Nähe-Distanz-Problem, Depression und schließlich Trennung

JanS

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Hallo zusammen!
Nach reichlichem Überlegen, möchte ich nun doch meinen eigenen Beitrag schreiben. Zwar habe ich aus Wolfgangs Texten und der Beiträgen anderer UnserInnen schon viel für mich ziehen können, aber vielleicht kann auch meine Geschichte jemandem Aufschluss geben. Vielleicht hat jemand hilfreiche Worte für mich, aber mit Sicherheit hilft mir das Aufschreiben selbst.
Ich warne euch schonmal vor - es wird ein langer Text.
Die Kurzform ist immer noch lang und lautet so: Ich (38) habe sie (32) vor 2 Jahren in der Schweiz kennengelernt, wo ich damals als Hirt arbeitete. Unsere Geschichte begann sehr schnell, mit leidenschaftlichem Sex und intensiven Gesprächen. Aus geplanten 3 Tagen, wurden 2 Wochen, von denen wir eine nur zu zweit auf dem Berg waren.
Darauf folgte eine Fernbeziehung über 800km, in die wir beide gleich viel investiert haben. Wenn ich bei ihr war, gab sie mir, augenscheinlich ungewollt, das Gefühl, ein Fremdkörper in ihrem dortigen Leben zu sein. Sie vermied es merklich, mich mit ihren Freunden in Kontakt zu bringen. Wenn sie bei mir war, war das ganz anders. Sie war ausgelassener und genoss, dass es stets ein kleiner Urlaub war, mit mir. Ich integrierte sie schnell in mein Umfeld, Freunde und Familie.
Den folgenden Sommer arbeitete sie einen Monat lang mit mir auf der Alp in der Käsküche. Circa 2 Wochen vor ihrem Arbeitsbeginn (ich war schon einen Monat oben), brach sie den Kontakt ab und schrieb nur noch sporadisch. Nette Nachrichten konterte sie mit sarkastischem Unterton. Ich dachte mir, okay fuck it, vielleicht habe ich da zu viel Erwartungen rein gelegt und weil ich schon seit 13 Jahren zur Alp gehe, bin ich gut geübt darin, mein Kopfkino zu beherrschen, wenn es um Spekulationen geht, was die Partnerin wohl so macht, während im Tal der Sommer sein bezauberndes Lied spielt und ich auf dem Berg Kühe rumschubse.
Als ich sie am Bahnhof abholte, war alles wie vorher. Knutsch - Umarmung - tiefer Blick in die Augen, später machte sie sich ein bisschen lächerlich über meine "Hysterie". Der Monat auf der Alp war die längste Zeit die wir am Stück miteinander verbrachten. Die Kontrolle über Nähe und Distanz lag dabei bei ihr. Ich konnte damit umgehen, aber es störte mich, dass Sex nur dann statt fand, wenn sie es "forderte", gleichzeitig hasse ich aber auch nichts mehr, als wenn Frauen Sex aus Verlegenheit geben, das fühlt sich reudig an. Also gab ich mich damit zufrieden, dass Sex nur bei starkem Verlangen statt findet.
Ein Jahr später kam die erste "Trennung". Sie sagte damals, wir wären zu verschieden und eigentlich wollte sie gar keine Beziehung und schon erstrecht keine Fernbeziehung und müsse nachdenken. Ich entgegnete auf ihre Aussage, dass sie tun muss, was sie für richtig hält und ich sie nicht aufhalten werde. Ich würde allerdings auch nicht traurig in meinem Kämmerchen sitzen und warten, bis sie sich entschieden hat.
3 Wochen später stand sie plötzlich mit einem wirklich süßen, gebastelten Geschenk bei mir und wollte mich zurück. Wir führten ein langes Gespräch, in dem hauptsächlich ich die Aufgabe übernahm, das Reflektierte in Worte zu fassen. Anschließend landeten wir in der Kiste und alles war wieder "gut".
Das ging dann ein paar Wochen ganz gut, bis ich sie in ihrer Stadt besuchte. Der erste Abend war super schräg. Eine seltsame Kühle, fast Arroganz ging von ihr aus. Es endete jedoch in innigem, heißem Sex. Am nächsten Morgen war sie wortkarg und schwer lesbar. Wir gingen spazieren, sie sprach kaum und hatte ständig nasse Augen. Schließlich wollte ich mit Nachdruck wissen, was da jetzt eigentlich im Busch ist. Sie sagte, sie glaube ich interessiere mich nicht für sie, sei nur auf mich selbst fixiert und nehme das, was von ihr kommt nicht an - alles unter Tränen. Ich verstand überhaupt nicht, woher sie diese Gewissheit nahm, erklärte mich kurz, was ihr nicht genügte. Schließlich entstand Stille. Ich sagte: "Okay, ich bin den weiten Weg gekommen, um mir so ein seltsames Verhalten und Aussagen, die ich nicht nachvollziehen kann, zu geben. Eigentlich habe ich dafür keine Zeit, deshalb werde ich jetzt nach hause fahren" , bin aufgestanden und ohne zurück zu blicken, abgezogen. Von ihr habe ich nur einen herzzerreißenden Schrei gehört. In ihrer Wohnung haben wir uns kurz nochmal getroffen, weil ich meinen Krempel dort holen musste. Sie sagte, unter diesen Umständen könnte sie nicht mit mir zusammen sein. Ich: Okay, dann halt nicht - such dir nen anderen Depp, der das mitmacht.
Es folgten via Chat ein paar Schlagabtäusche, in denen sie mich schließlich als Narzist "entlarfte", woraufhin ich den Kontakt erstmal abbrach.
3 Wochen später rief ich sie an, wir waren uns einig, dass wir beide komplett dumm sind. Ich bin damals auf das Thema Bindungsangst gestoßen und habe ihr ein paar Texte dazu verlinkt. Außerdem habe ich das Buch "radikale Zärtlichkeit" gelesen und war danach überzeugt, dass ich aus patriarchalen Prägungen heraus vorschnell mit Überlegenheitsgehabe gehandelt habe. Wir waren uns einig, dass wir beide vermeidende Strategien angewendet haben, um die Beziehung zu sabotieren.
Ich fuhr zu ihr, wir tranken Bier, handelten neue Standarts aus (viel feministisches Geschwurbel inklusive), hatten Sex undsoweiter.
Ab diesem Zeitpunkt änderte sich die ganze Beziehung. Wir telefonierten stundenlang, waren per Chat in ständigem Austausch, haben Sexting und Videosex und alle mögliche Grütze praktiziert. Die Initiative lag dabei auf ihrer Seite. Das hatte teilweise seltsame Dynamiken. Die erotischen Chats und Videochats brachen teilweise mittendrin ab, weil sie irgendwo hin musste, oder sonstwas. Ich versuchte das mit einem Schulterzucken anzunehmen. War ja primär neu und witzig für mich.
Obwohl ich den sehr leidenschaftlichen Sex sehr genoss, sagte mir mein Bauchgefühl, dass da irgendwas nicht passt. Ich habe deshalb versucht, unser beider Erregung etwas besser unter Kontrolle zu halten, weil mir manchmal dachte, wir "ficken" eigentlich eher, anstatt "Liebe zu machen". Das hat viel verändert, was wir beide als positiv empfanden. Zur besseren Vorstellung: Ich steckte also lieber lange in ihr, anstatt möglichst schnell zum Orgasmus hin zu arbeiten. Das baute eine schier unermessliche Energie auf. Wir genossen die körperliche Verbindung, die von einer krassen Spannung begleitet war, die kaum im Zaum zu halten war. In dieser Zeit gestanden wir uns auch zum ersten Mal unsere Liebe und bauten eine starke Verbundenheit auf allen Ebenen auf. Gleichzeitig stieg das Begehren ins Unermessliche.
Allerdings endete diese Phase und wir landeten wieder beim kopflosen Rausch.
Die Fortsetzung beinhaltet die letzte Trennung, die nun schon 2 Monate zurück liegt und evtl. meine Analyse dieser für mich immer noch schwer zu integrierenden Achterbahnfahrt.
Also Fortsetzung folgt...
 

Anariel

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Lieber Jan, da ist er ja, dein eigener Strang. Ich war wirklich dankbar für deine Antwporten in meinem Thread und es war echt traurig, dass deine Beiträge dann gelöscht wurden... auf die letzten konnte ich gar nicht mehr eingehen.

Hast das Ganze jetzt natürlich mit einem kompletten Cliffhanger beendet :) Ich warte mal auf die Fortsetzung.
 

JanS

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Hi Anariel,
Danke, kann ich auch zurück geben. Ich schaffe es vermutlich nicht, die gleichen Worte noch einmal zu schreiben, aber sobald ich mir meinen Shit von der Seele geschrieben habe, werde ich mich bei dir wieder involvieren, sofern du nicht eh schon drüber hinweg und glücklich bist. Ich hoffe du hast es vor dem Löschen lesen können. Leider lese ich nie die Gebrauchsanweisung von irgendwas vorher. So war es leider auch hinsichtlich der Depression, sonst hätte ich voraus sehen können, wie sich das hoch schaukelt und schließlich damit endet, dass die Depressive sich allen emotionalen Überforderungen entledigt.

...also die Fortsetzung. Ende April verloren ich und meine Peergroup unser Haus. Es wurde abgerissen und wir (Acht Leute) mussten raus. Am letzten Tag haben wir noch eine Hochzeit gefeiert (nicht unsere eigene). Sie war dabei - es war einfach perfekt. Wir sind den ganzen Tag in meinem Bus abgehangen, haben Champagner getrunken, gekokst und gevögelt. Wie man das halt so macht - manchmal. Alles war gut (in meinem Sinn).
Ich musste anschließend ziemlich viel arbeiten, weil ich den Sommer über weg wollte, ans Meer. Das habe ich ihr mitgeteilt. Es war mein erster Sommer nicht auf dem Berg, den ich in vollen Zügen auskosten wollte. Ich habe sie eingeladen, sofern es sich mit ihrer Abschlussarbeit verbinden lässt, den August gemeinsam zu verbringen. Zu schreiben, zu reden, das Leben auszuschöpfen, denn ich schreibe auch gerade an meiner Abschlussarbeit. Sie ist darauf nich eigegangen, hat mir aber einige zeit später mitgeteilt, dass sie sich für eine Sommerakademie im August angemeldet hat - Okay schade. In der gleichen Zeit begann das mit ihren depressiven Phasen. Eines Tages rief sie mich an, um 11 Uhr, immer noch im Bett. Sie sagte, sie wäre unfassbar traurig und wüsste nicht, warum. Wir unterhielten uns, ich sagte ihr, ich kenne die Depression aus meinem Umfeld ein wenig, aber ich bin kein Spezialist und kann ihr nur "die Hand halten", also habe ich den ganzen Tag mit ihr im Videochat verbracht. Sie sagte, dass hätte sie abgelenkt von ihren dunklen Gedanken und bedankte sich. Am nächsten Tag wieder gute Stimmung. Viele Herzchen und nette Worte.
Die Tatsache, dass sie mit ihrer Arbeit nicht voran kommt, frustriert sie allerdings hart.
einige Tage später, die gleiche Situation. Ich legte ihr mit Nachdruck nahe, zu ihrer Ärztin zu gehen und eine Therapeutin aufzusuchen, was sie eigentlich schon nach unserer letzten Trennung tun wollte, da sie damals Mechanismen in sich erkannt hat, die sie von früher kannte. Das tat sie dann auch.
In einer dieser Phasen äußerte sie mal wieder Zweifel an der Beziehung. Sie wüsste nicht, woher das kommt, aber es ist alles so unsicher mit mir. Ich sagte: " Gut, das passiert wohl hin und wieder bei dir - keine Ahnung woher das kommt. Wir haben über alles geredet, du kennst mich, du weißt worauf du dich einlässt: Ich werde kein 0-8-15 Leben anstreben. Du musst dir darüber klar werden, ob du das willst, oder nicht. Denk drüber nach und melde dich, wenn du Gewissheit hast, denn mir raubt es Energie, diesbezüglich in einer ständigen Prüfungssituation fest zu stecken. Außerdem finde ich es bedenklich, dass du dich für die Sommerakademie anmeldest, obwohl du weißt, dass ich gerne mit dir <La vida loca> leben würde, wenn ich schonmal NICHT z'Alp bin."
Ehrlich gesagt weiß ich auch nicht, was an meinem Leben unsicher sein soll. Ich bin finanziell unabhängig, seit ich von zuhause ausgezogen bin. Ich hab vieles ausprobiert und war immer gut darin, aber selten zufrieden, hab mich nach der Ausbildung erst spät für ein Studium entschieden und baue mir nebenher eine Selbstständigkeit auf. Aber klar - einen Bausparvertrag und 9 to 5 Job habe ich nicht, sondern ich tingel seit April mit meinen Mitbewohnerinnen in einer Karawane aus 5 Fahrzeugen im Land herum und suche nach einer biologischen Nische für uns. Das ist aus meiner Sicht total riskant und riskante Sachen macht nur, wer entweder dumm, oder mutig ist. Und dumm bin ich nicht. Mut, Geschick und Glück sind doch Sicherheit genug, oder kann man das anders sehen?
6 Stunden später (früher als erwartet!) rief sie an und offenbarte mir, dass sie auf jeden Fall mit mir zusammen sein will und dieses Leben gut findet. Sie fügte hinzu, dass sie eigentlich immer davon ausging, sich eines Tages in ein gemachtes Nest zu setzen und "gut is", aber so eine Frau will sie eigentlich nicht sein. Dieser Satz, also die erste Hälfte, war so ein harter Downer für mich, weil ich sie nicht so eingeschätzt habe. Das hätte eigentlich DIE rote Flagge für mich sein müssen, aber die Erinnerung an ihren toller Hintern und ihre schönen Augen, und überhaupt dieser ganze tolle Mensch mit seiner Wärme, Intelligenz und aahhhhhhch hat mich geblendet und ich habe darüber hinweg gesehen.
So weit so gut. Zwei Tage später holte ich sie von der Bushaltestelle ( :-D ) ab und wir fuhren an den See, hatten Sex im Mondschein, warfen uns die süßesten Worte an den Kopf und ich war im siebten Himmel, da ich dachte sie hätte ENDLICH, nach 2 Jahren "Ja" zu dieser Beziehung gesagt und wir könnten jetzt voll durch starten (wie auch immer ich mir das vorgestellt habe).
Zurück in ihrer Stadt schickte sie mir einen Screenshot, dass sie ihr WG-Zimmer für August untervermietet, damit wir "Zeit zusammen verbringen können". Ich war der glückliste Mann der Welt.
So. Falls jemand immernoch folgt: Respekt und vielen Dank. Das wird doch ein gottverdammter Dreiteiler. Das nächste Mal erfahren sie, wie es zum Untergang dieser Liebe kam und vielleicht auch, was danach geschah. Stay tuned!
 

Venette

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Huhu. Themen zu psychischen Instabilitäten lese ich auch gerne mit.

Also deine wot verfolge ich auch mal. Kann man vieles spannendes heraus ziehen und fühlt sich nicht so allein.

Wie mein Ex immer sagte: die Psyche kann so mächtig sein - und am Ende hat sie unsere Beziehung zerstört.
 

Anariel

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Wow. Wie ein Fortsetzungsroman hier, vor allem, weil du auch sehr unterhaltsam schreibst - wenn der Hintergrund nur nicht so tragisch und ätzend und traurig wäre. Auf jeden Fall kann ich mich gut reinfühlen in deine Geschichte, auch wenn dein Leensentwurf und deshalb wohl auch Beziehungsentwurf schon recht anders ist als die meisten, von denen man hier im Forum liest. Bis hierhin finde ich tatsächlich, dass einerseits deine Exfreundin sich innerlich sehr zerissen anhört - einerseits wegen der Depression, aber andererseits auch einfach, weil sie sich offenbar besser auf dich einlassen konnte als auf dein Leben...
Andererseits klingst du ziemlich abgeklärt und konsequent - nicht nur in deinem Post, sondern auch in deinem Verhalten ihr gegenüber. Stellst du das hier wegen des Rahmens ein bisschen verkürzt dar, oder ist es wirklich so, dass du bei ihrem Hin- und Hergerissensein und ihren Zweifeln wirklich schon innerhalb weniger Stunden damit reagiert hast, dass du dir das nicht geben musst und sie selber klarkommen soll? Das ist einerseits wirklich recht konsequent, aber auch ziemlich nach Selbstschutz.
 

JanS

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Hallo danke euch, für die Anteilnahme und danke für die Blumen! Ich werde weiter hin versuchen, euch gut zu unterhalten. Interessant, dass du die Zerissenheit schon rauslesen kannst. Ich bin mir nicht sicher, ob sie sich auf meinen Lebensstil nicht auch einlassen konnte. Ich empfinde es im Nachhinein fast umgekehrt, denn an meinem Leben hat sie mehr teilgenommen, als ich an ihrem (sie ließ mich ja auch nicht wirklich), aber vielleicht eher wie eine Touristin. So Jochen Schweizer mäßig...
Meinen Beziehungsentwurf habe ich stets offen gehalten. Sie hat zwar ab und an davon gesprochen, nach ihrem Abschluss zu mir zu ziehen, aber ich habe ihr diesen Floh nicht ins Ohr gesetzt, sondern eher die Position vertreten, dass sie ihre Karriere vorn anstellen sollte, da ich mich so ziemlich an jeden Lebensumstand anzupassen vermag, aber das ist auch schon die Überleitung zum eigentlichen Hauptthema, was dann auch zu deiner Frage, Anariel, passt, ob es mir immer gelungen ist, meine Standarts derart schnell und konsequent darzulegen, denn bis dahin kann ich das klar mit 'ja' beantworten. Aber leset und sehet selbst, wie meine Werte und Grenzen zu brökeln beginnen:
Nach unserem übertrieben romantisch leidenschaftlichen Wochende am See folgte ein regelrechtes Bombardement aus Liebesgeständnissen, in einer E-Mail, einem riesigen Papierherz mit unseren Initialien darauf per Post und vielen Chatnachrichten. Ich habe versucht, darauf angemessen zu reagieren, war aber hauptsächlich davon hingerissen, endlich den Stress des permanenten Kampfes auf einer Wackelposition ein Stück weit zurück fahren zu können und Ressourcen für mein anderes Leben frei zu bekommen. Ich war auf dem Sprung zu einem meiner wichtigsten Jobs, auf einem Festival, wo ich meine fancy Deko installieren wollte. Das ist relativ anstrengend, weil lange Tage, Hitze, Lärm, schlechte Ernährung. Zwischendrin hatte ich noch eine mündliche Prüfung abzulegen und mein Scheitern bildet den Auftakt zur finalen "Katastrophe".
Schon bevor ich diese Prüfung versemmelt habe, merkte ich, dass die Schussfrequenz der Liebesbekundungen langsam wieder abklingt. Was an sich nicht so schlimm ist. Frauen, habe ich gelernt, sind anscheinend auch in der Standartversion sehr zyklisch. Allerdings setzte auch ein bekanntes Muster wieder ein, wo auch meine eigenen emotionalen Zuwendungen nur mit kurzen, eher ironischen, wenn nicht gar zynischen Kommentaren beantwortet wurden. Das ging soweit, dass ich, als ich mein Bedauern über die verkackte Prüfung (v.a. die damit einhergehende Herablassung der Prüferin) äußerte, nur flappsig ein: "Na dann machst du's halt nochmal" von ihr als Trost erhielt. Später versuchte sie mich anzurufen, weil ihr vielleicht bewusst wurde, wie ungleich ihre Reaktion im vergleich zu meiner ist, wenn sie ihrerseits Kummer äußert. Ich war aber beleidigt und habe den Anruf ignoriert bin mit meiner Peergroup 2 oder 3 Bier trinken gegangen, hab die Scheiße runtergeschluckt. Ich dachte mir, ich mach das lieber mit mir selber aus - wie ein Mann.
Am nächsten Morgen haben wir telefoniert. Ich hab mein Innenleben kurz geschildert, sie musste dann weg, aber ich sah, wie sehr sie sich mein "Leid" zu Herzen genommen hat.
Am Abend kam noch meine gute Freundin vorbei und ich hab mich ein bisschen ausgekotzt bei ihr, wie einseitig diese Beziehung manchmal ist und wie unfassbar anstrengend dieses ständige Performen ist. Ich hätte gerne eine Komplizin, als Frau, die mir den Rücken stärkt, anstatt ständig meine Schwächen zu fokussieren. Dabei muss ich anmerken, dass es mir nicht im geringsten etwas ausmachte, ihre sich anbahnende Depression mit durch zu stehen. Jeder, der schonmal selbst in dieser Rolle war, weiß, wie kräftezerrend das sein kann. Aber manchmal hätte ich mich einfach gerne zurück gelehnt und Sicherheit, Zuwendung und Verbundenheit genossen. Wie in weicher duftender Watte. Kurz fühlte es sich so an, aber meistens war es ein Tanz auf heißen Kohlen.
Normalerweise kam jeden Morgen eine "Guten Morgen mein Herz", oder irgend sowas schnuckeliges , aber das endete ab diesem Tag. Später fragte ich, ob alles in Butter ist, aber sie antwortete, es ginge ihr nicht gut gerade, ein am vorangegangenen Tag stattgefundenes Therapiegespräch hätte wohl irgendwas aufgewühlt. Das hat sie öfter mal gesagt. Ich habe nie weiter nachgefragt, was denn da genau aufgewühlt wird, denn irgendwie denke ich nachwievor, dass ich das nicht wissen muss. Wenn sie's erzählen will, okay, aber lieber versuche ich den Menschen im "Jetzt" kennen zu lernen.
Schlecht. Aber mein Tag war stressig, anstrengend und wir haben uns nicht geschrieben.
Am folgenden Tag begann das Festival. Viele Freunde, extra aus weiter ferne angereist, waren da und ich wollte die Früchte meiner Arbeit genießen.
Ich rief sie an, sie war in einem desolaten Zustand. Ich fragte, ob ich sie einfach per Videocall über das Gelände mitnehmen soll, ob ihr das Linderung verschafft. Das ging dann mehrere Stunden so. Meine Freunde haben sich schon gefragt, ob ich irgendwie dumm bin, weil ich, wie so ein Instagramm-Kasper ständig mein Handy im Anschlag hatte.
Schlussendlich beendete sie das Ganze, mit einem Dankeschön und des Ansage, dass sie ein bisschen versuchen wird, runter zu kommen.
Am nächsten Tag übernahm ich die Rolle der "Guten Morgen mein Schnuckelputzelchen"- Nachricht - ich dachte, das würde sie aufmuntern. Sie reagierte normal und setzte mich darüber in Kenntnis, dass sie heute ein bisschen raus gehen wird und das Handy zuhause lässt, weil sie sonst ständig dran hängt und das tut ihr nicht so gut. Verstehe ich voll. Alles klar.
Später telefonierten wir noch. Ich war in 100% Partystimmung und grölte ins Telefon, dass sie die scheiß Depression überwinden wird und danach ein noch tollerer Mensch sein wird. Total sinnvoll vermutlich.
Noch später schrieb ich ihr, dass ich die Welt auch ganzschön scheiße finde manchmal und irgendwie verbindet uns das. Auch sehr schlau von mir.
NOCH SPÄTER verlor ich mein Handy und war total wütend, weil es sich anfühlte, als hätte ich meine Freundin irgendwo verloren. Hab's dann aber wieder gefunden.
Der nächste tag war komplett beschissen. Meine Laune schlecht, sie quasi dicht.
Ich schrieb dann noch: Okay, ich merke, du brauchst gerade Zeit für dich. Ich lass dich mal und frag auch nicht ständig wie's dir geht, damit du dir nicht immer eine Antwort überlegen muss.
Sie fand das überaus verständnisvoll und versprach, hin und wieder ein Update zu schicken.
So vergingen glaube ich, nichtmal 24 Stunden und in meinem Kopf lief alles Amok. Ich war nach fast 2 Wochen Festival maßlos übermüdet und verkatert.
Direkt im Anschluss ans Festival musste ich für einen anderen Job nach Hamburg heizen. Auf dem Weg schickte ich die ein oder andere Nachricht, die sie nicht las. Was neu war. Später teilte sie mir mit, dass sie auf einem Vortrag über Rechtsradikalismus war und nicht antworten konnte. Ich frage, ob ich am Wochenende kommen soll. Sie will es sich noch überlegen. Nach einigen Stunden: Ja, ich will dass du kommst.
Irgendwann schrieb ich, dass ich irgendwie nicht verstehe, was hier gerade passiert und erhielt darauf hin : "Nichts! Nicht überinterpretieren! Ich muss zurück zur Arbeit."
Ich fand das ungewohnt pampig, also rief ich an. Sie teilte mir mit, dass sie unter extremen Hochs und Tiefs bezüglich ihrer Gefühle für mich leidet. Sie weiß nicht warum, aber es macht sie wahnsinnig, sodass sie nicht mehr weiß, wo oben und unten ist. Sie hält diesen Zustand nicht mehr aus und sieht, wie sehr ich darunter leide. Ich fragte, warum das so sei. Ich würde es so gerne wissen. Aber sie konnte es nicht erklären und sagte, sie möchte im Moment keinen Kontakt mit mir und ich solle am besten auf mich selbst schauen. Sie überlegt, ob sie zu ihren Eltern fahren soll.
Ich war da schon ziemlich wütend, enttäuscht und sagte mein Kommen für das Wochenende ab, was sie mit einem erleichterten ja quittierte. Ich war pampig und legte vorzeitig auf, weil mein Kollege schon von einem Fuß auf den anderen tippelnd an der Zapfsäule wartete und in meinen Adern das Blut hoch kochte. "Ich ruf dich an, wenn wir in Hamburg sind - ja bitte fahr sofort zu deinen Eltern!"
Ab späten Abend telefonierten wir. Das sogenannte Trennungsgespräch. Aber das muss ich jetzt bedauerlicherweise in einen vierten Teil packen, damit es spannend bleibt.
 

JanS

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Runde IV ! Der vierte Teil ist immer Schrott. Wie bei StarWars.
Ich hoffe ihr habt euch nicht schon aufregenderen Sachen zugewendet. Das artet hier in einen Teilzeitjob aus.
Ich befinde mich gerade auf der Rückreise aus meinem leider weitaus weniger als erhofft fulminanten Sommerurlaub. Ich habe alles gegeben, was nicht viel war, aber der Urlaub war trotzdem ein Blindgänger. Leber kaputt, Lunge kaputt, Konto leer, Herz immer noch gebrochen. Nein - sooo schlimm ist es nicht.
Meine maximale Reisegeschwindigkeit beträgt 70km/h, bei einer zurückzulegenden Gesamtstrecke von rund 1300 Kilometern. Diese Begebenheit verschafft mir ungesund viel Gelegenheit zum Nachdenken - besser gesagt Grübeln. Die Grübelei wollte ich eigentlich sein lassen, aber die Auseinandersetzung mit der Trennung, die hier statt findet, holt etwas hervor, was sich wie ein Trauma anfühlt. In die selbe Kerbe schlägt auch die Tatsache, dass ich mich nur wie im Nebel an die Details des Trennungsgespräches Nr.1 erinnere. typisch.
Aus meinem YouTube-Studium "Traumaarbeit für die Handtasche" weiß ich, dass es nicht unbedingt heilsam ist, zur Bearbeitung von Trauma-Folgen eine Retraumatisierung herbei zu führen. Nichtsdestotrotz werde ich mich an dieser Stelle der Gefahr eines Rückfalls aussetzen. Genau genommen ist es schon geschehen. Ich fühlte mich heute Nachmittag fast so elend, wie in den ersten Wochen nach der Trennung. Wenns und Danns spuken durch meinen Kopf. Hoffnung streckt lockend ihre Finger nach mir aus, aber sie stinken naiv! Selbstzweifel nagen an meinem mühsam zusammengeschusterten Hanisch.

Es fällt mir nicht ganz leicht, die Erinnerungen aus unserem ersten (es gab noch ein zweites) Trennungsgespräch hier auf zu schreiben. Das Internet vergisst nicht, aber diese Dinge sind sehr intim. Auch in den vorangegangenen Texten habe ich manches weggelassen, weil es mir unsportlich erschien, sowas zu schreiben. Auch wenn das hier anonym ist, so möchte ich nicht die Würde dieses Menschen zur Schau stellen. Dennoch möchte ich versuchen, die natur der Inhalte wesensgerecht wieder zu geben.

In Hamburg angekommen rief ich sie an. Sie wirkte weitaus gefasster. Trennungsgründe wurden genannt: Die Enfernung, die Ungewissheit, sie würde ja zu mir ziehen, aber was wenn's nicht funktioniert mit uns, sie möchte nicht emotional so abhängig sein blablabla - Standart und (!) "aber das alles isses nich" -vorallem ist da dieses Gefühlschaos, das aus ständigen Zweifeln herrührt.
Ich: Was für Zweifel?
Sie: Ich weiß, die Zweifel sind unbegründet und wir haben ja auch schon oft darüber geredet und mir ging's danach besser, aber sie kommen immer wieder.
Ich: Zum Beispiel?
Sie: Ich will dir das eigentlich nicht sagen, weil ich dich nicht verletzen will.
Ich: Sag's bitte trotzdem
Sie: Gestern war ich doch auf dem Vortrag und danach hab ich mich gefragt, ob du vielleicht rechtsradikal bist.
Ich: Okay - bin ich nicht. Eher linksradikal. Ich glaube an die universelle Liebe zwischen uns Menschen. Was noch?
Sie: Weißt du noch, neulich, da lagen wir gemeinsam im Bett und hatten Sex. Das Licht war nicht an (das einzige Mal dass wir ohne Licht an Sex hatten : Anmerkung des Verfassers). Da hatte ich so seltsame Fantasien und Bilder von dir, die mir Angst gemacht haben.
Ich: Ja, ich erinnere mich. Das war schräg.
Sie: Ich weiß, diese Ängste sind unbegründet, aber ich kann sie nicht unterdrücken
Ich: Kann es sein, dass es dir an Urvertrauen fehlt? Ich wünsche mir nur Gutes für dich.
Sie: Ich weiß, aber ich habe das Gefühl verrückt zu werden. Ich halte diese gefühle nichtmehr aus.
Ich: Das enttäuscht mich. Ich wusste schon immer,dass du ein ordentliches Paket mitbringst. Unsere Beziehung verlangt mir alles ab. Ich habe kaum noch Zeit für meine eigenen Wünsche und Ziele. Warum dann diese Liebesbekundungen?
Sie: Das war alles echt!
Ich: Wie war das denn in deinen vorherigen Beziehungen? Was waren das für Menschen?
Sie: Ich hatte nur 2 längere und viele kurze - gut, soo viele waren's auch nicht, aber das waren immer eher unterwürfige säuselige Typen.
Ich: Und was bin ich deiner Meinung nach?
Sie: Schon ein bisschen säuselig manchmal.
Ich: Aha. Was heißt das?
Sie: Naja, so liebe Worte undso...
Ich: Okay und was machen wir jetzt? Willst du dich trennen?
Sie: Ich tue mir schwer mit Entscheidungen, aber ich glaube schon.
Ich: Aber wir haben doch schon andere Krisen ausgestanden und ich bin so sehr gewachsen an diesen Dingen - lass es uns angehen!
Sie: Ich kann nicht. ich kann diese Gefühle nicht ertragen.
Ich: Dann war's das jetzt?
Sie: Ich kann nicht ja sagen und auch nicht nein.
Ich: Das ist so scheiße alles. ich hab so viele Fragen
Sie: Ich will versuchen, sie dir alle zu beantworten.
Ich: Ich kann nichtmehr. Meine Energie ist aus.
Sie: Okay, dann legen wir jetzt auf
Ich: Aber...na gut.
Sie: Mach's gut JanS
Ich: Oh Mann.

Die Nacht habe ich nicht geschlafen, sondern am Handy Suchbegriffe eingegeben, die diesem Problem nahe kommen und bin auf "Bindungsphobie" gestoßen. Eine Angst, die bei Menschen im Zustand von Nähe ausgelöst wird und teils psychosomatische Symptome bis hin zu paranoiden Vorstellungen auslöst.
Weil ich zu impulsiv bin, habe ich ihr das gepostet, mit der Erklärung, weshalb ihr Fokus stets auf meinen Schwächen lag und wenn es keine zu finden gab, wurden halt welche erfunden, um um jeden Preis eine Verbindung zu sabotieren...undsoweiter
Sie antwortete am nächsten Morgen um 8 (ich bin ja immer beeindruckt, dass Menschen nach so einer Nummer schlafen können): "ja kann sein. ich hatte schonmal eine längere Beziehung, die von starken Ups und downs geprägt war, aber nie war es so krass, wie mit dir. Tut mir leid, dass ich dich da mit rein gezogen habe."

Ich war völlig im Zombie Modus, hab eine Voicemail geschickt: "Okay, wenn das die Pathologie hinter der Sache ist, dann wissen wir ja jetzt, was wir angehen müssen. Wir stecken da jetzt gemeinsam drin und kommen gemeinsam wieder raus. lass uns eine Therapie machen (der Klassiker ()) ! Ich brauch so oder so eine Therapie. Wie kann ich mich je wieder aufeinen Menschen einlassen, wenn ich Angst haben muss, dass am Ende sowas passiert?" - für den Inhalt dieser Nachricht schäme ich mich heute noch.

Darauf antwortete sie: Ich kann und will das nicht. Ich kann mir sovielen Unberechenbarkeiten in meinem leben nicht umgehen und du bist eine davon!

Das hat gesessen. Da konnte ich erstmal einen tag lang nichts anworten. Am Abend habe ich dann geschrieben: Liebste ******* , in meiner kopflosen Angst dich zu verlieren habe ich nicht bemerkt, unter welchem Druck du zu stehen scheinst. ich wollte unebdingt ein zeichen, dass wir das konstruktiv lösen. Lass uns das mit dem Schreiben erstmal sein lassen. Es gibt genug, worüber ich nachdenken muss. Wenn sich die Wogen wieder geglättet haben, sprechen wir nochmal.

Ab da war eine Woche kein Kontakt.

Trennungsgespräch Nr. 2 gibt es dann in der Fortsetzung. Danke für's lesen :herz:
 

JanS

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Jetzt des Dramas letzter Teil:
Ich bin mir nicht sicher, weil in der Erinnerung schlimme Dinge zum Glück ein bisschen verschwimmen, aber ich glaube diese Woche war in den Top 3 der schlimmsten Lebensabschnitte definitiv vertreten. Das ganze System auf Alarmstufe rot, überall leuchten Warnlichter, die Kobolde in meinem Schädel stürzen in kopfloser Flucht übereinander und wollen das sinkende Schiff verlassen, aber es gibt keinen Notausgang. Das Leben ist vorbei, ich werde nie wieder Glück empfinden können.
Irgendwie habe ich aber trotzdem an meiner Abschlussarbeit geschrieben. Die traurigste wissenschaftliche Arbeit, die die Menschheit je gesehen hat, auf schwarzen, in Tränen getränkten Seiten, nach Tod stinkend. Späßle!
Am Ende dieser Woche fiel mir der Brief mit dem großen Herz in die Hände (siehe Teil XY, Absatz II §4). Das besteht aus 2 Teilen. Auf dem einen steht mein Anfangsbuchstabe, auf dem anderen ihrer. Zusammengehalten wird das Ganze von einem Klebestreifen, auf den sie "Bitte nicht trennen" geschrieben hat.
Das hab ich dann feierlich auseinandergerissen, ihre Hälfte in ein Kuvert gesteckt, mit einer Rolle Klebeband, und zu ihr geschickt. Ich nachhinein kann ich nur schmunzeln über diese teeniehafte Aktion. Wir sind alle Irre.
Dann hab ich ihr geschrieben, dass ich gerne nochmal mit ihr sprechen würde. Ein Tag und eine Nacht vergingen. Dann kam die Antwort:

"Ich musste erstmal überlegen, ob ich das will, aber ja okay."
"Gut, ich muss noch was erledigen und rufe später an."

Manchmal frage ich mich, ob sie es einfach so hätte ruhen lassen, wenn ich nicht nachgehakt hätte...Zeigt aber auch, wie dermaßen überlastet das Nervensystem von diesen Menschen ist, dass selbst nach einer ganzen Woche immer noch so eine vermeidende Angst vor Konfrontation besteht. Das kann man sich nicht ausdenken.

Also...das Gespräch war überschaubar, aber auch daran erinnere ich mich extrem schlecht. Mein Körper war eher mit dem Pumpen meines Blutes beschäftigt und konnte nicht auch noch atmen und denken.
Der Inhalt war in etwa folgender: Ich wollte noch einmal die Trennungsgründe wissen, die sie auch wiederholen konnte und teilte ihr mit, dass mich ihre Aussage, ich sei ein unberechenbarer Teil ihres Lebens, den sie los haben möchte, sehr verletzt hat und was sie denn damit meint zur Hölle. Die Antwort war ungenügend - ich würde viel geld dafür zahlen, wenn ich mich ihrer noch erinnern könnte. Ihr Gefühlswirrwar und die Paranoia kamen nicht mehr zur Sprache. Hab ich zuviel geklammert oder so? Nein garnicht. Es liegt nicht an dir.
Es ging eher um so Sachen wir ihre Überlastung undso. Dass wir an der Beziehung arbeiten können? glaubt sie nicht dran. Die Entfernung...und jetzt ist eh schon alles völlig verkorkst. Aber sie hätte mich gerne als Freund, weil ich echt ein toller Mensch bin.

Was soll das denn heißen? Was ist denn Freundschaft?

Da hab ich auch viel drüber nachgedacht, ohne das körperliche halt, aber das könnten wir ja auch haben.

Vergiss es - die Kiste läuft mit mir nicht. Zwei Dinge sind mir sehr wichtig: Man kann alles reparieren und man benutzt Menschen nicht zur Bedürfnisbefriedigung.

Nein, so mein ich das auch nicht...

Will sich also trennen. Ich frage, ob sie eigentlich eine Depression hat. Sie weiß es nicht. Hat keine Diagnose, seit unserem letzten Gespräch auch keine Sitzung mehr gehabt. Ich sagte noch sowas wie: Du verpisst dich jetzt wo's ernst wird. Wir wollten in ein paar Wochen zusammen weg fahren, vor 2 Wochen hast du mir noch gesagt, du würdest mich lieben. In drei Monaten haben wir beide unseren Abschluss und können frei entscheiden, wohin wir wollen und was wir dort machen. Was soll das jetzt? Du wählst den Weg des geringsten Widerstandes und gehst einfach. Bindungsangst okay, diese Scheiße die hier passiert hat bei mir auch gewisse Verlustängste getriggert und wir haben die Möglichkeit diese Themen in dieser Beziehung zu behandeln, indem wir Muster ausfindig machen und unsere Reaktionen verändern. Ich bin der richtige Typ dafür! Wir haben ausgemacht, dass wir in Beziehung bleiben und nicht mehr davon laufen, wenn sich Probleme auftun.
Sie: Nein - ich will nicht.
Ich: Gut, dann sag's jetzt!
Sie: Ich will diese Beziehung nichtmehr.
Icke: Ich fass es nicht. Das macht mich einfach nur wütend
Sie: Bitte sei nicht wütend.
Ich: Das ist der natürliche Lauf der Dinge würde ich sagen.
Sie: Mach's gut...
Ich: Ja genau...Ciao

Das war's dann.
Das Gefühl was mich nach diesem Gespräch überkommen hat, hätte ich gerne bis heute festgehalten: Erleichterung und unendliche Wut auf diese Person, gleichzeitig.
Am Abend des selben Tages habe ich mich ans Steuer gesetzt und bin an die Atlantikküste gefahren.
Die Wut und die Erleichterung waren leider schon nach einmal schlafen verraucht. Auf der Fahrt habe ich mir das Hirn wund gedacht. Tag und Nacht endloses Warum? Was habe ich falsch gemacht? Die schönste tollste beste Frau der Welt ist weg. Ich bin so eine arme Wurst. Blablabla
Meine Schwester wohnt an diesem Meer. Die hat sich die Geschichte angehört und gesagt:
"Schreib deine Arbeit, du kannst da jetzt nichts machen, das ist ihr Ding"
"Wie soll ich das denn machen? Mein Kopf fasst etwa 5 Liter, aber da wohnt diese Frau schon drin."
" Ja, im Kopf ist nur beschränkt Platz, aber es gibt einen Ort, der ist unendlich groß: Dein Herz. Pack sie da rein und in Momenten, in denen es besonders schmerzt, legst du deine Hand dort hin und fühlst, ob sie noch da ist."
" Okay, das schaffe ich."

Also hab ich geschrieben. Meine gesamte WG (bzw. Karawane) ist dann noch zu Besuch gekommen um sich bei bestem Strandwetter 3 Wochen lang meine Suppe aus Wut, Verzweiflung, Hoffnung, Resignation etc. zu gönnen. Sehr viele Gespräche, aber eines was ich mitnehme, war die Beobachtung, was andere Beziehungen alles aushalten! Also im Alltag. Ungerechtfertige Kritik, flappsige Kommentare, Desinteresse, schlechte Laune undso. Das hat mir zu denken gegeben. Wir hatten sooooooo viele Minenfelder angelegt in 2 Jahren. Dinge dieser Art hätten sofort eine Beziehungskrise nach sich gezogen. Was für ein Korsett!

So jetzt reicht's aber. Die Story ist erzählt. Es gibt noch einen kleinen Abspann:

3 Wochen nach der Trennung schickte sie mir eine E-mail, ich habe sie auswendig gelernt:

Ich will gar nicht viel schreiben, um nicht noch mehr aufzuwühlen, aber ich hoffe wir finden beide Wege, unsere Wunden zu heilen! Sei lieb zu dir!

Ps: Eine Frau die ich gefunden habe und sehr interessant finde: "NAME DER FRAU" ! Vielleicht auch für dich!


Diese Frau beschäftigt sich mit Trauma. V.a. Entwicklungstrauma, das wohl die Ursache für Bindungsstörung ist. Ich habe ihre Beiträge geeimert und am nächsten Tag geantwortet:

Ja tatsächlich sehr aufschlussreich. Schön, dass du hin schaust

In der folgenden Zeit habe ich viele Videos darüber angesehen, Texte gelesen und bin schließlich auf einen Podcast gestoßen, der sich mit diesem Thema befasst. Da habe ich viel verstanden, aber vieles davon war auch schmerzhaft, denn ich musste einsehen, dass meine Anteile an dieser Dynamik nicht unbedeutend waren.
Die Verarbeitung dieser Trennung fällt mir sehr schwer, weil die Gründe nicht nachvollziehbar für mich sind. Ich habe keine Bindungsangst in der vermeidenden Form und auch keine Depression. Ich kann mich nicht in sie hinein fühlen, sondern es nur versuchen. Das ist anders wie bei Geschichten, die sich totgelaufen haben, weil es eingeschlafen ist, weil jemand sich hat gehen lassen, oder fremd gegangen ist oder sonst was. Also vergeht kein Tag, an dem ich nicht irgendwas zu diesem Thema konsumiere. Ich weiß, das ist Besessenheit, aber eine Kraft in mir sagt, dass hinter all dem eine tiefere Erkenntnis, eine Wahrhaftigkeit liegt, die es zu betrachten gilt. Es ist diesmal nicht getan mit :" Höhö, ich bin ein starker Mann keine kann mir was, Hauptsache ich befreie mich von meiner idealistischen Art zu lieben, geh pumpen, verdiene viel Geld und hol mir dann eine zehn Jahre jüngere, die mich mehr liebt als ich sie ." Das springt in diesem Fall zu kurz, aus meiner Sicht. Wobei interessant ist der Gedanke schon...hmmm...:lach:
 

Venette

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Wie ich das fühle, was du schreibst! Und was du durchmachst. Und wie machtlos man dann ist.

Und das die Gefühle von "ich liebe dich so sehr" von jetzt auf gleich weg sein sollen und dann man nicht mal gemeinsam daran arbeiten kann.

Wenn du eine finale Lösung zum Verständnis dieser Sache hast, und das alles erklären kannst, bei deinem besessenen wälzen nach antworten, gerne hier rein schreiben ;)

Könnte vielen helfen.
 

beyond

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Hallo JanS

Deine Geschichte ist wirklich sehr spannend:coolwink:

Wenn auch dramatisch.

Da ich mich mit den Themen Trauma, Bindungsprobleme und Depressionen selbst herumschlage, hab ich es sehr interessiert gelesen und kann mich in deine Exfreundin irgendwie hineinversetzen.

Andererseits scheint mir, dass man heutzutage (ich bin doch schon etwas älter) durch die Bewusstheit dieser Themen alles zerreden und extra problematisch machen kann, wie es mir in eurer Beziehung der Fall zu sein scheint.

Warum hängst du eigentlich so sehr an ihr, wenn sie doch jetzt mal eindeutig nicht mehr will?
 

TheWho

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Hallo lieber Jan,

als ich deinen Strang gelesen habe, habe ich stellenweise mich bei deiner ExFreundin und mich stellenweise bei dir wiedergefunden. Kann auch sehr gut sein, dass ich den Bindungsangst-Part da hineinlese, weil ich sehr viel dazu konsumiert habe. Ich habe es vielleicht selber und hab deswegen einen Marathon aus Psychoedukation vor mir, um es in den Griff zu bekommen. Aber vielleicht hilft es dir ja...

Vorsicht mit populären Medien wie Podcasts und Artikel zim Thema Bindubgsangst. Sie sind meist dazu da, die Norm/größeren Teil der Konsumenten dieser Medien davon zu überzeugen, dass sie nicht verkehrt sind und postulieren so umgekehrt eine Idee von Gesundheit/gesunder Beziehung, die es wahrscheinlich gar nicht gibt. Das führt auch zur bekannten Opfer-Täter-Dyade. Und es führt auch zu einer sehr defizitorientierten Sicht bei Bindungsängstlichen wie Menschen, die so eine Beziehung fragend zurucklässt. Da Männer häufiger (Dank des Patriarchats und häufigeren weiblicher Ein-Eltern-Familie) darunter leiden, sind die meisten Informationsquellen dazu noch vor allem für ein weibliches, verlassenes Klientel geschrieben.

Am meisten musste ich beu dir stocken, als es darum ging, eine tiefere Erkenntnis daraus gewinnen zu können.

Ich glaube - und ich schwirre erst seit gut einem Monat in themenverwandten Foren herum - dass es hierzu immer zwei Erkenntnisse geben wird. Beide sind ziemlich bitter.

Solange, wie der bindungsängstliche Part, sich nicht entschließt konkret an seinen Ängsten und daraus folgenden Reflexen zu arbeiten, wird der andere Partner immer fragend und um Erkenntnis ringend mit neuen rätselhaften Verfahrensweisen konfrontiert.

Und solange, der Partner nicht seine sieben Sachen packt, ist es meist so, dass der Leidensdruck für den Bindubgsängstlichen nicht ausreicht, um vom hohen Ross herunterzukommen und den Schritt hinter seine Verdrängung zu wagen. Er ist gefangen und nimmt den anderen in Liebeshaft.

Oft geschieht diese Erkenntnis aus meiner Sicht auf Anregung des ExPartners und man kommt nun ins Grübeln. Wenn das Vermissen, das Sehnen und die Fragen kicken. Aber Verdrängung von früheren Verlusten, traumatische Bindungs- und Beziehungserlebnisse sowie der damit einhergehende Abbau oder Überbau des Selbstwerts sind derart hintergründige Prozesse (Verdrängung, Abspaltung, Deaktivierung), dass es, wenn es einem selber passiert, wie natürlich vorkommt. Man kommt da nicht heran, weil ja "die andere Seite aber auch!" Es ist ein sehr, sehr unbeschreibliches Gefühl. Wie Wasser sucht es sich den schwächsten/günstigsten Punkt zum Ausbrechen. Über Worte, über Zurückhaltung, über Passivität, über Aggression, über Totstellen.

Ich glaube, nachdem ich mich als Täter mit der Opferperspektive beschäftigt habe (die Dyade ist natürlich nur für das sprachluche Bild), dass Bindungsangst für den Außenstehenden nicht zu begreifen ist. Man könnte das nur ansatzweise mit Höhenangst erklären. Nimm an, du willst unbedingt auf einen Turm klettern, der total schön und anziehend ist. Er fasziniert dich. Du bist süchtig, weil der Reiz der Höhe noch nie wirklich spürbar war. Und sei es, weil dir alle sagen, dass das reizvoll da oben ist oder du selbst merkst, unten ist die Luft sehr stickig ist und du kaum atmen kannst - du MUSST da hoch. Nun kletterst du und bekommst wahnsinnige Beklemmungen. Neben dir spaziert jemand seelenruhig und fragt, warum du dich so seltsam verhältst. Nun... Du weißt es nicht. Hast nie was von Höhenangst gehört. Sowas gibt es nicht. Du kannst dich nicht daran erinnern, mal in der dünnen Luft hoch oben gewesen zu sein. Du gibst es weder vor die selber noch vor anderen zu. Du konzentrierst dich mehr aufs Klettern. Bis du nichtmehr kannst.

Je höher du gelangst, desto unwohler wird dir. Du hinderst nun auch die andere Person am hochkommen. Zu groß die Gefahr, sie könnte dich für unwürdig für die ungleiche Seilschaft halten.

Und irgendwann meldet sich deine Moral oder dein Mitgefühl. Du hast unterdessen vergessen, wie stickig es unten ist und wieso du noch gleich hoch wolltest. Du hast Angst zu fallen. Die andere Person wird ungeduldig. Die Spitze ist doch in Sicht.

Du lässt dich in die Fallen und das Seil zieht den anderen mit.

Mein aktueller Stand zum Thema Beziehung mit Bindungsangst / Erkenntnisse
- Die Liebe und Leidenschaft basiert häufig auf dem übertriebenen Näheverhalten zu Beginn und ist keine auf Augenhöhe.
- Man kann lernen, dass man dem hoffnungslos ausgesetzt wird. Der andere kann nicht anders.
- Hilfe und Heilung beginnt beim Bindungssängstlichen.
- Liebe oder Entzug dessen nicht persönlich zu nehmen, ist ein Dealbreaker in den meisten Beziehungen und gehört aber zu dem Prozess dazu.

Wenn man das akzeptieren kann, gut. Auf dem Weg sind soviele Vertrauensbrüche und Entschuldigungen nötig oder er bedeutet für den bindungsängstlichen Part soviel Verbiegen und Aushalten, dass das mit den meisten Ideen von Beziehung bricht.

Sie müsste dir sehr viel über sich erzählen und das dann auch über sich wissen.

Bindungsängstliche Menschen lieben auch. Sie verspüren, wenn sie ein gewisses Gespür für ihre Problematik haben auch ganz viel Reue, Sehnsucht und Vermissen. Wahrscheinlich intensiver als die meisten Menschen. Aber gleichermaßen mit mehr Eifersucht, Verlustangst, Kontrollverlust.

Das bedeutet, dass du ihr aus meiner Sicht mit deinen Anstößen geholfen hast. Das beste, was einem was bringt, sind wirklich Spiegelungen der Verhaltensweisen. Keine Vermutung über die Art dahinter. Denn die wird ja fleißig verdrängt.

Das bedeutet aber auch, du kannst/musst dich für eine Seite an der Person entscheiden: Ist sie nun bindungflüchtend oder bindungsängstlich? Denke ich, dass sie tendenziell Bindung braucht und sucht. Oder denke ich, dass sie Bindung eigentlich nicht will und den oberflächlichen Reiz, nur den Weg dahin (Sex, tiefe Gespräche) braucht.

Es ist nicht die Art, die bei Bindungsängstlichen scheiße ist, sondern das Verhalten. Sie kommen ja selber nicht damit zurecht.
 

JanS

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Hallo zusammen!
Danke für eure Anteilnahme und vielen Dank "TheWho" für deine Mühen, so einen langen Text zu schreiben. Ich weiß das zu schätzen. Gleichzeitig erschlägt es mich auch immer wieder aufs Neue, mich in diese abstrakte Gefühlsrealität hinein zu begeben, als würde ich vor einem riesigen schlafenden Drachen stehen, dessen heißer Atem mir entgegenschlägt, denn so gut wie alle Erkenntnisse darin sind bitter.

Interessant, dass du dich mit beiden Rollen in dieser Geschichte identifizieren kannst. Eine Erkenntnis aus unserer zweiten Trennung war ja eben, dass ich auch bindungsvermeidende Muster gezeigt habe, bis dahin. Ich habe das so interpretiert, weil ich auf ihre Zurückweisungen, oder ihr Zurückweichen manchmal einfach spiegelnd reagiert habe, um mich nicht verletzt zu zeigen und das war eigentlich genau das, was sie gebraucht hat. Ich habe das dann geändert, weil wir irgendwas von offener Kommunikation erdacht haben, was sich aber als Bullshit erwiesen hat. Denn jedes Mal, wenn ich nun meine Verletztheit offen gezeigt habe, wurde ihr bewusster, wie sehr mich ihre Natur, der sie nicht entfliehen kann, runter zieht. Sie hat versucht, dieses Verhalten abzustellen, das ist mir nicht verborgen geblieben, aber genau dieses "einfach abstellen" hat sie innerlich zerrissen, weil es sie von ihrer eigenen Innenwelt entfernt hat. Innen und Außen haben quasi nicht mehr zusammen gepasst und das führt meiner Meinung nach zu einer Depression.
Gleichzeitig habe ich bemerkt, wie sehr sie meine Extrovertiertheit, mein ständiges im Aussen-Sein, die teilweise brutale Direktheit gegenüber meinen Mitmenschen, die überbordenden Gefühle und das Bedürfnis nach Verschmelzung ihr Druck gemacht haben, sodass ich versuchte, das abzustellen, oder zumindest abzumildern, was mich aber auch stark beschnitten hat. Was ich durch Disziplin nicht in den Griff bekam, wurde dann teilweise in mein soziales Umfeld externalisiert, obwohl ich aber unbedingt die absolute Lebenskomplizenschaft mit der EINEN Frau angestrebt habe. Ich glaube, solche Gedanken fand sie schon schön, aber gruselig zugleich.

Ich denke, ich hoffe, ich habe einen Prozess bei ihr in Gang gesetzt, der sie zwingt, diese Probleme anzugehen. Vielleicht ließ der Druck auch schlagartig nach, als die Beziehung beendet war, oder die Antidepressiva eingesetzt haben und sie hat sich wieder in ihrer Komfortzone, in ihrer Festung eingerichtet. Sie war auch sehr abgekämpft und wir alle müssen in irgendeiner Maschine funktionieren. Reine Spekulation.

Meine Intuition sagt mir, dass diese Geschichte tatsächlich an diesem Punkt endet. Würden wir in der selben Stadt wohnen, würden wir uns eines Tages zufällig begegnen und könnten vielleicht ein gutes Gespräch über unsere Erkenntnisse führen, aber dem ist nicht so. Ich kann mir vorstellen, dass es für sie unendlich schwer wäre, jetzt auf mich zuzugehen. Die Erinnerung an meine Verletztheit und ihre Zerrissenheit, die sie schließlich in die Depression geführt hat klingt sicher nicht so schnell ab, wie die Erinnerung an die Momente der Verbundenheit.

Auch von meiner Seite wäre es kein: Juhu da bist du ja wieder - spring rein!
Ich stelle mir auch die Frage, ob ich in einer für mich ständig defizitären Situation klar kommen würde. Ich wäre gerne dieser erleuchtete Mensch, aber der bin ich nicht morgen und auch nicht übermorgen und die Realität sieht momentan so aus, dass unsere Vorstellungen vom gemeinsam hustlen weit auseinander driften. Eine Initiative von meiner Seite scheint mir irgendwie auch fehl am Platz und nun sind es schon mehr als 2 Monate ohne Kontakt.

Sehr gut, was du schreibst: "Sie müsste sehr viel über sich erzählen und sehr viel über sich wissen. " , denn das hatte sie nicht so drauf. Ich hab ihr einmal einen Gutschein-Block mit 100 persönlichen Fragen geschenkt, die ich mir ausgedacht habe. Fragen wie: "Warum bist du manchmal so kalt?", oder "Warum darf man mit dir nicht über Gefühle reden?", "warum stellst du mich nicht deinen Freunden vor?" aber auch "Warum hast du immer die gleiche Frisur". das hat sie sehr gefeiert, aber der war dummerweise so aufgebaut, dass sich der Grad der Intensität im Laufe steigert und ans Eingemachte sind wir nie gekommen - so lange hat die Beziehung nicht gehalten. hihihihi!
Über ihre Vergangenheit wollte sie immer reden. Ich nicht unbedingt - in mir drin waren da gewisse Widerstände, dass da Sachen hoch kommen, die ich nicht wissen will, weil ich das Bild von meiner schönen Prinzessin nicht kaputt machen wollte.

Inwiefern ist diese Frage nach bindungsflüchtend und -ängstlich relevant? Ich kann sie schwer beantworten. Geht das überhaupt, wenn man nicht in den Kopf rein schauen kann? Kniffelig, sehr interessant.

Mir gelingt es nicht so richtig zur Ruhe zu kommen. Loslassen ist definitiv kein aktiver Prozess und das was ich da gesehen habe beschäftigt mich. Ich muss es mir erklären können, wenn ich es integrieren will. So fühlt es sich an. Also "beyond" wieso hänge ich so an ihr, wenn sie jetzt eindeutig nicht mehr will? Keine Ahnung. Weil ich Liebe nicht an und ausschalten kann, wie eine Lampe.
Ich finde nicht, dass die Auseinandersetzung mit diesen Themen etwas zerredet und ein Manko unserer Generation darstellt, aber ich weiß, worauf du hinaus möchtest. Bei manchen Menschen lässt sich eine gewisse Therapieerfahrenheit in der Denkweise ablesen. Das ist manchmal ziemlich unromantisch.
 

Venette

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Ja, der Druck lässt dann erst einmal nach, wenn diese Dinge weg sind, die den Druck teilweise verursachen und viel davon redet man sich zusätzlich ein.

Als er bei mir Beziehung beendete war er auch erleichtert, den beziehungsdruck los zu sein. Als ich 3 Wochen danach nach Deutschland kam, wir weiterhin normalen Kontakt wie zuvor hatten, und er mich nach einem Treffen fragte, war ich auch mega verwirrt. Alles wie immer nur ohne Beziehung? Verstehe wer will.

Und nach 2 Monaten wollte ich dann ja nicht mehr. Das war für mich nicht zu ertragen, alles wieder immer zu haben, aber dennoch nicht ihn. Das war ein absoluter Teufelskreis und als ich sagte kein Kontakt, vermisste er mich angeblich null und sei froh, das ich nicht mehr so "needy" bin, das nervte ihn.

Auf der anderen Seite will er aber Sachen nicht tauschen und weiterhin Kontakt und treffen und wenn man sich trifft, ich solle aber nicht extra für ihn kommen, und dann fühlt er auf einmal wieder mehr, dann kann er sich mehr vorstellen, sprach aber die ganze Zeit von 6-12 Monaten, also ab Frühling nächsten Jahres. Sicher irgendwie, wenn er glaubt, wieder klarer zu sein. Aber planen soll ich bitte auch nichts. Glaub mir, habe wirklich versucht das alles zu verstehen. Wirklich!

Jedoch habe ich keine wirklich befriedigende Antwort bekommen. Und so oder so, alles was ich jetzt tue, sage, mache, würde nichts bringen. Bis auf die Zeit. Zeit Zeit Zeit.

Also... dann machen wir eben die Zeit und warten, was passiert. Geduldig warten. Und hey Zeit kann man nutzen. Für gute Dinge.



Vielleicht, wenn du möchtest, auch von dir selbst, wegen der Entfernung und du das Gefühl hast es zu wollen, dann schreibe ihr. 3-6 Monate solltest du aber warten. Bei solchen Sachen, habe ich mir sagen lassen. Auch wenn man das so nicht macht, nach den ganzen Regeln, kennst du sie besser, also, entscheide du es am Ende. Weil wie du sagst: zufällig über den Weg laufen ist da auch nicht und deshalb muss man sich eben entscheiden, was man tut.
 

Venette

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Achso, aber nicht anschreiben mit "ich Will über Beziehung reden und übrigens habe ich das und das raus gefunden"

Das geht nach hinten los, könnte passieren, das sie dicht macht. Du musst dich langsam voran tasten und dann auf ihre Zeichen abwarten, ob sie reden will. Das wäre dann nochmals eine Geduldsprobe.

Musst du eben entscheiden, ob du das möchtest oder eben von komplett neuen beginnst. Es kann aber passieren das, wenn sie wieder klar ist, wieder auf dich zukommt.
 

JanS

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Aber Venette, da liegt doch der Hund begraben. Wenn sich dir gegenüber jemand unangemessen verhält, dann musst du ihm doch nicht den Teppich ausrollen, damit er sich entschuldigen kann. Im schlimmsten Fall hältst du ihm auch noch die Tür zu deinem ganz persönlichen kleinen Porzellanladen auf und er marschiert da mit seinem Baseballschläger rein und zerhaut dir die Meißner-Kätzchen in einem Anfall aus "Alles Schöne muss irgendwann sterben".
Psycho-Themen hin oder her. Abgesehen von deinem eigenen Selbstwert, trägst du doch nur zum Wachstum deines Konfrontationspartners bei, wenn du ihm deine Grenzen, Standarts, Ansprüche -whatever- vor den Latz knallst, damit er merkt, dass man so nicht in einem ernstzunehmenden sozialen Gefüge interagiert, herrgottnochmal. Wir sind keine 16 mehr.

Jede Minute, die ich darüber nachdenke, wie ich sie zurück bekommen kann, wäre verschwendete Lebenszeit. Sie hat eine für mich unfassbar wichtige Abmachung gebrochen. Natürlich habe ich, wie bereits erkannt, meinen Anteil beigetragen und ihr diesen Bruch erleichtert, denn als sie mir ihre Wunden gezeigt hat, bin ich damit nicht umgegangen wie ein Erleuchteter, sondern hab sofort Feuer gerochen und "Zur Hilfe! Ich werde schon wieder verlassen! Reißt die Brücken ein und alle Deiche und holt mir meinen verdammten Degen!" geschrien. Besser wäre die totale Empathie gewesen: "Oh das tut mir aber leid für dich, na dann geh mal schön raus in die Welt, ich lass dich gehen meine Liebe! Und wenn du was brauchen solltest, was ich dir geben kann, zögere nicht, mich darum zu fragen! Möge die Macht mit dir sein" oder so ähnlich.

Loslassen und verzeihen stehen auf meiner Agenda. Und dann: ***GLÜCKLICH SEIN***, wie vorher auch. Aber nicht eine Strategie, die uns erlaubt, in gewohnten Bahnen weiter auf den nächsten Abgrund zu zufahren. Und wenn da jemals wieder was werden sollte, dann reicht kein :"Hey! Stehe gerade vor dem Kondomregal und musste an dich denken. Wie geht's?", oder "Ich wünsche dir frohe Weihnachten!" oder ähnlich grober Unfug. Mein Standart - und der ist schon zu niedrig- ist ein mindestens 10 seitiger Brief mit Entschuldigung, Erkenntnis, Besserungsversprechen, Lösungsansätzen für die tatsächlichen Probleme. In feinster Schönschrift auf nach Rosen duftendem Papier und dem Beisatz : PS: Ich bin auf dem Weg zu dir - zieh dich schonmal aus.
Und das nicht, weil ich tief in mir drin eine kleine Diva bin, sondern weil ich alleine glücklich sein kann und mit ihr NOCH glücklicher sein möchte. Drunter geht's einfach nicht. Warum auch?
 

Venette

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Aber mal real Talk: würde man das wirklich bekommen? Also normal kommt eben die direkte indirekte Nachricht. Und DANN wird man auf das Thema kommen.

Schreibt man sofort so einen brief? Keine Ahnung. Ich würde es vermutlich tun, wenn ich merke, ich habe Mist gebaut und will den Kerl unbedingt zurück.

Aber wer tickt schon so? Die schleichen sich doch erst mal an, bevor sie sich diese Blöße geben. Weil ich meine, sich tief zu entschuldigen, das kann in der heutigen Zeit finde kaum mehr einer. Die meisten müssen es auch nicht. Man ist austauschbar und weg damit, dann muss man sich nicht in diese "böse" Position der Entschuldigung hinein begeben. Aber es geschehen ja manchmal noch Zeichen und Wunder. Wenn der Brief jemals kommt... kannst du tippen, während du dich schon mal entkleidest? ;)

Dann möchte ich das wissen.

Aber deine Vorgehensweise ist wirklich richtig so wie sie ist. Und du stehst selbst zu dir, machst, was du willst und bleibst (endlich) total bei deinen Standards und ziehst sie durch. Feine Sache. Workbook dazu wie du das machst würde ich auch haben wollen ;)




(Ich hatte mir nämlich am Anfang überlegt, wie ich mich bei ihm entschuldige, weil ich so needy war, und ihn nervte. Ich entschuldige mich bei ihm, obwohl er mich verlassen hat und noch alle schönen Dinge nach der Trennung einheimste, nur das beste raus pickte und ich mich leider aus Unwissenheit und Naivität zu meinem eigenen Schaden darauf eingelassen habe. Und das, wo ich ihm alles gegeben habe, immer, jederzeit, und auch eingesteckt habe, wo es ihm schon schlecht ging und mein Leben umstellte, weil ich IHN wollte und wurde dann zum Dank verlassen - und ich will mich entschuldigen. Ja, ich weiß, ich weiß. Aber zu seiner Verteidigung, er hat sich für die Trennung mit Begründungen auch entschuldigt, nicht 10 Seiten lang und sollte meine Klamotten leider auch anlassen, aber immerhin.)
 

JanS

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Schau! DU würdest es tun, also ist das vielleicht auch dein Standart (vielleicht ist es ein DIN-Standart: 10 Seiten minimum!) Und wenn es schon deiner und meiner ist, dann ist es rein aus mathematischer Sicht hochwahrscheinlich auch der Standart vieler anderer Menschen da draussen. Und du willst ja nicht jemanden zurück, der ein bisschen was hinrotzt. Wenn du dir 10 Seiten nicht wert bist, mach 9 draus, aber beim Rest wäre ich nicht kompromissbereit.
 

monti1449

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Danke Jan das du hier bist und uns teilhaben lässt an deiner Geschichte , aber zeitgleich so starkes Lösungsansätze gibts. Danke ich freue mich auf mehr in deinem Strang
 

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Milantra
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