwer eine Antwort auf meinen Brief zu formulieren, da sie keine genaue Absicht darin erkennen kann.
- Mein spätes Verständnis für die Probleme zwischen uns wäre für sie nicht unbedingt notwendig gewesen, da sie auch so im Frieden mit uns ist.
- Sie befürchtet emotional wieder reingezogen zu werden und möchte keine alten Wunden aufreißen.
- Sie sieht uns beide als zwei Menschen mit unterschiedlichen Gedanken, Vorstellungen und Phasen.
- Ihre schönsten Erinnerungen an uns sind eigentlich Momente aus der Zeit vor unserer Beziehung.
- Sie hat ein größeres Nähebedürfnis als ich und konnte aus Angst, dass dieses von mir abgelehnt wird, in der Beziehung nie sie selbst sein.
- Besonders in den Momenten, in denen sie versucht hat die Beziehung auf eine innigere Ebene zu bringen, hat sie Ablehnung gespürt.
- Diese Ablehnung möchte sie nie wieder spüren und so eine Beziehung nie wieder führen.
- Sie glaubt nicht, dass mein WG-Leben die Hauptursache dafür war.
- Sie schätzt die Zeit mit mir als wichtigen Teil in ihrem Leben.
- Sie fände es schön, wenn unsere Wege nicht für immer weiter auseinander gehen würden, da ich ihr noch wichtig bin.
- Aber wenn sich unsere Wege nochmal kreuzen, weiß sie momentan nicht wann und in welcher Form. Ein zurück zur alten Form kann es für sie nicht geben.
- Sie hat mich gern und wünscht mir vom Herzen nur das Beste.
Das zu lesen war natürlich nicht gerade einfach. Dementsprechend schlimm war dann auch die letzte Nacht, in der ich sogar geträumt habe, sie hätte positiv geantwortet und wäre wieder bei mir. Das schöne Gefühl dabei habe ich noch beim Aufwachen in mir gehabt, bevor dann einige Sekunden später die Erinnerung an die Realität einsetzte.
Heute morgen wirkte dann meine ganze Wohnung plötzlich ganz anders irgendwie. Ich habe gemerkt, dass ich vieles hier wahrscheinlich auch immer mit dem Hintergedanken gemacht habe, es ihr irgendwann zeigen zu können. Und plötzlich bezog sich alles um mich herum nur noch auf mich selbst. Ganz komische Situation.
Es ist sehr schwer zu hören, dass sie die ganze Beziehung über das Gefühl hatte, dass ich sie irgendwie ablehne. Vor allem weil ich aus Liebe wirklich alles dafür getan habe, damit sie sich nicht so fühlen muss.
Dann zu hören, dass die schönsten Erinnerungen eigentlich nur die Zeit VOR der Beziehung beinhalten, macht mich unendlich traurig.
Die allermeisten schönen und besonderen Momente innerhalb der Beziehung sind durch meine Initiative entstanden. Ich habe Urlaube für uns organisiert, für besonders romantische Abende gesorgt, kleine Überraschungen im Alltag vorbereitet, durchdachte Geschenke gemacht, ihr immer zugehört und in schweren Momenten immer wieder versucht für sie da zu sein, auch wenn ich dabei oft selbst verletzt war, und so weiter...
Die Tatsache, dass sie die Zeit vor der Beziehung besser fand als die Beziehung selbst, sieht für mich wieder ein bisschen so aus, als hätte sie sehr hohe Ansprüche an einen Partner. Ich war ja der gleiche Mensch wie vor der Beziehung auch. Aber ihre Erwartungen an mich haben sich vermutlich drastisch geändert, als ich dann ihr fester Freund war.
Und natürlich weichen die kribbelnden Momente der Kennenlernphase später in der Beziehung auch etwas anderen Dingen, die sich zwar sachlicher anfühlen, aber trotzdem eine intensive Bindung bedeuten können. Ich weiß nicht, ob sie da nicht eventuell eine etwas zu überromantisierte Vorstellung hat.
Ich nehme aus der E-Mail folgendes mit:
- Sie schätzt mich weiterhin und ist um respektvollen und ehrlichen Umgang bemüht.
- Sie hat zwar nicht genau verstanden, was ich mit dem Brief beabsichtigt habe, hat aber mit ihren Erklärungen trotzdem ziemlich deutlich darauf geantwortet.
- Sie sieht uns trotz der starken Gefühle, die auf beiden Seiten vorhanden waren, als zu unterschiedliche Menschen.
- Die Beziehung mit mir hat sie emotional so verletzt, dass sie unter diesen Umständen keine Möglichkeit für uns sieht wieder zueinander zu finden.
- Sie würde sich freuen, wenn sie mich trotzdem nicht komplett verlieren würde.
Insgesamt erkenne ich bei ihr keine Worte, die irgendwie darauf hindeuten könnten, dass sie reflektiert hat, welchen Anteil sie eventuell an der Trennung gehabt haben könnte. Ihre formulierten Gefühle sind immer noch die gleichen wie in der Beziehung und bei der Trennung. Ich erkenne darin, dass sie wieder die Opferrolle einnimmt und mir meine Unfähigkeit erklärt sie glücklich zu machen.
Andeutungen darauf, dass sie mich vermisst, gibt es ebenfalls keine.
Außerdem ist es ihr nicht möglich auch nach einigem Abstand meine Bemühungen innerhalb der Beziehung zu sehen oder anzunehmen. Zu wissen, dass sie die ganzen schönen Momente zwischen uns womöglich gar nicht so wahrgenommen hat wie ich, ist erstmal schwer zu verarbeiten.
Trotz allem glaube ich ihr aber, dass sie genauso stark geliebt hat wie ich. Sonst wären für sie nicht so viele Gefühle im Spiel gewesen. Sonst hätten wir uns nicht gegenseitig immer wieder eine Chance gegeben. Und sonst wäre sie nicht so tief verletzt worden. Was im Grunde ja auf uns beide zutrifft, was die Sache so tragisch macht.
Jetzt ist natürlich die Frage, wie es für mich weitergeht. Da das ganze noch sehr frisch ist, sieht es in meinem Kopf entsprechend chaotisch aus.
Ein Teil von mir würde ihr gerne antworten, dass ich ihre Sorgen und Ängste bzgl. möglicher Verletzungen teile und das respektiere. Und dass ich ihr zustimme, dass ich auf keinen Fall zurück zur alten Beziehung will.
Aber auch das meine Erklärung bezüglich meiner Entwicklung nicht so sehr auf die WG Situation selbst bezogen war, sondern nur darauf, dass das alles ein Anstoß dazu war, dass ich mich auf einer viel tieferen persönlichen und emotionalen Ebene weiterentwickelt habe. Vor allem auch was meine Vorstellungen von einer Partnerschaft und meiner Zukunft angeht.
Und dass der Gedanke, ob dadurch nicht auch zwischen uns etwas anderes möglich wäre, mich dazu gebracht hat, diese Themen bei ihr anzusprechen. Trotz der Angst vor möglichen Wunden, die es wieder aufreißen könnte, wäre ich an einem Punkt angekommen, an dem ich das riskieren wollte.
Also alles einfach als Erklärung, damit ich weiß, dass es richtig rübergekommen ist.
Darüber hinaus verspüre ich das Gefühl ihr mitteilen zu wollen, wie traurig mich das alles macht. Zum einen unser Unvermögen irgendwie zueinander zu finden und zum anderen die Tatsache, dass sie die schönen Momente in unserer Beziehung nicht als solche empfunden hat. Vermutlich alles keine so gute Idee.
Ihre Antwort klingt ja recht eindeutig und bietet nur mit extrem viel Wohlwollen (und vermutlich Ignoranz) die Möglichkeit Sätze wie "Aber wenn sich unsere Wege nochmal kreuzen, weiß ich momentan nicht wann und in welcher Form. Ein zurück zur alten Form kann es für mich nicht geben." so zu interpretieren, dass eine andere Form der Beziehung nicht komplett auszuschließen wäre.
Aber das sind jetzt vermutlich die letzten Strohhalme, an die ich mich noch klammere.
Daher wäre es wahrscheinlich sinnvoll ihr gleichzeitig endgültig Lebewohl zu sagen.
Denn ein rein freundschaftlicher Kontakt käme für mich überhaupt nicht in Frage.
Am Ende kann ich noch sagen, dass der Brief in dem Sinne ein Erfolg war, dass ich eine konkrete Antwort erhalten habe, mit der ich nun hoffentlich die Chance habe besser abschließen zu können. Auch wenn ich das gerade noch nicht so wertschätzen kann.
Es ist wirklich krass, wie sehr mich meine Ex in den letzten 5 Jahren (28-33) emotional aufgewühlt und vereinnahmt hat. Da sie immer meine Traumfrau war, bin ich über so viele Berge und bereitwillig durch so viele Täler gegangen, und habe so viel investiert dabei, dass es sich ganz komisch anfühlt, dass es am Ende alles trotzdem nicht gereicht hat. Mir kommen sogar ein wenig die Tränen während ich das schreibe.
Ich habe auch Sorge, dass es mein Verständnis von Partnerschaft negativ geprägt haben könnte. Dass ich in Zukunft bzgl. Frauen immer das Gefühl haben werde, dass ich immer alles und noch mehr geben muss, um auszureichen und nicht wieder verlassen zu werden.
Oder dass sich für mich etwas nur echt und interessant anfühlt, wenn es schwer genug ist und ich von einer komplett harmonischen Beziehung schnell gelangweilt bin.
Aber das ist sicher alles ein Thema, was man irgendwie in den Griff bekommt.
"Zur Not" mit einer neuen Partnerin.