Ihre Antwort:
"Hey, dir auch ein frohes neues Jahr von den anderen und mir.
Ich sagte ja, du kannst mir jederzeit schreiben. Schade, dass du es so empfindest. Jetzt folgt eine sehr lange Nachricht.
Auf ein paar Dinge gehe ich ein. Andere, die ich nicht ganz fair finde, werde ich, der Konstruktivität wegen, außen vor lassen. Ich hoffe, es hilft dir, manche Dinge ein bisschen besser zu verstehen oder gibt dir wenigstens etwas mehr Einblick auf meine Seite.
Ich bedauere sehr, dass du denkst, ich hätte die Beziehung einfach weggeworfen. Vor allem, weil es so überhaupt nicht war.
Damit du weißt, worauf ich mich jeweils beziehe, arbeite ich mit Zitaten.
„[...]aber wir hatten uns die letzten monate vor der trennung lediglich etwas seltener gesehen als davor und das ist grund genug für dich, eine beziehung, die vielleicht sogar deine erste richtige war, aufzugeben.“
Zum einen gab es ja mehr als einen Grund, warum es sich irgendwie auseinandergelebt hat (wenn das der richtige Begriff ist). Ich sehe es auch nicht als ein „lediglich“. Wir haben uns davor schon zu selten gesehen. Unser einziger Kontakt nebenher war stimm- und gesichtslos. Es war vorher schon zu wenig, um nicht immer wieder dieses Gefühls-Hin-und-Her bei mir auszulösen. Von daher ist es kein „lediglich“ etwas seltener. Für dich scheint das kein ausreichender Grund zu sein. Für mich ist das scheinbar wesentlich gravierender. Dass es meine erste richtige Beziehung war, kann ich so stehen lassen. Aber das macht sie halt leider nicht unantastbar.
„[...] zumal ich ja auch deutlich gemacht habe, dass ich ab dem sommersemester sehr flexibel bin und deshalb für das problem mit der fernbeziehung eine reale lösung bevor stand.“
Ja. Aber das war lange nicht so richtig klar. Es klang immer nach einem „Mal schauen was kommt.“ Zu der Zeit, als es dann klarer wurde, war das Kind einfach schon in den Brunnen gefallen.
Ich habe nie etwas relativiert oder andere Gründe angegeben. Ich habe die Situation so beschrieben, wie ich sie in dem Moment empfunden habe. Ich habe auch dazu gesagt, dass ich ziemlich im Nebel stehe und einiges selbst nicht ganz klar begreifen kann. Im Endeffekt hat die Distanz, die fehlende Klar- und Sicherheit meine Gefühle im Laufe der Zeit wahrscheinlich zumindest verändert. Es war mir aber in dem Moment alles nicht so ganz klar. Ich habe nur gespürt, dass ich irgendwie keine Nähe mehr zulassen kann, dass es sich nicht richtig anfühlt, dass ich mich entfernt habe und nicht zurück finde. Das ist nichts, was ich bewusst initiiert habe oder worauf ich aktiven Einfluss hatte. Aber in dieser Situation nutzt es dann auch nichts, an einem Status Quo festzuhalten. Das bringt nur noch mehr Erwartungsdruck in die Situation. „Es muss jetzt wieder gut werden.“ Das funktioniert doch nicht.
„ und falls man merkt, dass die distanz, die eigenen gefühle untergräbt, einem die beziehung aber trotzdem wichtig ist, versucht man doch alles, um einer weiteren distanzierung frühzeitig entgegen zu wirken“
Ich erinnere mich daran, dich oft gebeten zu haben, deine Hausarbeiten zu schreiben. Ständig nachgefragt zu haben, wie du vorankommst, bis du irgendwann mal sagtest, es würde dich stressen. Ab da hab ich es unterlassen. Ich wollte natürlich, dass du die Arbeiten schreibst, damit wir uns sehen können. Du hast es nicht und dann wurden die Wochen ohne Kontakt (oder mit absolut unzureichendem FB-Chat-Kontakt) immer mehr. Dass das ein Problem für mich ist, habe ich auch gesagt. Viel mehr entgegenwirken kann ich in der Situation ja nicht, außer zu sagen, dass du deine HAs schreiben sollst. Wenn du es dann nicht tust und sagst, dass du damit, wie wir uns sehen, klarkommst, vermittelt mir das auch nicht unbedingt eine Situation, in der ich mehr darauf drängen sollte. Grundlegend hatte ich ja schon gesagt, was mich belastet. Immer wieder, eigentlich. Ich glaube du hast vielleicht nur nicht verinnerlicht, dass diese Belastung auf Dauer, schleichend aber kontinuierlich, Gewicht gewinnt. Und wie krass es dann war, habe ich, wie schon mal gesagt, selbst lange nicht gemerkt. Ich war auch selbst überrascht an dem Wochenende, als du da warst. Aber woher hätte ich es vorher wissen sollen? Aus der Entfernung lässt sich so etwas nicht einschätzen.
Du fragst mich, warum ich so leichtfertig damit umgehe. Leichtfertig war es keinesfalls. Ich habe dir lange, lange vorher gesagt, dass ich mich emotional immer wieder entferne und erst annähern muss. Ich war unglücklich damit und habe es angesprochen. Es war kein „So, ich mag nicht mehr, ich beende das jetzt mal, Logan ist mir egal.“ Es war auch überhaupt nicht leicht. Und wärest du nicht so ein hervorragender Mensch, hätte ich nicht derart viel Wertschätzung für dich, hätte diese Konstellation niemals so lange funktioniert. Nur dadurch hab ich so lange versucht, auszuharren und die Zeit zu überbrücken. Aber es kann halt nicht alles ausgleichen. Und ich habe wirklich lang versucht, mir klar zu werden und keine Klarheit gesehen und gewartet und gehofft, dass die Situation eher besser wird als noch distanzierter. Von leichtfertig kann hier einfach nicht die Rede sein. Dass es dir so vorkommt, zeigt mir, dass du die Dinge, die ich angesprochen habe, wahrscheinlich wirklich nicht als das Problem wahrgenommen hast, als das ich es wahrgenommen habe. Du schreibst:
„es fühlt sich so an, als wäre dir die beziehung gar nichts wert gewesen, wenn nach knapp drei jahren zwei bis drei monate ohne größeren kontakt schon dazu führen, dass du aufgibst“
Erst einmal: Es ist absolut nicht so, dass unsere Beziehung mir gar nichts wert gewesen ist. Sie ist mir nach wie vor etwas wert. Du bist mir nach wie vor etwas wert. Ich wollte dich nicht raus aus meinem Leben haben, aber ich konnte diese Beziehung nicht mehr führen. Das entwertet meine Gefühle für dich nicht. Und es ist sehr, sehr schade, wenn du das so empfindest.
Den Satz, dass „zwei bis drei monate ohne größeren kontakt schon dazu führen“ dass ich aufgebe, finde ich krass. Ich schätze so eine lange Zeit würde ungefähr 90% der Menschen reichen. Man muss dazu nämlich eines sehen: Es ist nicht so, dass du zwei bis drei Monate bei einer Ausgrabung in Ägypten warst und ich wusste, danach kommst du wieder und wir sehen uns häufiger und alles ist Sunshine. Es war keine klar begrenzte Zeit. Es war ein Status, bei dem ich befürchtet habe, dass es so in der Art bleibt. Zwischenzeitlich hast du mal keine Hausarbeiten und mehr Zeit, und dann wird es sich wiederholen. Und ja, irgendwann wärest du vielleicht nach [ihre Stadt] gekommen. Aber bis dahin hat halt die Distanz schon das Fundament untergraben und spröde gemacht. Du sagst immer „lediglich“ und „nur“. Das war nicht lediglich oder nur. Das war wirklich ziemlich hart und ich war zu lange nicht glücklich damit. Das Resultat kam schleichend, ich hab es selbst nicht so genau wahrgenommen, bis es dann Überhand genommen hatte. Was ich wahrgenommen habe, habe ich eigentlich auch mit dir kommuniziert und wir hatten ein paar solcher Gespräche. Es scheint nur, du hast es nie als Bedrohung wahrgenommen.
Hierzu: „und ich denke auch, die sache mit der gemeinsamen zukunftsplanung (ehe, kinder etc.) war war keineswegs so aussichtslos wie du das dargestellt hast.“
Ich finde, du hast es – bis ganz zuletzt – selbst immer ziemlich aussichtslos dargestellt und gesagt ich solle dich abschießen, wenn ich diese Art von Zukunft will. Ja, am Ende hast du relativiert und etwas eingelenkt. Aber das, was du vorher gesagt hast, hatte bereits über längere Zeit seine Wirkung entfaltet und mein ganzes Fühlen beeinflusst.
Vielleicht wäre es nötig gewesen, dass ich dir klarer mache, wie sehr manche Dinge mich belasten. Auf der anderen Seite dachte ich, wenn ich mich über Situationen, die sich gerade einfach nicht ändern lassen, zu sehr beschwere, belaste ich die Beziehung nur zusätzlich und das wäre destruktiv. Und oft dachte ich auch einfach, ich hätte es klar genug gemacht. Wahrscheinlich war – bei uns beiden sogar - tatsächlich der Unterschied oft zu groß, zwischen dem, was gesagt, und dem, was verstanden wurde."