Hallo zusammen,
ich bin ziemlich neu hier im Forum und bin eigentlich nur "irgendwie zufällig" hier reingestolpert, weil ich mich durch die Weiten des Netzes gewühlt habe und etwas über Altersunterschiede in Beziehungen lesen / herausfinden / nachstöbern wollte. Irgendwie hat es mich dann hierher geführt und ich muss einfach sagen, dass mich die Qualität der Beiträge hier und natürlich auch der Antworten schon sehr angesprochen hat. Der Umgangston ist im Vergleich zu vielen anderen Foren wie ich finde sehr pfleglich und auch um Antwort und Lösungen bemüht. I like .
Nun bin ich hier also unterwegs und denke mir noch so: naja, eigentlich habe ich selber nicht viel zu erzählen (Vorsicht: ein Trugschluß.... kurze Texte kann ich irgendwie einfach nicht oder nur dann, wenn es wirklich sein muss ). Somit also auch kurz zu mir oder meiner Situation - im Grunde genommen ist im Moment vieles ok. Job läuft, ich habe 2 Kinder (von 2 Frauen aus 2 Beziehungen - hier erahnt Ihr vielleicht so langsam eine potentielle Thematik, wenn die Überschrift nicht schon zu hart gespoilt war ), ehrenamtliche Betätigung und das alles auch irgendwie mit gewissen Erfolgen verknüpft - nicht hochtrabend, also ich werde sicher kein Bundespräsident (was ich aber furchtbar gerne mal wäre), aber es ist ok und geht irgendwie vorwärts und ich mag sicher über das Leben an sich wenig klagen.
Aber.... das eigentliche Kernproblem liegt im Moment doch hinter allem verborgen. Nämlich mein doch regelmäßig auftauchendes Beziehungsverhalten, welches bis auf wenige Ausnahmen durchaus mein Leben dominiert hat. Ich hab das immer erst für "Bindungsprobleme" gehalten, bis ich hier in diesem Forum jüngst erst auf die Begrifflichkeit "Nähe-Distanz-Problem" gestoßen bin und mich da durchaus drin wiedergefunden habe. Ich bin ehrlich gesagt sogar etwas baff, dass einem manchmal solche Sachen völlig unvermittelt über den Weg laufen (den Begriff kannte ich gar nicht, obwohl ich selber aber durchaus schon in Therapie war mit meiner "Problematik"). Aktuell hat es aber den charmanten Vorteil, dass ich in gar keiner akuten Situation stecke. Also Single, komme gut klar damit, suche nicht krampfhaft nach einer Beziehung und denke mir wie schon gesagt: "ist schon ganz ok so im Moment" . Also vielleicht ein guter Zeitpunkt, um sich eben auch mal dieses Themas anzunehmen. Daher schreibe ich einfach mal relativ locker vieles hier runter, versuche mal, eine Gesprächsrunde eröffnen zu können und somit auch die Erfahrungen anderer UserInnen hier mitnehmen zu können. Vielleicht gibt es ja hilfreiche Ansätze und mich interessiert natürlich auch, wie andere Menschen mit der Situation umgehen.
Kurzum - ich habe eigentlich den klassischen Lebenslauf, der gerne hinter dem NDP (ich kürze das mal so ab) zu stehen scheint (ihr merkt, ich fische durchaus noch arg im Trüben, habe wenig Erfahrung mit den Hintergründen dieses Begriffes). Aufgewachsen in einer klassischen Malocher-Familie. Da war der rauhe Ton dominant, persönliche wie psychische Probleme waren einfach nicht existent, weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Ich rede hier nicht von physischer Gewalt (die gab es "nur" in einer Phase von extern, dazu später mehr), aber psychisch schon sehr hart und fordernd. Die Hierarchie in der Familie war klar abgesteckt, klassische Rollenbilder. Es war Familie und allgemeine Fürsorge im Sinne von "Versorgung", aber auf der emotionalen Ebene war doch schon hart Flaute (ist ganz gut, wenn man das im Nachhinein auch betrachten kann). Also tatsächliche Nähe war einfach so gesehen nicht existent, geschweige denn von vielleicht sogar intensiveren Momenten mal mit kuscheln auf der Couch oder dergleichen. Diese Dinge gehören jedenfalls nicht zu meiner Kindheitserinnerung.
So.... ich spinne das Netz einfach mal weiter und die Litanei wird doch noch einige Punkte enthalten, aber es entspricht halt alles so den Umständen, wie sie geschehen sind.
Meine Mutter hat mich relativ früh "abgegeben", Freiheitsdrang und Selbstverwirklichung und so bin ich dann in der Familie eine Etage höher gelandet und dort aufgewachsen. Ich hatte über Jahre zwar Kontakt zu meiner Mutter (der eigentlich auch immer schön und auch emotional war, aber eben nur 1-2 Mal im Jahr). Vater war sehr früh weg, bei der Scheidung war ich etwa 2 Jahre alt und ein Kontakt bestand danach bis zu seinem Tod nie mehr. Im Rahmen dieser Selbstverwirklichungsphase hat meine Mutter noch versucht, mich über Tagesmütter betreuen zu lassen, damals war das allgemeine Arbeitsumfeld noch extrem kinderfeindlich. Ich war da gerade 3 oder 4 Jahre alt, habe aber noch lebhafte Erinnerungen an diese Zeit. Einmal, weil ich regelmäßig von der Arbeitsstätte meiner Mutter richtiggehend rausgeworfen wurde und zum anderen, weil die letzte der Tagesmütter ihre Kinder tatsächlich hart verprügelt hat. Ich weiß heute noch, wie die Räumlichkeiten dort aussahen und das ist geschmeidige über 45 Jahre her. Es ist über die Jahre aber deutlich verblasst. Naja, die körperlichen Erscheinungen und Spuren dieser Gewaltanwendung waren dann auch der Anlass, warum ich letztlich dann zu meinen Großeltern gekommen bin. Die hatten zwar alles andere vor als noch ein Kind großzuziehen (woraus auch vor allem mein alter Herr keinen Hehl gemacht hat), aber letztlich haben sie es dann doch getan.
Bis zur Schule ging dann soweit eigentlich alles ganz ok, Kindergarten war in Ordnung, aber ich sollte dann halt auf eine alternative Schulform (ohne Noten und so) und da ging dann das real erlebte und bewusst wahrgenommene Desaster eigentlich erst richtig los. Ich war als Kind hochbegabt und landete in einer Schulform, die wirklich keinerlei Möglichkeiten kannte, ein Kind auch mit Hochbegabung zu fördern und zu integrieren. Das heißt, dass "Fehlverhalten" wie zum Beispiel schon lesen und schreiben können vor der Schule mit Strafen statt mit Förderung behandelt wurden. Unterforderung, Bloßstellung, in der Ecke stehen, es gab Mahnbriefe an meine Großeltern, dass ich renitentes Kind nicht in der Lage sei, mich ordentlich in eine Gemeinschaft zu integrieren. Das Ganze mündete dann in (tatsächlich) Klassenkeile und dem großen Klassiker - die Tüte Süßigkeiten und alle waren Kumpels, Tüte leer, warste wieder der Arsch. Zum Glück habe ich mich damals hart körperlich gewehrt und gegen jeden weiteren Besuch der Schule schon als Kind massiv zur Wehr gesetzt, so dass ich dann letztlich doch auf einer Regelschule gelandet bin, die dann tatsächlich (vor allem aufgrund des hervorragenden Personals) in der Lage war, sowohl Förderung als auch gewusst angeschobene Integration in die Klassengemeinschaft zu ermöglichen. Das war dann auch die Sternstunde meiner Großmutter, die das zwar spät erkannt hat, dann aber gegen alle Widerstände durchgesetzt hat, dass ich die Schule wechsele. Das war übrigens seitens der Schule noch spannend - ich vermute, die hätten gerne noch einen gepflegten Exorzismus durchgeführt, damit meine vom Gehörnten besessene Seele Reinigung erfahren würde.
Nun gut.... der Rest der Grundschule und die Zeit auf der weiterführenden Schule waren dann eigentlich ok. Immer ein wenig Außenseiter-Dasein geführt, bewusst gegen Leistung gesträubt (weil Leistung für mich immer strafbewehrt war, siehe erste Schule). Zuhause war es aber natürlich nicht besser, da gab es dann Leistungsdruck ("Du kannst das doch, Du bist doch so intelligent, warum schreibst Du 'nur' Zweien und Dreien" und so weiter). Also auch wieder nicht sonderlich "behütet" im emotionalen Sinne.
Ich muss noch erwähnen, dass ich in meinem Onkel einen äußerst liebevollen "Ersatzvater" hatte, der allerdings natürlich auch nicht vollumfänglich bei mir war, der hatte ja sein eigenes Leben mit Frau und so. Allerdings kam dann kurz vor dem Abi der eigentlich komplette Super-GAU. Erst ist besagter Onkel verunglückt und wärend des Abis dann ist meine Mutter schwer erkrankt und verstorben.
So... also Ihr seht - der familiäre Werdegang war jetzt nicht zwingend mit Liebe ausgeschlagen. Aus der Familie gab es zwar psychsichen Druck, aber keine körperliche Gewalt, den Eindruck möchte ich hier nicht vermitteln. Aber...wie das so als Jugendlicher ist - inmitten diese schlimme Phase mit den Todesfällen gesellte sich dann auch das erste externe weibliche Wesen sozusagen. Also die Krankheit meiner Mutter und die erste feste Freundin fielen zeitlich fast zusammen, so dass ich zumindest mal in behüteten Händen nach dem Tod meiner Mutter sein sollte. Dachte ich, dachten alle. Aber das war ein Trugschluß. Besagte Dame hatte damals zwar die Möglichkeit, mich nach der Beerdigung meiner Mutter zu ihrer Familie in den Urlaub nachzuholen, aber... die Tage bevor ich dort ankam hat die Frau genutzt, um sich ne Urlaubsaffäre an Land zu ziehen. Das hat sie mir dann brühwarm serviert und den Urlaub habe ich mehr oder weniger alleine verbracht.
So und nun endlich kommen wir zum Punkt. Die Jahre nach dieser Phase waren noch hart gefüllt mit Erbschaftsangelenheiten, ich war irgendwie total lost in space, habe mich irgendwie durchgewühlt, gearbeitet, viel um die Häuser gezogen und.... ja, ich glaube auch so ziemlich einige Frauen enttäuscht, verletzt und mies behandelt. Der Kern ist aber, dass ich NIE losgezogen bin und vorsätzlich arschig war. Es war im Grunde immer das gleiche Schema - Du lernst jemanden kennen, findest die Person mindestens mal spannend und reizvoll und glaubst sogar selber: das könnte was werden. In den ersten Jahren konnte ich quasi den Wecker danach stellen, dass je nach Kontaktintensität die Sache nach etwa 8-12 Wochen langsam aber sicher immer weiter abkühlte. Die ersten paar Beziehungen sind alle so abgelaufen. Ich muss glaube ich nicht erwähnen, dass ich mich jedes Mal richtiggehend scheiße (sorry) gefühlt habe, weil natürlich suchst Du immer die Schuld bei so einem Verhalten bei Dir selber. Ich konnte einfach keine Nähe mehr zulassen und das ging soweit, dass Nähe richtiggehend körperliche Schmerzen verursacht hat (ich weiß nicht, ob man sich das vorstellen kann). Das war also die totale Zwangslage, eigentlich behandelt man seine Freundin nicht mit Distanz, ich wusste das in jeder Sekunde, konnte aber nicht so handeln wie ich das selber für richtig erachtet hätte. Danach stand jedes Mal auch die Trennung auf dem Programm.
Das Ganze ging dann einige Jahre so und es wurde allerdings dann auch irgendwann besser. Ich hatte dann eine langjährige Beziehung, aus der auch der erste Sohn resultierte. Die Frau war schon ziemlich gut, hat vieles abgefedert und auch meine Nähe-Aversion oft und lange hingenommen. Aber diese Aversion war trotzdem nicht weg. Nur eben gut abgefedert. Naja.... bis es dann auch wieder nicht mehr funktioniert hat. Die nachfolgende Beziehung (zweites Kind) fing eigentlich wie gehabt sehr vielversprechend an, aber da gab es dann ziemlich Differenzen nach einiger Zeit und auch den Umstand, dass auch die Frau mit Problemen zu kämpfen hatte, die ich wiederum dann einfach nicht kompensieren und verarbeiten konnte. Somit also wieder Status: Single. Inzwischen allerdings mit zwei Kindern.
Interessanterweise stelle ich fest, dass ich meinen Kindern gegenüber nur extrem selten diese Anwandlungen mit der Nähe habe. Natürlich will ich ihnen auch eine Kindheit mit Kuscheln und Nähe geben und ermöglichen. Ich hab bei beiden Kindern das Glück, dass der Umgang sehr regelmäßig da ist und ich glaube, dass vor allem die Kiddies auch einiges in mir bewegt und verrückt haben.
Es bleibt aber im Nachgang immer die Betrachtung, dass ich jahrelang immer auf der Suche war, auf der Suche nach Erklärung, Heilung, Abmilderung, was auch immer. Daher ja auch der Therapieansatz. Es stand vieles im Raum - Bindungsangst, natürlich Kindheitstraumata - aber wie ich schon schrieb: NDP gehörte in den ganzen Jahren nie zu meinem Vokabular, weil ich es schlicht nie gehört hatte.
Daher - ich habe jetzt sehr viel geschrieben, da sind intensive Dinge dabei und vielleicht trifft der/die ein oder andere ja auch Szenen, die Euch bekannt vorkommen, auf Verhaltensweisen und Emotionen, die Euch bekannt vorkommen. Wie seid Ihr damit umgegangen? Gibt es jemanden, der einen Schritt aus dieser Spirale heraus geschafft hat? Wenn ja - welche Wege seid Ihr gegangen?
Ich bin in der Tat sehr froh, dass es keine akute Situation gibt, somit habe ich keine Schuldlast auf mir, brauche micht nicht doof fühlen. Ich war und bin trotz der oben geschilderten Probleme nie ein pessimistischer Mensch, aufgeben war irgendwie nie im Spektrum der Möglichkeiten vorhanden. Eher "Abfinden mit der Situation". Aber manchmal kommt unverhofft ja oft und nun nutze ich einfach mal die Gelegenheit, hier weiter auf Erfahrungssuche und Austausch zu gehen.
Würde mich über die ein oder andere Erfahrung wirklich sehr freuen.
Danke Euch und einen schönen Abend erstmal .
ich bin ziemlich neu hier im Forum und bin eigentlich nur "irgendwie zufällig" hier reingestolpert, weil ich mich durch die Weiten des Netzes gewühlt habe und etwas über Altersunterschiede in Beziehungen lesen / herausfinden / nachstöbern wollte. Irgendwie hat es mich dann hierher geführt und ich muss einfach sagen, dass mich die Qualität der Beiträge hier und natürlich auch der Antworten schon sehr angesprochen hat. Der Umgangston ist im Vergleich zu vielen anderen Foren wie ich finde sehr pfleglich und auch um Antwort und Lösungen bemüht. I like .
Nun bin ich hier also unterwegs und denke mir noch so: naja, eigentlich habe ich selber nicht viel zu erzählen (Vorsicht: ein Trugschluß.... kurze Texte kann ich irgendwie einfach nicht oder nur dann, wenn es wirklich sein muss ). Somit also auch kurz zu mir oder meiner Situation - im Grunde genommen ist im Moment vieles ok. Job läuft, ich habe 2 Kinder (von 2 Frauen aus 2 Beziehungen - hier erahnt Ihr vielleicht so langsam eine potentielle Thematik, wenn die Überschrift nicht schon zu hart gespoilt war ), ehrenamtliche Betätigung und das alles auch irgendwie mit gewissen Erfolgen verknüpft - nicht hochtrabend, also ich werde sicher kein Bundespräsident (was ich aber furchtbar gerne mal wäre), aber es ist ok und geht irgendwie vorwärts und ich mag sicher über das Leben an sich wenig klagen.
Aber.... das eigentliche Kernproblem liegt im Moment doch hinter allem verborgen. Nämlich mein doch regelmäßig auftauchendes Beziehungsverhalten, welches bis auf wenige Ausnahmen durchaus mein Leben dominiert hat. Ich hab das immer erst für "Bindungsprobleme" gehalten, bis ich hier in diesem Forum jüngst erst auf die Begrifflichkeit "Nähe-Distanz-Problem" gestoßen bin und mich da durchaus drin wiedergefunden habe. Ich bin ehrlich gesagt sogar etwas baff, dass einem manchmal solche Sachen völlig unvermittelt über den Weg laufen (den Begriff kannte ich gar nicht, obwohl ich selber aber durchaus schon in Therapie war mit meiner "Problematik"). Aktuell hat es aber den charmanten Vorteil, dass ich in gar keiner akuten Situation stecke. Also Single, komme gut klar damit, suche nicht krampfhaft nach einer Beziehung und denke mir wie schon gesagt: "ist schon ganz ok so im Moment" . Also vielleicht ein guter Zeitpunkt, um sich eben auch mal dieses Themas anzunehmen. Daher schreibe ich einfach mal relativ locker vieles hier runter, versuche mal, eine Gesprächsrunde eröffnen zu können und somit auch die Erfahrungen anderer UserInnen hier mitnehmen zu können. Vielleicht gibt es ja hilfreiche Ansätze und mich interessiert natürlich auch, wie andere Menschen mit der Situation umgehen.
Kurzum - ich habe eigentlich den klassischen Lebenslauf, der gerne hinter dem NDP (ich kürze das mal so ab) zu stehen scheint (ihr merkt, ich fische durchaus noch arg im Trüben, habe wenig Erfahrung mit den Hintergründen dieses Begriffes). Aufgewachsen in einer klassischen Malocher-Familie. Da war der rauhe Ton dominant, persönliche wie psychische Probleme waren einfach nicht existent, weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Ich rede hier nicht von physischer Gewalt (die gab es "nur" in einer Phase von extern, dazu später mehr), aber psychisch schon sehr hart und fordernd. Die Hierarchie in der Familie war klar abgesteckt, klassische Rollenbilder. Es war Familie und allgemeine Fürsorge im Sinne von "Versorgung", aber auf der emotionalen Ebene war doch schon hart Flaute (ist ganz gut, wenn man das im Nachhinein auch betrachten kann). Also tatsächliche Nähe war einfach so gesehen nicht existent, geschweige denn von vielleicht sogar intensiveren Momenten mal mit kuscheln auf der Couch oder dergleichen. Diese Dinge gehören jedenfalls nicht zu meiner Kindheitserinnerung.
So.... ich spinne das Netz einfach mal weiter und die Litanei wird doch noch einige Punkte enthalten, aber es entspricht halt alles so den Umständen, wie sie geschehen sind.
Meine Mutter hat mich relativ früh "abgegeben", Freiheitsdrang und Selbstverwirklichung und so bin ich dann in der Familie eine Etage höher gelandet und dort aufgewachsen. Ich hatte über Jahre zwar Kontakt zu meiner Mutter (der eigentlich auch immer schön und auch emotional war, aber eben nur 1-2 Mal im Jahr). Vater war sehr früh weg, bei der Scheidung war ich etwa 2 Jahre alt und ein Kontakt bestand danach bis zu seinem Tod nie mehr. Im Rahmen dieser Selbstverwirklichungsphase hat meine Mutter noch versucht, mich über Tagesmütter betreuen zu lassen, damals war das allgemeine Arbeitsumfeld noch extrem kinderfeindlich. Ich war da gerade 3 oder 4 Jahre alt, habe aber noch lebhafte Erinnerungen an diese Zeit. Einmal, weil ich regelmäßig von der Arbeitsstätte meiner Mutter richtiggehend rausgeworfen wurde und zum anderen, weil die letzte der Tagesmütter ihre Kinder tatsächlich hart verprügelt hat. Ich weiß heute noch, wie die Räumlichkeiten dort aussahen und das ist geschmeidige über 45 Jahre her. Es ist über die Jahre aber deutlich verblasst. Naja, die körperlichen Erscheinungen und Spuren dieser Gewaltanwendung waren dann auch der Anlass, warum ich letztlich dann zu meinen Großeltern gekommen bin. Die hatten zwar alles andere vor als noch ein Kind großzuziehen (woraus auch vor allem mein alter Herr keinen Hehl gemacht hat), aber letztlich haben sie es dann doch getan.
Bis zur Schule ging dann soweit eigentlich alles ganz ok, Kindergarten war in Ordnung, aber ich sollte dann halt auf eine alternative Schulform (ohne Noten und so) und da ging dann das real erlebte und bewusst wahrgenommene Desaster eigentlich erst richtig los. Ich war als Kind hochbegabt und landete in einer Schulform, die wirklich keinerlei Möglichkeiten kannte, ein Kind auch mit Hochbegabung zu fördern und zu integrieren. Das heißt, dass "Fehlverhalten" wie zum Beispiel schon lesen und schreiben können vor der Schule mit Strafen statt mit Förderung behandelt wurden. Unterforderung, Bloßstellung, in der Ecke stehen, es gab Mahnbriefe an meine Großeltern, dass ich renitentes Kind nicht in der Lage sei, mich ordentlich in eine Gemeinschaft zu integrieren. Das Ganze mündete dann in (tatsächlich) Klassenkeile und dem großen Klassiker - die Tüte Süßigkeiten und alle waren Kumpels, Tüte leer, warste wieder der Arsch. Zum Glück habe ich mich damals hart körperlich gewehrt und gegen jeden weiteren Besuch der Schule schon als Kind massiv zur Wehr gesetzt, so dass ich dann letztlich doch auf einer Regelschule gelandet bin, die dann tatsächlich (vor allem aufgrund des hervorragenden Personals) in der Lage war, sowohl Förderung als auch gewusst angeschobene Integration in die Klassengemeinschaft zu ermöglichen. Das war dann auch die Sternstunde meiner Großmutter, die das zwar spät erkannt hat, dann aber gegen alle Widerstände durchgesetzt hat, dass ich die Schule wechsele. Das war übrigens seitens der Schule noch spannend - ich vermute, die hätten gerne noch einen gepflegten Exorzismus durchgeführt, damit meine vom Gehörnten besessene Seele Reinigung erfahren würde.
Nun gut.... der Rest der Grundschule und die Zeit auf der weiterführenden Schule waren dann eigentlich ok. Immer ein wenig Außenseiter-Dasein geführt, bewusst gegen Leistung gesträubt (weil Leistung für mich immer strafbewehrt war, siehe erste Schule). Zuhause war es aber natürlich nicht besser, da gab es dann Leistungsdruck ("Du kannst das doch, Du bist doch so intelligent, warum schreibst Du 'nur' Zweien und Dreien" und so weiter). Also auch wieder nicht sonderlich "behütet" im emotionalen Sinne.
Ich muss noch erwähnen, dass ich in meinem Onkel einen äußerst liebevollen "Ersatzvater" hatte, der allerdings natürlich auch nicht vollumfänglich bei mir war, der hatte ja sein eigenes Leben mit Frau und so. Allerdings kam dann kurz vor dem Abi der eigentlich komplette Super-GAU. Erst ist besagter Onkel verunglückt und wärend des Abis dann ist meine Mutter schwer erkrankt und verstorben.
So... also Ihr seht - der familiäre Werdegang war jetzt nicht zwingend mit Liebe ausgeschlagen. Aus der Familie gab es zwar psychsichen Druck, aber keine körperliche Gewalt, den Eindruck möchte ich hier nicht vermitteln. Aber...wie das so als Jugendlicher ist - inmitten diese schlimme Phase mit den Todesfällen gesellte sich dann auch das erste externe weibliche Wesen sozusagen. Also die Krankheit meiner Mutter und die erste feste Freundin fielen zeitlich fast zusammen, so dass ich zumindest mal in behüteten Händen nach dem Tod meiner Mutter sein sollte. Dachte ich, dachten alle. Aber das war ein Trugschluß. Besagte Dame hatte damals zwar die Möglichkeit, mich nach der Beerdigung meiner Mutter zu ihrer Familie in den Urlaub nachzuholen, aber... die Tage bevor ich dort ankam hat die Frau genutzt, um sich ne Urlaubsaffäre an Land zu ziehen. Das hat sie mir dann brühwarm serviert und den Urlaub habe ich mehr oder weniger alleine verbracht.
So und nun endlich kommen wir zum Punkt. Die Jahre nach dieser Phase waren noch hart gefüllt mit Erbschaftsangelenheiten, ich war irgendwie total lost in space, habe mich irgendwie durchgewühlt, gearbeitet, viel um die Häuser gezogen und.... ja, ich glaube auch so ziemlich einige Frauen enttäuscht, verletzt und mies behandelt. Der Kern ist aber, dass ich NIE losgezogen bin und vorsätzlich arschig war. Es war im Grunde immer das gleiche Schema - Du lernst jemanden kennen, findest die Person mindestens mal spannend und reizvoll und glaubst sogar selber: das könnte was werden. In den ersten Jahren konnte ich quasi den Wecker danach stellen, dass je nach Kontaktintensität die Sache nach etwa 8-12 Wochen langsam aber sicher immer weiter abkühlte. Die ersten paar Beziehungen sind alle so abgelaufen. Ich muss glaube ich nicht erwähnen, dass ich mich jedes Mal richtiggehend scheiße (sorry) gefühlt habe, weil natürlich suchst Du immer die Schuld bei so einem Verhalten bei Dir selber. Ich konnte einfach keine Nähe mehr zulassen und das ging soweit, dass Nähe richtiggehend körperliche Schmerzen verursacht hat (ich weiß nicht, ob man sich das vorstellen kann). Das war also die totale Zwangslage, eigentlich behandelt man seine Freundin nicht mit Distanz, ich wusste das in jeder Sekunde, konnte aber nicht so handeln wie ich das selber für richtig erachtet hätte. Danach stand jedes Mal auch die Trennung auf dem Programm.
Das Ganze ging dann einige Jahre so und es wurde allerdings dann auch irgendwann besser. Ich hatte dann eine langjährige Beziehung, aus der auch der erste Sohn resultierte. Die Frau war schon ziemlich gut, hat vieles abgefedert und auch meine Nähe-Aversion oft und lange hingenommen. Aber diese Aversion war trotzdem nicht weg. Nur eben gut abgefedert. Naja.... bis es dann auch wieder nicht mehr funktioniert hat. Die nachfolgende Beziehung (zweites Kind) fing eigentlich wie gehabt sehr vielversprechend an, aber da gab es dann ziemlich Differenzen nach einiger Zeit und auch den Umstand, dass auch die Frau mit Problemen zu kämpfen hatte, die ich wiederum dann einfach nicht kompensieren und verarbeiten konnte. Somit also wieder Status: Single. Inzwischen allerdings mit zwei Kindern.
Interessanterweise stelle ich fest, dass ich meinen Kindern gegenüber nur extrem selten diese Anwandlungen mit der Nähe habe. Natürlich will ich ihnen auch eine Kindheit mit Kuscheln und Nähe geben und ermöglichen. Ich hab bei beiden Kindern das Glück, dass der Umgang sehr regelmäßig da ist und ich glaube, dass vor allem die Kiddies auch einiges in mir bewegt und verrückt haben.
Es bleibt aber im Nachgang immer die Betrachtung, dass ich jahrelang immer auf der Suche war, auf der Suche nach Erklärung, Heilung, Abmilderung, was auch immer. Daher ja auch der Therapieansatz. Es stand vieles im Raum - Bindungsangst, natürlich Kindheitstraumata - aber wie ich schon schrieb: NDP gehörte in den ganzen Jahren nie zu meinem Vokabular, weil ich es schlicht nie gehört hatte.
Daher - ich habe jetzt sehr viel geschrieben, da sind intensive Dinge dabei und vielleicht trifft der/die ein oder andere ja auch Szenen, die Euch bekannt vorkommen, auf Verhaltensweisen und Emotionen, die Euch bekannt vorkommen. Wie seid Ihr damit umgegangen? Gibt es jemanden, der einen Schritt aus dieser Spirale heraus geschafft hat? Wenn ja - welche Wege seid Ihr gegangen?
Ich bin in der Tat sehr froh, dass es keine akute Situation gibt, somit habe ich keine Schuldlast auf mir, brauche micht nicht doof fühlen. Ich war und bin trotz der oben geschilderten Probleme nie ein pessimistischer Mensch, aufgeben war irgendwie nie im Spektrum der Möglichkeiten vorhanden. Eher "Abfinden mit der Situation". Aber manchmal kommt unverhofft ja oft und nun nutze ich einfach mal die Gelegenheit, hier weiter auf Erfahrungssuche und Austausch zu gehen.
Würde mich über die ein oder andere Erfahrung wirklich sehr freuen.
Danke Euch und einen schönen Abend erstmal .
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