Streit. Ich Weiss nicht mehr weiter.

[Ju7]

Hallo. Falls ich irgendwas falsch mache, dann bitte ich um Vergebung. Es geht jedenfalls nicht um Liebe sondern nur um normale Freundschaft.

Ich, 15, habe einen einzigen Freund (13, aus dem Ausland), der beinahe prorussisch ist. Und ich ein Patriot der Ukraine.

Das er prorussisch ist, war mir schon immer ein Dorn im Auge. Wir hatten darüber aber fast nie gesprochen.

Doch seit letzter Zeit schickt er mir. TikTok Videos wo Prorussen die Ukraine und insbesondere den Präsidenten Зеленський verhöhnen.

Da ich in diesem Gebiet ein "Experte" bin, alles über die Ukraine weiss und zur russischen Propaganda ebenso, versuchte ich ihm von diesem Gedanken abzubringen. Doch er hört mir nicht zu und verhöhnt weiter die ukrainische Regierung.

Sowas tut mir zutiefst im Herzen weh.

Und das hat heute ihren Höhepunkt erreicht. Er ist erfreut, daß Polen Streit mit der Ukraine hat, und sendete mir ein Video wo draufsteht dass Selenskij ein Geldwahnsinniger ist. DAS STIMMT ABER EINFACH NICHT!

Ich denke manchmal, die Freundschaft zu beenden, doch ich habe etwas Angst ihn zu verlieren.
Allerdings habe ich sowieso keine große Lust neue Freunde zu suchen, da ich manche Jahre glücklich ohne Freunde gelebt habe.

Im Moment habe ich zuletzt mit "Ich habe keine Worte mehr für dich." geantwortet.

Was müßte als nächstes passieren?
Soll ich das im Moment hinnehmen oder soll ich mich von ihn distanzieren. Und wenn er fragt, warum ich ihm lange nichts mehr geschrieben habe (habe das vor) soll ich ihm Bedingungen stellen für eine Wiederherstellung der Freundschaft? (dass er mindestens einbisschen proukrainischer sein soll)

Ich weiß einfach nicht mehr weiter und bin am Boden zerstört.

Danke!

 

[Admina Hira Eth]

Hallo Ju7,

du liest dich erstaunlich reif für einen Fünfzehnjährigen und mich erstaunt die inhaltlich politische Brisanz deiner Auseinandersetzung mit deinem noch jüngeren Freund. Mich erstaunt, gelinde formuliert, auch die sehr alt anmutende Aussage, du habest "manche Jahre glücklich ohne Freunde gelebt".

Ganz generell gilt: wir sind hier ein Beziehungskummerforum, Ju, das, wenn du dich ein wenig umschaust, sich auf Beziehungsprobleme konzentriert, die "anderer" Natur sind. Du beschreibst und erfasst es ja im Grunde schon:

Es geht jedenfalls nicht um Liebe sondern nur um normale Freundschaft.

Das heißt, du bist mit deinem freundschaftlichen Problem bei uns nicht wirklich gut aufgehoben. Wir sind außerdem kein politisch motiviertes oder engagiertes Forum. Das wiederum bedeutet, dass sich zum Inhalt der von dir beschriebenen Auseinandersetzung nicht geäußert werden würde; eine Positionierung wäre an diesem Ort fehl am Platze - dafür gibt es Räume, die weitaus besser geeignet sind, die eine oder die andere Richtung zu stützen oder zu diskutieren, wer falsch liegen könnte oder was richtig sein mag und was falsch.

Wenn ich das und meine mit deinem Post verbundenen Bedenken mal eben genauso beiseite schiebe wie die Fragen, die sich mir dazu noch stellen und einfach nicht weiter für mich wertend auf das eingehe, was du da schreibst, dann möchte ich dir folgendes mit auf den Weg geben:

Freundschaft lebt von einer gemeinsamen Basis und einem grundsätzlichen Gleichklang, nährt sich aber auch von Gegensätzlichkeit und Reibung. Alles in seiner Gesamtheit ist wichtig, um zu reifen, um wachsen zu können, um mehrere Perspektiven zu betrachten, Blickwinkel zu ändern. Eine Freundschaft kann ein Lebensbegleiter sein, aber auch nur ein Wegbegleiter. Alles ist offen, alles wandelbar. Und letztlich hat das seine Richtigkeit: auch eine vermeintliche Unendlichkeit ist endlich. Es gibt keine Bestandsgarantie.

Für sich selbst ist abzuwägen, was tiefer geht und Priorität hat: die Verbindung, die man zu dem anderen spürt oder der Ärger darüber, dass man in wichtigen Fragen des Lebens nicht konform geht und Wege auseinanderlaufen. Ist letzteres so stark, dass dadurch die Verbindung stirbt, wird wohl auch die Freundschaft eher nicht überleben können.

Deshalb:

Deine hier niedergeschriebene Frage

Was müßte als nächstes passieren?

...gehört an den Schluss. Die Antwort ist gleichlautend mit deiner für dich persönlich zu findenden Antwort auf die Frage, was für dich wichtiger ist, was Priorität hat, ob etwas in dir gestorben ist und ob es die Freundschaft war.

Es löst zugleich diese Frage auf; insbesondere dann, wenn du meinst, noch Zeit zu brauchen um zu ergründen, ob die Verbindung noch da und ob sie in der Abwägung zu allem andere das tiefere, wichtigere Element ist:

Soll ich das im Moment hinnehmen oder soll ich mich von ihn distanzieren.

Zu dem hier:

Und wenn er fragt, warum ich ihm lange nichts mehr geschrieben habe (habe das vor) soll ich ihm Bedingungen stellen für eine Wiederherstellung der Freundschaft?

...kann ich dir sagen, dass das Stellen von Bedingungen zur Wiederherstellung einer Freundschaft (oder generell einer Beziehung zu einem anderen Menschen) in aller Regel nicht funktioniert. Mindestens einer müsste sich verbiegen. Und Freundschaften / enge Beziehungen sollten, zumindest wäre das das Ideal, bedingungslos sein, weil man den Anderen um seiner selbst willen mögen sollte, auch mit seinen Fehlern und Makeln, und nicht (nur oder insbesondere) deswegen, weil er mit den eigenen Ansichten konform geht und ihn dann ablehnen, wenn er es nicht tut. Idealerweise ist es ein `Leben und Leben` lassen, ein `Geben und Nehmen`, die Akzeptanz der Andersartigkeit. Das - und das geht wohl nicht anders, weil man sonst nicht den Anderen, sondern sich selbst verbiegen würde - in einem selbst gesteckten und für einen selbst annehmbaren Rahmen (siehe oben).

Ein "Ich möchte nur dann Verbindung mit dir, wenn du das-und-das machst" ist selten gut und ebenso selten kann daraus etwas entstehen, das wirklich langlebig ist. Oder gute Wurzeln hat. Es wäre kein Gleichklang, keine Gleichordnung, wenn damit die Erwartung einer Unterordnung oder ganz generell eine Erwartung verbunden ist.

Das Finden eines Kompromisses der Freundschaft wegen wäre gut, nur kann man das nicht verlangen und schon gar nicht erzwingen. Einen Kompromiss muss ein jeder selbst finden wollen.

Ju - ich lasse deinen Beitrag hier noch ein bisschen stehen, werde das Thema aber aus den ganz oben in meinem Post schon genannten Gründen für weitere Kommentare schließen.

Wer oder was auch immer du sein magst oder werden wirst: ich wünsche dir für deine Zukunft nur das Beste!