Blue**81
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„Halt nicht fest, was du liebst, sondern lass es los. Wenn es wiederkommt, dann gehört es zu dir.“
Dieser Songtext von J. Oerding sollte mir Hoffnung geben durchzuhalten.
Aber dieses Loslassen, von dem alle reden, sein Leben wieder selbst in die Hand nehmen, fällt immer mal wieder schwer. Bauch sagt ja, Kopf nein. Und das kleine kaputte Ding dazwischen traut sich nicht zu Wort.
In dieser Situation bin ich auf dieses Forum gestoßen – als ich versucht habe, loszulassen, aber nicht wusste wie. Ich dachte, da muss es doch jemanden geben, der das alles auch durchmacht. Der versteht, nicht verurteilt, dass man einen vergebenen Mann liebt und ihn gerne bei sich haben und nicht mehr teilen möchte.
Somit war ich bis jetzt lange nur stille Mitleserin. Habe mitgelitten und mitgefiebert.
Und bin so beindruckt über den Zusammenhalt und den liebevollen Umgang, den es hier gibt; von dem Verständnis, der Unterstützung, den aufbauenden und auch mal direkten und ehrlichen Kopfwasch-Worten, die nichts beschönigen. Unglaublich schön!
Und dann habe ich irgendwann gedacht: Lass los. Kümmere dich vor allem erst mal wieder um dich selbst.
Wenn es so ein soll kommt es, wenn nicht, dann nicht. Lass ihn los. Du schaffst das.
Loslassen heißt hier ‚im Kopf‘ wohl bemerkt. Denn Kontakt hatten mein AM und ich seit einem halben Jahr nicht mehr wirklich. Im Grunde auch schon länger.
Und als dieser Prozess bei mir vor sich hin schritt und der Gedanke ans Loslassen eher Erleichterung als Angst in mir auslöste – wer erscheint da plötzlich wieder auf der Bildfläche? Genau. AM. Und nun ist der Zeitpunkt gekommen, hier nicht mehr nur still zu sein. Ich traue ich mich raus. Vielleicht schaut ihr zu. Und vielleicht schaut der ein oder andere von euch mehr als nur zu. Ich wäre sehr dankbar und würde auch gerne versuchen, euch etwas zurück zu geben.
Aber vielleicht besser erst mal zur Vorgeschichte.
Ich (heute 40, Single, nie verheiratet und keine Kinder) kenne meinen AM (Ex-AM? Ich bleibe jetzt mal bei AM, 51, über 20 Jahre verheiratet, 1 Tochter jetzt 20) schon lange durch die Arbeit.
Vor 5 Jahren sind wir durch eine Umstrukturierung von Abteilungen dienstlich ein Team geworden.
Sympathisch waren wir uns schon immer. Wenn wir mal zusammen in einem Raum waren, war das für uns mit einem angenehmen Gefühl verbunden. Für mich war es mehr nicht. Ich war immer in einer Beziehung und habe mich nie umschauen müssen. Er hatte schon ein Auge auf mich geworfen, sich aber besonnen, er wäre ja verheiratet. So ein Hirngespinst. Seine Worte. Nun ja…
Wir hatten aber nur sporadisch miteinander zu tun. Nun denn aber dann so gut wie täglich, da wir uns dienstlich eng miteinander abstimmen mussten.
Unsere anfangs fachlichen Gespräche wurden mit der Zeit immer persönlicher. Es war einfach unkompliziert, auf einer Wellenlänge, wir verstanden uns einfach super, irgendwann wurde es auch mal flirty. Aber ohne Absichten meinerseits zu dem Zeitpunkt. Vielleicht genoss ich einfach die Aufmerksamkeit. Oder seine Anwesenheit. Ich interpretierte damals nichts hinein. Es war einfach schön.
Wir sprachen über viele Dinge, nur nicht über unseren Beziehungsstatus. Er fragte nicht nach meinem. Ich wusste er hat eine Tochter. In meiner Welt bedeutet das aber nicht gleichzeitig, verheiratet zu sein (Scheidungskind seit ich 7 bin). Er trug auch nie einen Ring.
To shorten a long story….
Wir verliebten uns ineinander (und das passiert bei mir nie so schnell, ich denke, bis dahin hatte ich auch nie wirklich aus tiefstem Herzen geliebt). In einem Gespräch erfuhr ich dann, dass es nicht nur ein Kind, sondern auch eine Frau, also eine Familie gibt. Er dachte ich wüsste das.
Ein kläglicher Versuch meinerseits, mein Herz daraufhin zu verschließen, war chancenlos. Um mich war es schon lange geschehen merkte ich dann. Unsere Gefühle waren zu dem Zeitpunkt schon so groß, wie es bis dahin keiner von uns erlebt hat. Wir dachten, nichts könnte uns stoppen. Es musste einfach so sein. Schicksal. Endlich ankommen. Wir waren so glücklich, so verliebt, so voller Zuversicht.
Ich war zu diesem Zeitpunkt – und das aber auch schon lange vorher – so mit mir im Reinen. Fühlte mich so gut mit mir und in mir und in meinem Leben. Hatte eine Beziehung beendet, die ich schon viel früher hätte beenden sollen und mir selbst das Versprechen gegeben, nur noch aus vollem Herzen eine Beziehung mit jemandem zu führen, nicht nur, damit da jemand ist. Egal wie lange es dauern würde, egal wie alt ich dann wäre. Und ich fühlte mich so frei. Und ich war so überrascht, dass so schnell derjenige da war, mit dem ich mir das alles vorstellen konnte. Und das direkt vor meiner Nase. Ich konnte mein Glück kaum fassen. Ich hatte nie einen Zweifel daran, dass das alles gut für ausgehen wird. Sehr sehr sehr lange nicht. Trotz der Umstände.
Irgendwann – ihr könnt es euch denken – wollte ich natürlich mehr, Fortschritte sehen, die aber nicht kamen. Eher fühlte ich mich nach unseren fast täglichen Treffen bei mir in der Wohnung (natürlich nicht an Wochenenden…) nicht mehr gut, eher schmutzig. Es gab Stress, Tränen, Ängste. Streit. Es sollte doch voran gehen. Die Leichtigkeit verschwand immer mehr.
Im darauffolgenden Frühjahr tat sich endlich etwas. Er stand mit einer gepackten Tasche eines Abends vor meiner Tür, nur um am nächsten Tag, als ich von der Arbeit kam, zu sagen, er könnte das so nicht, er müsste das zuerst alles klären und wieder zurück ging.
Einen Monat später das Gleiche. Er blieb zwei Wochen – dann war er wieder weg.
Einige Wochen später der dritte Versuch. Und dieses Mal sah es so aus, dass wir endlich weiterkommen würden. Dass er es ernst meinte, daran habe ich nie gezweifelt. Bis heute nicht.
Ich stellte ihn meiner Familie vor. Sie mochten ihn. Er fühlte sich sichtlich wohl bei uns. Es fühlte sich wieder unbeschwert an. Und dieses Mal deutlich ernster.
Ein klärendes Gespräch in Richtung EF und der Tochter blieb jedoch aus.
Ich wurde immer ungeduldiger, immer unentspannter, immer fordernder, machte mehr und mehr Druck.
Ich hatte die Warnsignale ignoriert. Wollte es nicht wahrhaben. Wollte ihn doch endlich bei mir haben und unsere Liebe auch leben dürfen.
Am Ende war ich gar nicht mehr ich selbst. Es musste so kommen. In dieser Situation hätte ich an seiner Stelle auch keine solche Lebensentscheidung getroffen bzw. treffen können.
Er ging wieder zurück – leider an dem Tag der Hochzeit meiner Tante, auf der er mich dann hat stehen lassen mit den Worten, er könne das alles so nicht, es ist noch nichts geklärt, es wäre zu früh das alles.
Im Nachhinein verständlich. Trotzdem, mir hat es mir in diesem Moment komplett den Boden unter den Füßen weg und mich in ein tiefes Loch gerissen. Das wirkte sich dann auch beruflich auf mich aus, denn dort hatte ich ja nach wie vor mit ihm zu tun.
Ich wechselte die Abteilung – nicht nur seinetwegen, sondern wegen eines Angebots, dass ich nicht ausschlagen konnte. Ich konnte dem fachlichen Anspruch und dem enormen Druck meines Vorgesetzten in dem Moment aber nicht standhalten, konnte aber zum Glück irgendwann auf eine weniger anspruchsvolle Stelle wechseln.
Er ist bis heute bei seiner Familie geblieben. Wir trafen uns zwar weiter danach, aber etwas war zerbrochen. Der Kontakt wurde immer weniger. Ich versuchte, mich zu reparieren. Ich machte eine Therapie und ein Coaching, mit denen ich aber eher meine Probleme im Job in Angriff nahm. Über die Affäre reden konnte ich zu dem Zeitpunkt noch nicht. Ich sprach erst viel später mit Vertrauten darüber und merkte, wie gut es tut, darüber zu reden. Manchmal nur, um etwas loszuwerden. Manchmal, um auch mal einen anderen Blickwinkel aufgezeigt zu bekommen. Aber niemand, der das nicht mal selbst erlebt hat und durchmacht, versteht dich wirklich.
Loslassen konnte ich auch nie wirklich – und wollte ich ehrlicherweise auch nie, denn ich habe noch nie aufgehört an uns zu glauben.
Es kam Corona. Nicht gerade förderlich für so eine Konstellation. In dieser Zeit starben seine Eltern kurz nacheinander. Bei der Mutter habe ich ihm noch zur Seite gestanden. Von zu Hause hatte er keinen Beistand zu erwarten. EF gibt keinen Rückhalt. Man lebt nur noch nebeneinanderher. Und das Kind dient nach eigener Aussage nur noch als Ehekitt und hat diese Rolle auch ‚sehr gut‘ angenommen. Eine Trueman-Show.
Als der Vater starb, hatte wir keinen Kontakt. Ich erfuhr es nur zufällig durch Kollegen.
Er zog sich in dieser Zeit sehr zurück.
Irgendwann wollte er sich von sich aus mit mir bei einem Essen aussprechen. Einen Weg finden, wie wir es schaffen können, endlich zusammen zu sein. Sobald so ein Gespräch jedoch in die Tiefe ging, blockte er jedes Mal ab und zog sich zurück. Dieses Mal bat er um Aufschub auf ein weiteres Treffen, wo wir das Thema wieder aufnehmen würden. Ihm würde das jetzt zu viel werden. Ich fand es schön, dass er das so sagte – war es doch das erste Mal, dass er das ehrlich aussprach. Ein weiteres Treffen für diese Gelegenheit hat es jedoch nicht mehr gegeben.
Er verschob das Essen mehrere Male, beim letzten Mal eine halbe Stunde vor dem Treffen, da ihm ein dienstlicher Termin dazwischengekommen war (diesen gab es wirklich).
Darauf hin habe ich gecuttet. Mit den Worten „Wenn Du es nicht schaffst, die Voraussetzungen zu schaffen, dass wir zusammen sein können, dann musst du auf mich verzichten!“.
Das war letztes Jahr im Dezember. Am Heilig Abend das Jahr davor rief er mich noch an und sagte mir, dass seine Frau gesagt habe, sie müssten noch warten, bis das Kind in dem Jahr das Abi schafft, dann müssten Sie mal sehen, dass sie mal darüber reden, wie es mit ihnen weiter geht und wie sie das abwickeln können. Nichts dergleichen ist wohl passiert.
Einen Kontaktversuch zu Heilig Abend (letztes Jahr dann) und einen Anruf habe ich zum ersten Mal unbeantwortet gelassen. Seine Nummer sowie sämtliche Chats habe ich gelöscht. Bei zufälligen Begegnungen im Büro habe ich ihn ignoriert.
Und jetzt? Jetzt haben wir seit ein paar Wochen sporadisch Kontakt. Er besucht mich ab und zu im Büro (letzte Woche 3x). Ruft an (im Büro…). Es gab auch zwei sehr angenehme offene Gespräche, als wir ungestört waren. Es fühlt sich (noch) gut an. Angenehm. Und er hat nach wie vor Herzchen in den Augen. Nein, das bilde ich mir nicht ein. Natürlich genieße ich das.
Ich persönlich fühle mich inzwischen reifer. Vielleicht bin ich an den Situationen der letzten 5 Jahre gewachsen. Es fühlt sich so an. Ich bin wesentlich entspannter geworden, gefestigter, wieder geerdeter.
Wie es bei ihm aussieht, kann ich aktuell nicht wissen.
Was ich aber weiß ich, dass unsere Verbindung nach wie vor spürbar ist. Das spüren wohl auch andere. Ich wurde schon öfter darauf angesprochen – von wissenden und auch unwissenden Personen, die uns zusammen sehen. Auch jetzt noch.
Ach, es ist einfach so unglaublich schade, dass es kein Happy End für uns gab. Und wenn ich ehrlich bin, möchte ich ihn noch immer für uns gewinnen. Ich glaube trotz allen Widrigkeiten, dass wir zusammengehören. Ich kann nicht sagen warum. Es ist einfach ein Gefühl.
Was denkt ihr? Kann eine gewachsene Blue es noch einmal wagen, auf ihr Herz zu hören?
Und wenn die Chance kommt – helft ihr mir dabei?
Du liebe Güte, doch keine Short Story – und noch lange nicht alles erzählt. Also fragt mich gerne aus – sofern es jemand geschafft hat, bis zum Ende des Textes durchzuhalten…. Ich hoffe es sehr
Eure Blue
Dieser Songtext von J. Oerding sollte mir Hoffnung geben durchzuhalten.
Aber dieses Loslassen, von dem alle reden, sein Leben wieder selbst in die Hand nehmen, fällt immer mal wieder schwer. Bauch sagt ja, Kopf nein. Und das kleine kaputte Ding dazwischen traut sich nicht zu Wort.
In dieser Situation bin ich auf dieses Forum gestoßen – als ich versucht habe, loszulassen, aber nicht wusste wie. Ich dachte, da muss es doch jemanden geben, der das alles auch durchmacht. Der versteht, nicht verurteilt, dass man einen vergebenen Mann liebt und ihn gerne bei sich haben und nicht mehr teilen möchte.
Somit war ich bis jetzt lange nur stille Mitleserin. Habe mitgelitten und mitgefiebert.
Und bin so beindruckt über den Zusammenhalt und den liebevollen Umgang, den es hier gibt; von dem Verständnis, der Unterstützung, den aufbauenden und auch mal direkten und ehrlichen Kopfwasch-Worten, die nichts beschönigen. Unglaublich schön!
Und dann habe ich irgendwann gedacht: Lass los. Kümmere dich vor allem erst mal wieder um dich selbst.
Wenn es so ein soll kommt es, wenn nicht, dann nicht. Lass ihn los. Du schaffst das.
Loslassen heißt hier ‚im Kopf‘ wohl bemerkt. Denn Kontakt hatten mein AM und ich seit einem halben Jahr nicht mehr wirklich. Im Grunde auch schon länger.
Und als dieser Prozess bei mir vor sich hin schritt und der Gedanke ans Loslassen eher Erleichterung als Angst in mir auslöste – wer erscheint da plötzlich wieder auf der Bildfläche? Genau. AM. Und nun ist der Zeitpunkt gekommen, hier nicht mehr nur still zu sein. Ich traue ich mich raus. Vielleicht schaut ihr zu. Und vielleicht schaut der ein oder andere von euch mehr als nur zu. Ich wäre sehr dankbar und würde auch gerne versuchen, euch etwas zurück zu geben.
Aber vielleicht besser erst mal zur Vorgeschichte.
Ich (heute 40, Single, nie verheiratet und keine Kinder) kenne meinen AM (Ex-AM? Ich bleibe jetzt mal bei AM, 51, über 20 Jahre verheiratet, 1 Tochter jetzt 20) schon lange durch die Arbeit.
Vor 5 Jahren sind wir durch eine Umstrukturierung von Abteilungen dienstlich ein Team geworden.
Sympathisch waren wir uns schon immer. Wenn wir mal zusammen in einem Raum waren, war das für uns mit einem angenehmen Gefühl verbunden. Für mich war es mehr nicht. Ich war immer in einer Beziehung und habe mich nie umschauen müssen. Er hatte schon ein Auge auf mich geworfen, sich aber besonnen, er wäre ja verheiratet. So ein Hirngespinst. Seine Worte. Nun ja…
Wir hatten aber nur sporadisch miteinander zu tun. Nun denn aber dann so gut wie täglich, da wir uns dienstlich eng miteinander abstimmen mussten.
Unsere anfangs fachlichen Gespräche wurden mit der Zeit immer persönlicher. Es war einfach unkompliziert, auf einer Wellenlänge, wir verstanden uns einfach super, irgendwann wurde es auch mal flirty. Aber ohne Absichten meinerseits zu dem Zeitpunkt. Vielleicht genoss ich einfach die Aufmerksamkeit. Oder seine Anwesenheit. Ich interpretierte damals nichts hinein. Es war einfach schön.
Wir sprachen über viele Dinge, nur nicht über unseren Beziehungsstatus. Er fragte nicht nach meinem. Ich wusste er hat eine Tochter. In meiner Welt bedeutet das aber nicht gleichzeitig, verheiratet zu sein (Scheidungskind seit ich 7 bin). Er trug auch nie einen Ring.
To shorten a long story….
Wir verliebten uns ineinander (und das passiert bei mir nie so schnell, ich denke, bis dahin hatte ich auch nie wirklich aus tiefstem Herzen geliebt). In einem Gespräch erfuhr ich dann, dass es nicht nur ein Kind, sondern auch eine Frau, also eine Familie gibt. Er dachte ich wüsste das.
Ein kläglicher Versuch meinerseits, mein Herz daraufhin zu verschließen, war chancenlos. Um mich war es schon lange geschehen merkte ich dann. Unsere Gefühle waren zu dem Zeitpunkt schon so groß, wie es bis dahin keiner von uns erlebt hat. Wir dachten, nichts könnte uns stoppen. Es musste einfach so sein. Schicksal. Endlich ankommen. Wir waren so glücklich, so verliebt, so voller Zuversicht.
Ich war zu diesem Zeitpunkt – und das aber auch schon lange vorher – so mit mir im Reinen. Fühlte mich so gut mit mir und in mir und in meinem Leben. Hatte eine Beziehung beendet, die ich schon viel früher hätte beenden sollen und mir selbst das Versprechen gegeben, nur noch aus vollem Herzen eine Beziehung mit jemandem zu führen, nicht nur, damit da jemand ist. Egal wie lange es dauern würde, egal wie alt ich dann wäre. Und ich fühlte mich so frei. Und ich war so überrascht, dass so schnell derjenige da war, mit dem ich mir das alles vorstellen konnte. Und das direkt vor meiner Nase. Ich konnte mein Glück kaum fassen. Ich hatte nie einen Zweifel daran, dass das alles gut für ausgehen wird. Sehr sehr sehr lange nicht. Trotz der Umstände.
Irgendwann – ihr könnt es euch denken – wollte ich natürlich mehr, Fortschritte sehen, die aber nicht kamen. Eher fühlte ich mich nach unseren fast täglichen Treffen bei mir in der Wohnung (natürlich nicht an Wochenenden…) nicht mehr gut, eher schmutzig. Es gab Stress, Tränen, Ängste. Streit. Es sollte doch voran gehen. Die Leichtigkeit verschwand immer mehr.
Im darauffolgenden Frühjahr tat sich endlich etwas. Er stand mit einer gepackten Tasche eines Abends vor meiner Tür, nur um am nächsten Tag, als ich von der Arbeit kam, zu sagen, er könnte das so nicht, er müsste das zuerst alles klären und wieder zurück ging.
Einen Monat später das Gleiche. Er blieb zwei Wochen – dann war er wieder weg.
Einige Wochen später der dritte Versuch. Und dieses Mal sah es so aus, dass wir endlich weiterkommen würden. Dass er es ernst meinte, daran habe ich nie gezweifelt. Bis heute nicht.
Ich stellte ihn meiner Familie vor. Sie mochten ihn. Er fühlte sich sichtlich wohl bei uns. Es fühlte sich wieder unbeschwert an. Und dieses Mal deutlich ernster.
Ein klärendes Gespräch in Richtung EF und der Tochter blieb jedoch aus.
Ich wurde immer ungeduldiger, immer unentspannter, immer fordernder, machte mehr und mehr Druck.
Ich hatte die Warnsignale ignoriert. Wollte es nicht wahrhaben. Wollte ihn doch endlich bei mir haben und unsere Liebe auch leben dürfen.
Am Ende war ich gar nicht mehr ich selbst. Es musste so kommen. In dieser Situation hätte ich an seiner Stelle auch keine solche Lebensentscheidung getroffen bzw. treffen können.
Er ging wieder zurück – leider an dem Tag der Hochzeit meiner Tante, auf der er mich dann hat stehen lassen mit den Worten, er könne das alles so nicht, es ist noch nichts geklärt, es wäre zu früh das alles.
Im Nachhinein verständlich. Trotzdem, mir hat es mir in diesem Moment komplett den Boden unter den Füßen weg und mich in ein tiefes Loch gerissen. Das wirkte sich dann auch beruflich auf mich aus, denn dort hatte ich ja nach wie vor mit ihm zu tun.
Ich wechselte die Abteilung – nicht nur seinetwegen, sondern wegen eines Angebots, dass ich nicht ausschlagen konnte. Ich konnte dem fachlichen Anspruch und dem enormen Druck meines Vorgesetzten in dem Moment aber nicht standhalten, konnte aber zum Glück irgendwann auf eine weniger anspruchsvolle Stelle wechseln.
Er ist bis heute bei seiner Familie geblieben. Wir trafen uns zwar weiter danach, aber etwas war zerbrochen. Der Kontakt wurde immer weniger. Ich versuchte, mich zu reparieren. Ich machte eine Therapie und ein Coaching, mit denen ich aber eher meine Probleme im Job in Angriff nahm. Über die Affäre reden konnte ich zu dem Zeitpunkt noch nicht. Ich sprach erst viel später mit Vertrauten darüber und merkte, wie gut es tut, darüber zu reden. Manchmal nur, um etwas loszuwerden. Manchmal, um auch mal einen anderen Blickwinkel aufgezeigt zu bekommen. Aber niemand, der das nicht mal selbst erlebt hat und durchmacht, versteht dich wirklich.
Loslassen konnte ich auch nie wirklich – und wollte ich ehrlicherweise auch nie, denn ich habe noch nie aufgehört an uns zu glauben.
Es kam Corona. Nicht gerade förderlich für so eine Konstellation. In dieser Zeit starben seine Eltern kurz nacheinander. Bei der Mutter habe ich ihm noch zur Seite gestanden. Von zu Hause hatte er keinen Beistand zu erwarten. EF gibt keinen Rückhalt. Man lebt nur noch nebeneinanderher. Und das Kind dient nach eigener Aussage nur noch als Ehekitt und hat diese Rolle auch ‚sehr gut‘ angenommen. Eine Trueman-Show.
Als der Vater starb, hatte wir keinen Kontakt. Ich erfuhr es nur zufällig durch Kollegen.
Er zog sich in dieser Zeit sehr zurück.
Irgendwann wollte er sich von sich aus mit mir bei einem Essen aussprechen. Einen Weg finden, wie wir es schaffen können, endlich zusammen zu sein. Sobald so ein Gespräch jedoch in die Tiefe ging, blockte er jedes Mal ab und zog sich zurück. Dieses Mal bat er um Aufschub auf ein weiteres Treffen, wo wir das Thema wieder aufnehmen würden. Ihm würde das jetzt zu viel werden. Ich fand es schön, dass er das so sagte – war es doch das erste Mal, dass er das ehrlich aussprach. Ein weiteres Treffen für diese Gelegenheit hat es jedoch nicht mehr gegeben.
Er verschob das Essen mehrere Male, beim letzten Mal eine halbe Stunde vor dem Treffen, da ihm ein dienstlicher Termin dazwischengekommen war (diesen gab es wirklich).
Darauf hin habe ich gecuttet. Mit den Worten „Wenn Du es nicht schaffst, die Voraussetzungen zu schaffen, dass wir zusammen sein können, dann musst du auf mich verzichten!“.
Das war letztes Jahr im Dezember. Am Heilig Abend das Jahr davor rief er mich noch an und sagte mir, dass seine Frau gesagt habe, sie müssten noch warten, bis das Kind in dem Jahr das Abi schafft, dann müssten Sie mal sehen, dass sie mal darüber reden, wie es mit ihnen weiter geht und wie sie das abwickeln können. Nichts dergleichen ist wohl passiert.
Einen Kontaktversuch zu Heilig Abend (letztes Jahr dann) und einen Anruf habe ich zum ersten Mal unbeantwortet gelassen. Seine Nummer sowie sämtliche Chats habe ich gelöscht. Bei zufälligen Begegnungen im Büro habe ich ihn ignoriert.
Und jetzt? Jetzt haben wir seit ein paar Wochen sporadisch Kontakt. Er besucht mich ab und zu im Büro (letzte Woche 3x). Ruft an (im Büro…). Es gab auch zwei sehr angenehme offene Gespräche, als wir ungestört waren. Es fühlt sich (noch) gut an. Angenehm. Und er hat nach wie vor Herzchen in den Augen. Nein, das bilde ich mir nicht ein. Natürlich genieße ich das.
Ich persönlich fühle mich inzwischen reifer. Vielleicht bin ich an den Situationen der letzten 5 Jahre gewachsen. Es fühlt sich so an. Ich bin wesentlich entspannter geworden, gefestigter, wieder geerdeter.
Wie es bei ihm aussieht, kann ich aktuell nicht wissen.
Was ich aber weiß ich, dass unsere Verbindung nach wie vor spürbar ist. Das spüren wohl auch andere. Ich wurde schon öfter darauf angesprochen – von wissenden und auch unwissenden Personen, die uns zusammen sehen. Auch jetzt noch.
Ach, es ist einfach so unglaublich schade, dass es kein Happy End für uns gab. Und wenn ich ehrlich bin, möchte ich ihn noch immer für uns gewinnen. Ich glaube trotz allen Widrigkeiten, dass wir zusammengehören. Ich kann nicht sagen warum. Es ist einfach ein Gefühl.
Was denkt ihr? Kann eine gewachsene Blue es noch einmal wagen, auf ihr Herz zu hören?
Und wenn die Chance kommt – helft ihr mir dabei?
Du liebe Güte, doch keine Short Story – und noch lange nicht alles erzählt. Also fragt mich gerne aus – sofern es jemand geschafft hat, bis zum Ende des Textes durchzuhalten…. Ich hoffe es sehr
Eure Blue