Nun stehe ich also auch vor dem Problem wie viele andere. Ich (40, m) wurde Anfang Juni von meiner Freundin (37) verlassen. Wir waren zu diesem Zeitpunkt über 16 Jahre zusammen und hatten die letzten 15 Jahre zusammen gelebt.
Wir haben keine Kinder, hielten es nie für nötig zu heiraten und haben uns gegenseitig stets unsere Freiheiten gelassen. Nicht falsch verstehen: wir waren uns immer treu. Wir hatten jeder unsere Hobbies, haben uns dabei unterstützt und uns mit dem anderen gefreut.
Seit 2005 haben wir unseren Sommerurlaub stets in Mecklenburg verbracht und uns in die Landschaft verliebt. Recht schnell fingen wir an, von einer gemeinsamen Zukunft inkl. eigenem Haus in diesem Bundesland zu träumen. Im Sommerurlaub 2011 fiel dann unsere Entscheidung. Innerhalb von 80 Tagen hatten wir zwei Jobs gefunden und ein Haus, an dem meine Freundin ihre beiden Ponys halten konnte. Die Umstände waren widrig, denn ein schwerer BSV bei mir hätte eigentlich operiert werden sollen (Ausfallerscheinungen). Das hätte unser "Projekt" aber gefährdet, und so habe ich mich mit KG durchgekämpft und konnte auf die OP verzichten. Jedoch ist viel Umzugsarbeit an meiner Freundin hängengeblieben. Im Dezember 2011 ist sie zuerst umgezogen, ich folgte im März 2012 aufgrund einer längeren Kündigungsfrist beim alten AG. Wir waren euphorisch wie kleine Kinder, weil wir uns endlich getraut hatten.
Wahrscheinlich nicht ganz unwichtige Zwischeninfo: das Haus gehört meiner Freundin, denn es steckt ihr Eigenkapital darin. Ich zahlte "nur" mit ab. Damit war für uns beide von Anfang an klar, wer ausziehen muss, sollte es zu einer Trennung kommen.
Rückwirkend glaube ich, dass ich zu lange gebraucht habe, um in der neuen Lebenssituation anzukommen. Ich hatte mir vor allem am Anfang sehr starken Druck im Job gemacht, weil ich auf keinen Fall riskieren wollte, die Probezeit nicht zu überstehen. Ich hatte einfach Angst, dass unser Traum platzen könnte, wenn ich meinen Job verliere. Die Folge war, dass sich meine Freundin in unserem neuen zu Hause im Stich gelassen fühlte. Sie hat zwar stets Wert darauf gelegt, dass die Tiere ihr gehören, aber sie war nun auch wieder mit der Arbeit allein.
Zu den beiden Ponys kam im Sommer 2012 ein drittes hinzu. Außerdem hatte meine Freundin 10 Freigänger-Katzen von einem Bauernhof aus unserem alten zu Hause mitgenommen sowie unsere 5 Wohnungskatzen. Zwei der Freigänger starben im Winter 2012/13, eine weitere Katze wurde im Frühjahr 2013 überfahren. Zu den 5 Wohnungskatzen kam im Sommer 2012 ein kleiner Kater hinzu und im Herbst eine kleine Katze. Eine Katzenhaarallergie, die mich nach Anschaffung der ersten Wohnungskatze vor fast 10 Jahren geplagt hatte, hat sich dank des "Dauerbombardements" im Lauf der Jahre gelegt. Allerdings machte der kleine Kater Probleme. Er begann, überall zu markieren (Fensterbögen, Vorhänge, die Holztüren im Haus, die Bettdecke im Gästezimmer, den Fernseher, die Wand oben vom Regal im Wohnzimmer aus, Heizkörper, usw.). Ich fand das alles andere als toll.
Es begann im Winter 2012/13 nun das, was man wohl gern als Teufelskreis bezeichnet. Ich wurde immer gereizter. Mal war ich euphorisch und gut gelaunt, weil wir diesen Schritt gemacht hatten, mal war ich niedergeschlagen, weil ich mich fragte, was ich von diesem Schritt eigentlich hatte. Meine Freundin kapselte sich immer stärker ab, ging ihrem Hobby nach (Reiten), begann Kontakte in der neuen Umgebung zu knüpfen und ging in ihrem Haus und Hof auf. Der neue Job ließ ihr mehr Freizeit als früher bei praktisch gleicher Bezahlung. Bei mir hatten sich die Rahmenbedingungen des Jobs hingegen verschlechtert, auch wenn die Arbeit an sich anspruchsvoller und spannender ist. Zeit für Sport blieb wenig, prompt stellten sich wieder Rückenbeschwerden ein. Um es kurz zu machen: ich ließ mich hängen. Ich merkte selbst, wie stark meine Stimmung schwankte, sprach aber mit meiner Freundin nicht darüber. Sex hatten wir noch maximal 1 x pro Woche, eher seltener.
All das spitzte sich an einem Wochenende zu, als wir meine Eltern besuchten. Wir übernachteten in einer Pension. Es war ein regnerischer Nachmittag, und wir kuschelten uns ins Bett. Meine Freundin wollte gern schlafen - nur leider nicht mit mir. Mal wieder. Ich wusste nicht mehr weiter. Wir hatten Zeit, es war hellichter Nachmittag, wir waren ungestört - aber es war klar: sie hatte keine Lust mehr auf mich. Ich wurde schweigsam und nachdenklich. Auf der Rückfahrt am übernächsten Tag sprachen wir kaum ein Wort. Am Abend folgte dann der gefürchtete Satz "Lass uns morgen mal reden".
In dem Gespräch erklärte sie mir dann, dass wir uns wohl beide verändert hätten. Vielleicht wäre der Schritt nicht der richtige für mich gewesen. Ich nahm meinen Mut zusammen und fragte sie, ob sie die Beziehung beenden wolle. Nein, dafür sei es noch zu früh. Auf meine Frage, was sich ändern müsse, antwortete sie, dass sie das nicht sagen könne. Aber so, wie es jetzt ist, will sie es nicht mehr. Vielleicht, meinte sie, müssten wir beide uns erst einmal darüber klar werden, was wir wollen. Ich sagte ihr, was mir seit dem am Vortag einsetzenden Dauergrübeln klar geworden war: dass ich mit ihr hier zusammen leben möchte. So gingen wir auseinander, aber mit einem Gefühl, als ob etwas offen geblieben wäre.
Mit Beginn des Frühlings sollte alles besser werden. Ich hatte mir vorgenommen, wieder mehr Sport zu treiben. Die Probezeit war längst erfolgreich überstanden, und ich hatte erkannt, dass ich mir meine Freiheit eben einfach nehmen muss. Ich begann, pünktlicher Feierabend zu machen und Rad zu fahren. Schon länger hatte ich mir vorgenommen, auf den Fichtelberg zu fahren, und begann, dafür zu trainieren. Später sagte mir meine Freundin, dass sie sich da zum ersten Mal seit langen wieder an mir gefreut hat. In der Garage begann ich, eine Mauer einzuziehen, um mir einen Teil als Hobbyraum abzuteilen. Zuvor hatte ich sie noch gefragt, ob wir die Steine nicht besser wieder verkaufen sollten. Nein, lachte sie, wir werden uns schon wieder zusammenraufen. Ich hatte noch nie vorher gemauert, und dafür sah die Wand recht gut aus. Das war Anfang Mai. Die Gründe, die zu meiner Gereiztheit im Winter geführt hatten, kamen mir so vor, wie sie sind: nichtig. Ich fing an, nicht nur die Probleme zu sehen, sondern das, was wir geschafft hatten. Wir unternahmen zwei Radtouren mit Freunden, und nach ein paar Wochen Pause schliefen wir auch wieder miteinander. Alles in allem hatte ich das trügerische Gefühl, wir seien auf einem guten Weg.
Am 1. Juni, dem Abend vor ihrem Geburtstag, wollte ich sie in den Arm nehmen. Sie wich aus, und ich fragte, was los sei. Sie fragte, ob wir es nicht einfach noch eine Weile so laufen lassen könnten. Wenn sie sich jetzt entscheiden müsste, hätte sie Angst, dass sie sagt 'Such dir eine Wohnung'. Natürlich war ich wie vom Donner gerührt. Ihr Geburtstag am folgenden Tag ging wie ein Tagtraum an mir vorbei, obwohl das Haus voller Gäste war. Am nächsten Morgen folgte dann die Aufforderung: 'Such Dir eine Wohnung'.
In den nun folgenden Wochen habe ich glaube ich kaum einen Fehler ausgelassen. Ich fuhr zwar ein paar Tage weg, schrieb ihr aber einen Brief und E-Mails. Ich versuchte ihr klarzumachen, wie wichtig sie mir ist und hatte natürlich die Hoffnung, sie umzustimmen. Ich suchte das Gespräch mit ihr, und sie hörte mir zu. Geredet habe aber nur ich. Oft hatte ich tagsüber das Gefühl, wenn ich nach Hause komme, müsse alles wie immer sein. Dann kam ich nach Hause, sah ihr Gesicht, merkte, wie verkrampft sie war und wie sehr sie mich ablehnte. Ein neuer Partner sei nicht im Spiel, aber ihre Gefühle für mich seien weg, und die könne man nicht erzwingen. Im Prinzip kam ich mir vor, wie der Störfaktor in ihrem perfekten Singleleben, und indirekt hat sie das so auch bestätigt.
Fast alle der folgenden Wochenenden verbrachte sie bei Freunden. Wochentags haben wir uns weiter von unserem Tag erzählt. Wir haben zusammen gefrühstückt und abends gegessen. Es wirkte manchmal fast schon gespenstisch, wie sehr wir versuchten, fair miteinander umzugehen. Ich versorgte die Ponys und Katzen, wenn sie weg war, obwohl sie meinte, das sei nicht mehr meine Aufgabe. Von der ersten passenden Wohnung bekam ich eine Absage, von meiner Freundin den Termin 1.9. für meinen Auszug. Ich kümmerte mich weiterhin so um alles, wie ich es mir vorgenommen hatte. Von ihr kam mehrmals die Frage, was ich mir davon verspreche und der Einwand, ich solle mir keine falschen Hoffnungen machen, es ginge doch weiter. Diese Hoffnung hatte ich da schon nicht mehr. Vielleicht würde sie als kleinen Nebeneffekt so aber zumindest merken, dass nach meinem Auszug auch etwas fehlt.
Da waren wir also fast 17 Jahre zusammen, hatten uns vor anderthalb Jahren in 700 km Entfernung zu unserem alten Wohnort unseren Lebenstraum erfüllt und waren nun innerhalb von 4 Monaten auseinander. Ich versuchte, sie innerlich abzulehnen und mir einzureden, dass jemand, der eine Trennung so knallhart durchzieht, nicht der richtige Mensch für mich sei. Ich fand eine Wohnung im Nachbarort und zog Anfang September dorthin. Gegenüber den eigenen vier Wänden natürlich ein Rückschritt, aber ein zu Hause, das mir erst einmal niemand wegnehmen kann.
Seit meinem Auszug habe ich keinen Kontakt zu ihr gehabt. Sie hatte mir Anfang September in einer SMS viel Spaß bei meiner Radtour im Erzgebirge gewünscht (ich bin von Karlsbad über den Klinovec nach Aue gefahren). Ich ließ die SMS unbeantwortet. Ende September wurde ich 40. Morgens lehnte an meinem Auto ein Geschenk von ihr. Es waren zwei Bücher. Eines über die Eisenbahn im Erzgebirge, meiner alten Heimat und ein altes Kinderbuch. Letzteres war in einem anderen Buch erwähnt worden, das wir beide in der Trennungsphase gelesen hatten. Ich bedankte mich freundlich und knapp per E-Mail.
Anfang Oktober habe ich ein paar Tage Kurzurlaub in der Sächsischen Schweiz gemacht. Ich bin auf dem Elberadweg gefahren, war in Tschechien, habe ein Ehepaar aus Australien getroffen, das mit dem Rad von Prag nach Dresden fuhr - kurz, es waren entspannte Tage. Mein Rücken macht dank der Radfahrerei so wenig Probleme wie seit der Zeit vor dem BSV nicht mehr. Aus der Sächsischen Schweiz habe ich ihrer Mutter ein kleines Andenken zum Geburtstag geschickt, obwohl sich ihre Mutter zu meinem Geburtstag nicht gemeldet hatte. Ich hatte zu ihrer Mutter aufgrund der räumlichen Trennung nie ein besonders inniges Verhältnis, habe aber großen Respekt vor ihrer Lebensleistung und wie sie vor einigen Jahren eine schwere Erkrankung gemeistert hat.
Im Haus befinden sich noch diverse Gegenstände, die ich demnächst abholen muss. Mir graut etwas davor, auch weil ich die Katzen dann wiedersehen werde. An den Wochenenden versuche ich, mir etwas vorzunehmen, damit mir die Decke nicht auf den Kopf fällt. Eine geplante Fahrt mit dem Heißluftballon ist bisher leider wetterbedingt nicht zu stande gekommen. Dafür habe ich mich zu einer Wanderung im Naturpark angemeldet. Neulich war ich zu einem Benefiz-Spinning für die "Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft".
Für alle, die bis hierher durchgehalten haben, eine kleine Pointe: beim letzten gemeinsamen Kinobesuch hatten wir Anfang des Jahres "Der Schlussmacher" gesehen. Gestern war ich zum ersten mal wieder allein im Kino. Film diesmal: "Da geht noch was".
Ich schaue nun mit etwas Abstand auf die Beziehung und auf die Trennung. Ich sehe, dass in unserer Beziehung nicht alles gut war, was ich für gut gehalten habe. Die Trennung selbst habe ich noch längst nicht verarbeitet. Ich merke aber, dass ich mich stärker fühle als gegen Ende der Beziehung. Ich fühle mich eigenständiger und vor allem entspannter. Man könnte auch sagen, mich schrecken Dinge nicht mehr, die mich noch vor einem Jahr in Panik versetzt hätten. Stress im Job? Was soll schon schlimmes passieren. Ich bin unabhängig.
Und trotzdem ist es so, dass ich die schönen Dinge, die wir hatten, und die ich hier nicht auch noch alle aufzählen konnte, vermisse. Immer wieder kommen die Erinnerungen hoch und das Gefühl, das wahrscheinlich jeder kennt: das kann es doch nicht gewesen sein. Nicht nach all den Jahren, nicht nach so einem Schritt. Dann wird das Verlangen groß, einfach die 4 km zu fahren und an die Tür zu klopfen. Dann kommt die Sehnsucht nach ihrer Stimme, wenn sie mit einem der Tiere spricht. Dann vermisse ich die Beiläufigkeit mit der sie Dinge erledigt, für die ich erst einen Plan angelegt hätte. Ich frage mich, wo die Leichtigkeit geblieben ist, mit der wir noch vor anderthalb Jahren innerhalb kurzer Zeit jeden Kompromiss finden konnten. Ich vermisse ihre Konsequenz, die nie barsch sondern immer gutmütig daherkam. Obwohl ich dieser Konsequenz wahrscheinlich verdanke, dass ich jetzt hier allein sitze. Und ich vermisse die Möglichkeit, das zu tun, was sie von mir in den letzten Monaten so sehr vermisst hat: gut und aufmerksam zu ihr zu sein. Und ja, ich träume von einem Neuanfang.
Wie gehe ich mit der KS um? Sollte ich sie unterbrechen, weil ja noch Dinge von mir im Haus sind oder wäre es besser zu warten, bis sie sich meldet?
Was mache ich zu Weihnachten? Ist ein klitzekleines Geschenk erlaubt?
Ist es eine gute Idee, sie irgendwann in meine Wohnung zu lassen? In der Trennungsphase hatte sie einmal gefragt, ob sie irgendwann sehen darf, wie ich lebe. Ich hielt es damals für besser, ausweichend zu antworten.
Wie verhalte ich mich, wenn sie mich um Hilfe bittet? Aus dem Bauch heraus hätte ich gesagt, ich mache mich rar ("ja, aber ich kann erst dann und dann und nur für maximal x Stunden, weil ...")
Und für alle in der gleichen Situation als Abschluss ein Satz aus "Nein und Amen" von Eva Zeller, der im Buch in anderem Zusammenhang fällt, mit dem aber eigentlich alles gesagt ist:
"Hoffnung, ein Wort, das spreizt sich, kräht und läuft geköpft noch weiter"
yourghost
Wir haben keine Kinder, hielten es nie für nötig zu heiraten und haben uns gegenseitig stets unsere Freiheiten gelassen. Nicht falsch verstehen: wir waren uns immer treu. Wir hatten jeder unsere Hobbies, haben uns dabei unterstützt und uns mit dem anderen gefreut.
Seit 2005 haben wir unseren Sommerurlaub stets in Mecklenburg verbracht und uns in die Landschaft verliebt. Recht schnell fingen wir an, von einer gemeinsamen Zukunft inkl. eigenem Haus in diesem Bundesland zu träumen. Im Sommerurlaub 2011 fiel dann unsere Entscheidung. Innerhalb von 80 Tagen hatten wir zwei Jobs gefunden und ein Haus, an dem meine Freundin ihre beiden Ponys halten konnte. Die Umstände waren widrig, denn ein schwerer BSV bei mir hätte eigentlich operiert werden sollen (Ausfallerscheinungen). Das hätte unser "Projekt" aber gefährdet, und so habe ich mich mit KG durchgekämpft und konnte auf die OP verzichten. Jedoch ist viel Umzugsarbeit an meiner Freundin hängengeblieben. Im Dezember 2011 ist sie zuerst umgezogen, ich folgte im März 2012 aufgrund einer längeren Kündigungsfrist beim alten AG. Wir waren euphorisch wie kleine Kinder, weil wir uns endlich getraut hatten.
Wahrscheinlich nicht ganz unwichtige Zwischeninfo: das Haus gehört meiner Freundin, denn es steckt ihr Eigenkapital darin. Ich zahlte "nur" mit ab. Damit war für uns beide von Anfang an klar, wer ausziehen muss, sollte es zu einer Trennung kommen.
Rückwirkend glaube ich, dass ich zu lange gebraucht habe, um in der neuen Lebenssituation anzukommen. Ich hatte mir vor allem am Anfang sehr starken Druck im Job gemacht, weil ich auf keinen Fall riskieren wollte, die Probezeit nicht zu überstehen. Ich hatte einfach Angst, dass unser Traum platzen könnte, wenn ich meinen Job verliere. Die Folge war, dass sich meine Freundin in unserem neuen zu Hause im Stich gelassen fühlte. Sie hat zwar stets Wert darauf gelegt, dass die Tiere ihr gehören, aber sie war nun auch wieder mit der Arbeit allein.
Zu den beiden Ponys kam im Sommer 2012 ein drittes hinzu. Außerdem hatte meine Freundin 10 Freigänger-Katzen von einem Bauernhof aus unserem alten zu Hause mitgenommen sowie unsere 5 Wohnungskatzen. Zwei der Freigänger starben im Winter 2012/13, eine weitere Katze wurde im Frühjahr 2013 überfahren. Zu den 5 Wohnungskatzen kam im Sommer 2012 ein kleiner Kater hinzu und im Herbst eine kleine Katze. Eine Katzenhaarallergie, die mich nach Anschaffung der ersten Wohnungskatze vor fast 10 Jahren geplagt hatte, hat sich dank des "Dauerbombardements" im Lauf der Jahre gelegt. Allerdings machte der kleine Kater Probleme. Er begann, überall zu markieren (Fensterbögen, Vorhänge, die Holztüren im Haus, die Bettdecke im Gästezimmer, den Fernseher, die Wand oben vom Regal im Wohnzimmer aus, Heizkörper, usw.). Ich fand das alles andere als toll.
Es begann im Winter 2012/13 nun das, was man wohl gern als Teufelskreis bezeichnet. Ich wurde immer gereizter. Mal war ich euphorisch und gut gelaunt, weil wir diesen Schritt gemacht hatten, mal war ich niedergeschlagen, weil ich mich fragte, was ich von diesem Schritt eigentlich hatte. Meine Freundin kapselte sich immer stärker ab, ging ihrem Hobby nach (Reiten), begann Kontakte in der neuen Umgebung zu knüpfen und ging in ihrem Haus und Hof auf. Der neue Job ließ ihr mehr Freizeit als früher bei praktisch gleicher Bezahlung. Bei mir hatten sich die Rahmenbedingungen des Jobs hingegen verschlechtert, auch wenn die Arbeit an sich anspruchsvoller und spannender ist. Zeit für Sport blieb wenig, prompt stellten sich wieder Rückenbeschwerden ein. Um es kurz zu machen: ich ließ mich hängen. Ich merkte selbst, wie stark meine Stimmung schwankte, sprach aber mit meiner Freundin nicht darüber. Sex hatten wir noch maximal 1 x pro Woche, eher seltener.
All das spitzte sich an einem Wochenende zu, als wir meine Eltern besuchten. Wir übernachteten in einer Pension. Es war ein regnerischer Nachmittag, und wir kuschelten uns ins Bett. Meine Freundin wollte gern schlafen - nur leider nicht mit mir. Mal wieder. Ich wusste nicht mehr weiter. Wir hatten Zeit, es war hellichter Nachmittag, wir waren ungestört - aber es war klar: sie hatte keine Lust mehr auf mich. Ich wurde schweigsam und nachdenklich. Auf der Rückfahrt am übernächsten Tag sprachen wir kaum ein Wort. Am Abend folgte dann der gefürchtete Satz "Lass uns morgen mal reden".
In dem Gespräch erklärte sie mir dann, dass wir uns wohl beide verändert hätten. Vielleicht wäre der Schritt nicht der richtige für mich gewesen. Ich nahm meinen Mut zusammen und fragte sie, ob sie die Beziehung beenden wolle. Nein, dafür sei es noch zu früh. Auf meine Frage, was sich ändern müsse, antwortete sie, dass sie das nicht sagen könne. Aber so, wie es jetzt ist, will sie es nicht mehr. Vielleicht, meinte sie, müssten wir beide uns erst einmal darüber klar werden, was wir wollen. Ich sagte ihr, was mir seit dem am Vortag einsetzenden Dauergrübeln klar geworden war: dass ich mit ihr hier zusammen leben möchte. So gingen wir auseinander, aber mit einem Gefühl, als ob etwas offen geblieben wäre.
Mit Beginn des Frühlings sollte alles besser werden. Ich hatte mir vorgenommen, wieder mehr Sport zu treiben. Die Probezeit war längst erfolgreich überstanden, und ich hatte erkannt, dass ich mir meine Freiheit eben einfach nehmen muss. Ich begann, pünktlicher Feierabend zu machen und Rad zu fahren. Schon länger hatte ich mir vorgenommen, auf den Fichtelberg zu fahren, und begann, dafür zu trainieren. Später sagte mir meine Freundin, dass sie sich da zum ersten Mal seit langen wieder an mir gefreut hat. In der Garage begann ich, eine Mauer einzuziehen, um mir einen Teil als Hobbyraum abzuteilen. Zuvor hatte ich sie noch gefragt, ob wir die Steine nicht besser wieder verkaufen sollten. Nein, lachte sie, wir werden uns schon wieder zusammenraufen. Ich hatte noch nie vorher gemauert, und dafür sah die Wand recht gut aus. Das war Anfang Mai. Die Gründe, die zu meiner Gereiztheit im Winter geführt hatten, kamen mir so vor, wie sie sind: nichtig. Ich fing an, nicht nur die Probleme zu sehen, sondern das, was wir geschafft hatten. Wir unternahmen zwei Radtouren mit Freunden, und nach ein paar Wochen Pause schliefen wir auch wieder miteinander. Alles in allem hatte ich das trügerische Gefühl, wir seien auf einem guten Weg.
Am 1. Juni, dem Abend vor ihrem Geburtstag, wollte ich sie in den Arm nehmen. Sie wich aus, und ich fragte, was los sei. Sie fragte, ob wir es nicht einfach noch eine Weile so laufen lassen könnten. Wenn sie sich jetzt entscheiden müsste, hätte sie Angst, dass sie sagt 'Such dir eine Wohnung'. Natürlich war ich wie vom Donner gerührt. Ihr Geburtstag am folgenden Tag ging wie ein Tagtraum an mir vorbei, obwohl das Haus voller Gäste war. Am nächsten Morgen folgte dann die Aufforderung: 'Such Dir eine Wohnung'.
In den nun folgenden Wochen habe ich glaube ich kaum einen Fehler ausgelassen. Ich fuhr zwar ein paar Tage weg, schrieb ihr aber einen Brief und E-Mails. Ich versuchte ihr klarzumachen, wie wichtig sie mir ist und hatte natürlich die Hoffnung, sie umzustimmen. Ich suchte das Gespräch mit ihr, und sie hörte mir zu. Geredet habe aber nur ich. Oft hatte ich tagsüber das Gefühl, wenn ich nach Hause komme, müsse alles wie immer sein. Dann kam ich nach Hause, sah ihr Gesicht, merkte, wie verkrampft sie war und wie sehr sie mich ablehnte. Ein neuer Partner sei nicht im Spiel, aber ihre Gefühle für mich seien weg, und die könne man nicht erzwingen. Im Prinzip kam ich mir vor, wie der Störfaktor in ihrem perfekten Singleleben, und indirekt hat sie das so auch bestätigt.
Fast alle der folgenden Wochenenden verbrachte sie bei Freunden. Wochentags haben wir uns weiter von unserem Tag erzählt. Wir haben zusammen gefrühstückt und abends gegessen. Es wirkte manchmal fast schon gespenstisch, wie sehr wir versuchten, fair miteinander umzugehen. Ich versorgte die Ponys und Katzen, wenn sie weg war, obwohl sie meinte, das sei nicht mehr meine Aufgabe. Von der ersten passenden Wohnung bekam ich eine Absage, von meiner Freundin den Termin 1.9. für meinen Auszug. Ich kümmerte mich weiterhin so um alles, wie ich es mir vorgenommen hatte. Von ihr kam mehrmals die Frage, was ich mir davon verspreche und der Einwand, ich solle mir keine falschen Hoffnungen machen, es ginge doch weiter. Diese Hoffnung hatte ich da schon nicht mehr. Vielleicht würde sie als kleinen Nebeneffekt so aber zumindest merken, dass nach meinem Auszug auch etwas fehlt.
Da waren wir also fast 17 Jahre zusammen, hatten uns vor anderthalb Jahren in 700 km Entfernung zu unserem alten Wohnort unseren Lebenstraum erfüllt und waren nun innerhalb von 4 Monaten auseinander. Ich versuchte, sie innerlich abzulehnen und mir einzureden, dass jemand, der eine Trennung so knallhart durchzieht, nicht der richtige Mensch für mich sei. Ich fand eine Wohnung im Nachbarort und zog Anfang September dorthin. Gegenüber den eigenen vier Wänden natürlich ein Rückschritt, aber ein zu Hause, das mir erst einmal niemand wegnehmen kann.
Seit meinem Auszug habe ich keinen Kontakt zu ihr gehabt. Sie hatte mir Anfang September in einer SMS viel Spaß bei meiner Radtour im Erzgebirge gewünscht (ich bin von Karlsbad über den Klinovec nach Aue gefahren). Ich ließ die SMS unbeantwortet. Ende September wurde ich 40. Morgens lehnte an meinem Auto ein Geschenk von ihr. Es waren zwei Bücher. Eines über die Eisenbahn im Erzgebirge, meiner alten Heimat und ein altes Kinderbuch. Letzteres war in einem anderen Buch erwähnt worden, das wir beide in der Trennungsphase gelesen hatten. Ich bedankte mich freundlich und knapp per E-Mail.
Anfang Oktober habe ich ein paar Tage Kurzurlaub in der Sächsischen Schweiz gemacht. Ich bin auf dem Elberadweg gefahren, war in Tschechien, habe ein Ehepaar aus Australien getroffen, das mit dem Rad von Prag nach Dresden fuhr - kurz, es waren entspannte Tage. Mein Rücken macht dank der Radfahrerei so wenig Probleme wie seit der Zeit vor dem BSV nicht mehr. Aus der Sächsischen Schweiz habe ich ihrer Mutter ein kleines Andenken zum Geburtstag geschickt, obwohl sich ihre Mutter zu meinem Geburtstag nicht gemeldet hatte. Ich hatte zu ihrer Mutter aufgrund der räumlichen Trennung nie ein besonders inniges Verhältnis, habe aber großen Respekt vor ihrer Lebensleistung und wie sie vor einigen Jahren eine schwere Erkrankung gemeistert hat.
Im Haus befinden sich noch diverse Gegenstände, die ich demnächst abholen muss. Mir graut etwas davor, auch weil ich die Katzen dann wiedersehen werde. An den Wochenenden versuche ich, mir etwas vorzunehmen, damit mir die Decke nicht auf den Kopf fällt. Eine geplante Fahrt mit dem Heißluftballon ist bisher leider wetterbedingt nicht zu stande gekommen. Dafür habe ich mich zu einer Wanderung im Naturpark angemeldet. Neulich war ich zu einem Benefiz-Spinning für die "Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft".
Für alle, die bis hierher durchgehalten haben, eine kleine Pointe: beim letzten gemeinsamen Kinobesuch hatten wir Anfang des Jahres "Der Schlussmacher" gesehen. Gestern war ich zum ersten mal wieder allein im Kino. Film diesmal: "Da geht noch was".
Ich schaue nun mit etwas Abstand auf die Beziehung und auf die Trennung. Ich sehe, dass in unserer Beziehung nicht alles gut war, was ich für gut gehalten habe. Die Trennung selbst habe ich noch längst nicht verarbeitet. Ich merke aber, dass ich mich stärker fühle als gegen Ende der Beziehung. Ich fühle mich eigenständiger und vor allem entspannter. Man könnte auch sagen, mich schrecken Dinge nicht mehr, die mich noch vor einem Jahr in Panik versetzt hätten. Stress im Job? Was soll schon schlimmes passieren. Ich bin unabhängig.
Und trotzdem ist es so, dass ich die schönen Dinge, die wir hatten, und die ich hier nicht auch noch alle aufzählen konnte, vermisse. Immer wieder kommen die Erinnerungen hoch und das Gefühl, das wahrscheinlich jeder kennt: das kann es doch nicht gewesen sein. Nicht nach all den Jahren, nicht nach so einem Schritt. Dann wird das Verlangen groß, einfach die 4 km zu fahren und an die Tür zu klopfen. Dann kommt die Sehnsucht nach ihrer Stimme, wenn sie mit einem der Tiere spricht. Dann vermisse ich die Beiläufigkeit mit der sie Dinge erledigt, für die ich erst einen Plan angelegt hätte. Ich frage mich, wo die Leichtigkeit geblieben ist, mit der wir noch vor anderthalb Jahren innerhalb kurzer Zeit jeden Kompromiss finden konnten. Ich vermisse ihre Konsequenz, die nie barsch sondern immer gutmütig daherkam. Obwohl ich dieser Konsequenz wahrscheinlich verdanke, dass ich jetzt hier allein sitze. Und ich vermisse die Möglichkeit, das zu tun, was sie von mir in den letzten Monaten so sehr vermisst hat: gut und aufmerksam zu ihr zu sein. Und ja, ich träume von einem Neuanfang.
Wie gehe ich mit der KS um? Sollte ich sie unterbrechen, weil ja noch Dinge von mir im Haus sind oder wäre es besser zu warten, bis sie sich meldet?
Was mache ich zu Weihnachten? Ist ein klitzekleines Geschenk erlaubt?
Ist es eine gute Idee, sie irgendwann in meine Wohnung zu lassen? In der Trennungsphase hatte sie einmal gefragt, ob sie irgendwann sehen darf, wie ich lebe. Ich hielt es damals für besser, ausweichend zu antworten.
Wie verhalte ich mich, wenn sie mich um Hilfe bittet? Aus dem Bauch heraus hätte ich gesagt, ich mache mich rar ("ja, aber ich kann erst dann und dann und nur für maximal x Stunden, weil ...")
Und für alle in der gleichen Situation als Abschluss ein Satz aus "Nein und Amen" von Eva Zeller, der im Buch in anderem Zusammenhang fällt, mit dem aber eigentlich alles gesagt ist:
"Hoffnung, ein Wort, das spreizt sich, kräht und läuft geköpft noch weiter"
yourghost