Ich habe eine ganze Weile nur passiv mitgelesen und versucht, auf diese Weise meinen Entschluss zu stabilisieren, die Affärenbeziehung so, wie sie ist, zu akzeptieren. Es ging auch eine ganze Weile recht gut. Trotz der in den früheren Posts beschriebenen sexuellen Probleme waren unsere Treffen in aller Regel sehr innig, sehr schön, sehr nah. Gelegentlich haben wir es auch geschafft, "normal" miteinander zu schlafen. Trotzdem nagt in mir, dass es vielleicht doch meiner Ungeschicklichkeit, oder Unzulänglichkeit als Frau geschuldet ist, dass die Erektion ausbleibt oder nicht stabil ist.
Und er betont immer wieder, dass er mich liebt.
Wir hatten auch unser gemeinsames Wochenende - auch dies eine besondere Erfahrung, die unsere Verbindung noch gestärkt hat. Aber immer wieder breche ich ein in alte Abgründe, Bedürftigkeit und Verlassenheitsangst, vor allem dann wenn ich mich zurückgewiesen fühle. Vergangene Woche, als es wieder mit dem Geschlechtsverkehr nicht geklappt hat, da die Erektion nicht ausreichte, hatte er mich gefragt, ob ich mir nicht irgendwann einen anderen suchen würde, weil das zu bescheiden sei bzw. wegen seiner Erektionsstörungen. Ich habe ihm versichert, dass ich das nicht tun würde, und so innig wie nach diesem GEspräch waren wir selten zusammen....er sagte mir immer wieder, dass er mich liebe, konnte sich am folgenden Morgen kaum von mir lösen, obwohl er ja zur Arbeit musste, und ich war WIRKLICH SICHER, dass er mich liebt.
Aber in mir ist immer noch eine ungeheuere Bedürftigkeit, sodass ich manchmal für mich selbst regelrecht zum Minenfeld werde...wenn ich nur einen Hauch von Zurückweisung spüre, oder ein unklares Gefühl habe, dass er sich zurückzieht, ist innerlich Alarmstufe rot. Entgegen aller guten Vorsätze reagiere ich dann regelrecht panisch.
Wir treffen uns ein bis zweimal in der Woche, einmal davon unter der Woche mit Übernachtung, wobei wir dann beide früh raus müssen...auch gestern auf heute. Gestern Abend kam er - bzw. ich kam in meine Wohnung, er war schon da, da er einen Schlüssel hat - und entgegen unseres üblichen Rituals nur ein paar Küsse auf den Mund, keine innige Begrüßung mit langem Zungenkuss und Kuss auf den Hals...
Etwas in mir wurde regelrecht starr, im Kopf lief eine Suchmaschine ab: Was habe ich falsch gemacht. Hat er jetzt doch erkannt, dass ich nicht liebenswert bin. Ich habe versucht, mich selbst zu beruhigen, nach einem nächtlichen Spaziergang - auch das ein Ritual - haben wir zusammen zu Abend gegessen und intensive Gespräche geführt, vornehmlich über philosophische Themen, wie wir das zuweilen tun.
Seine Hand war fast die ganze Zeit streichelnd auf meinem Schenkel oder Knie, sodass ich etwas beruhigt. war.
Dann deutete er an, dass er jetzt zu Bett gehen will. Obwohl er sich nackt ins Bett legte, hat er auf meine Berührungen nicht reagiert, aber auch nichts dazu gesagt. Er legte den Arm um mich und so sind wir eingeschlafen...d.h. er ist eingeschlafen. Ich hatte eine schlaflose, panische Nacht. Warum wollte er keinen Sex, keine Zärtlichkeit. Ich war hellwach und regelrecht in Schockstarre.
Er war von Beginn des Abends an distanziert, kein Bedürfnis nach Zärtlichkeit, keine Erklärung. Auch nach dem Aufwachen...keine Annäherung von seiner Seite.
Das gab meinem inneren Aufruhr den Rest: Verlassenheitsangst, die mich sowieso ständig beherrscht, das Gefühl, nicht gut genug zu sein, als Mensch und Frau nicht liebenswert...und ich begann ihn regelrecht zu verhören: was denn los wäre, ob sich etwas verändert habe zwischen uns, ob ich etwas falsch gemacht habe, ob es nun doch zu bescheiden sei....ich konnte meine Angst und meine Sehnsucht einfach nicht beherrschen. Ich weiß, dass das sehr alte Baustellen sind, aber ich kann nichts gegen die Macht dieser Gefühle ausrichten.
Er sagte erstmal nicht viel...ein bisschen müde, ein bisschen Kopfschmerzen...ich bin dann aufgestanden, um mich fertig zu machen. Später hatte ich mich wieder halbwegs im Griff, pseudosouverän und humorvoll...dann wollte er reden. Er liebe mich.
Ich habe versucht, zu rationalisieren und sagte ihm, dass der Affärenstatus, diese "Beziehung auf geringfügiger Basis", mich empfindlicher mache, als das vielleicht sonst der Fall wäre. Dass ich einfach nicht wisse, wer oder was ich in seinem Leben sei. Dass das diese Beziehung nicht auf Augenhöhe stattfinde, dass ich kaum Möglichkeiten habe, sie mitzugestalten, dass ich auf seine Zuteilungen angewiesen bin. Er war verständnisvoll, er mache sich auch Gedanken... Dann sagte er etwas sehr Kryptisches: Für ihn sei wichtiger, dass ich ihn liebe, als seine Liebe zu mir. Er hat mich mehrfach sehr lange und sehr intensiv umarmt, auf den Hals geküsst, immer wieder: Ich liebe Dich. Und: Ich kann dich nicht traurig sehen.
Natürlich ist mir klar, dass das viel zu gewichtig war. Dass ich das, war er an mir schätzt, durch einen anderen Eindruck verzerrt habe. Jetzt geht es mir richtig schlecht, obwohl ich mein Verhalten bereue, weiß ich, ich hätte es anders nicht hingekriegt...gegen diese alte Verlassenheitsangst und Bedürftigkeit kann ich kaum je etwas ausrichten.
Eigentlich habe ich heute Nacht gedacht, ich beende das Ganze...paradoxerweise aus der Angst heraus, dass er mich verlässt. Um der quälenden Dauerunsicherheit, ob er mich noch liebt, zu entkommen. Um wenigstens halbwegs in Würde aus der Sache herauszukommen.
Nach einer Stunde habe ich mich heute bei der Arbeit abgemeldet, weil ich die Tränen nicht mehr zurückhalten konnte.
Jetzt schwanke ich irgendwo zwischen die Beziehung beenden und Angst vor dem, was von seiner Seite kommt, wie es weitergeht. Er hatte mir am Abend zuvor einen Ausflug am Samstag in Aussicht gestellt, zu dem wir uns beim Abschied dann nochmal verabredet haben.
Hat er nur gesagt, er liebt mich, um mich zu beschwichtigen.