Admina Hira Eth
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- 31 Aug. 2021
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Hallo in die Runde,
es ist schon lustig, dass ich tatsächlich dachte, meine Story sei einzigartig, bis ich in meiner Verzweiflung und meiner Schmach über diese Seite hier stolperte… meine Güte, bin ich blauäugig. Aber es ist meine erste Affäre und ich übe noch.
Ich bin – wie so viele hier – so in meinem Dilemma gefangen, dass es mich schier in die Verzweiflung treibt. Mir platzt der Kopf. Ich kann nicht mehr nachdenken. Und ich weiß nicht, ob ich noch etwas tun sollte und, wenn ja, was: ist das Ganze noch zu retten? Bin ICH noch zu retten? Wer weiß es – ich weiß es nicht. Kennt ihr das? Hirn ganz wattig vom vielen Zermartern – Herz isses ja eh.
Ach – und ich denke, ich habe so ziemlich jeden Kardinalfehler begangen, den man begehen kann, ich unwissendes SCHAF, ich.
Aber von vorn:
ich, Anfang 50, habe mich 2019 aus einer langjährigen Beziehung zu einem psychisch kranken Mann gelöst, die mir einen schweren Schlag versetzt hat und von der ich mich begann, langsam zu erholen, als ich im Dezember 2020 zufällig über meinen (damals noch nicht) AM stolperte. Ich war völlig uninteressiert an Männern zu dieser Zeit und nahm ihn zuerst nur am Rande wahr, dachte: „Was will der denn von mir?“. Er ließ sich meinen Namen geben, recherchierte und kontaktierte mich via E-Mail über meine geschäftliche E-Mail-Adresse. Wir kamen ein wenig ins Plaudern (ich war nach wie vor nicht sonderlich interessiert), befreundeten uns auf einer Social-Media-Seite miteinander und tauschten über deren Messenger Nachrichten aus – zunächst per „Sie“, irgendwann duzten wir uns. Es kam, wie es kommen musste: die Nachrichten wurden persönlicher, schnell vertraut, wir merkten, dass wir uns gut verstehen, gemeinsame Interessen und gemeinsame Vorstellungen von dem haben, was man so gemeinhin „Leben“ nennt.
Er erzählte nicht sofort, dass er, Ende 40, verheiratet ist, seit fast 20 Jahren, und zwei Kinder hat (15 und 19). Ich sprach ihn, da wir bereits einen regen Austausch nicht nur von Nachrichten, sondern auch von Fotos pflegten, schließlich selbst darauf an, als ich sah, wie sein Haus um die Weihnachtszeit herum dekoriert war und mir das für einen alleinstehenden Mann zu …üppig schien. Ich fragte ihn direkt, wann er mir das hätte sagen wollen. Er antwortete, dass er mir das bald gesagt hätte, aber im Grunde längst von seiner Frau getrennt sei, man habe getrennte Schlafzimmer, streite nur noch, da sei nichts mehr. Seine (leicht panische) Frage, wie ich damit und mit ihm nun, wo ich das wisse, umgehen würde, beantwortete ich, indem ich ihm sagte, ich sei derzeit ohnehin nicht an einer Beziehung interessiert, ich würde daher mit ihm so umgehen, wie zuvor.
In den Folgewochen – wir schrieben täglich, es war ihm dabei egal, dass seine Familie um ihn herum war und das mitbekam, ohne es einordnen zu können; er rief auch ständig an, suchte immer aktiv nach Möglichkeiten, dies zu tun – kamen wir uns noch näher; ich war plötzlich (man ahnt es schon) überhaupt nicht mehr nicht an einer Beziehung interessiert. Wir tauschten bis in die Nacht hinein Nachrichten aus, die sehr persönlichen Inhalts waren, außerdem gab es täglich Fotos. Zum Jahreswechsel schrieb er Punkt Mitternacht mir, obwohl er im Kreise der Familie feierte. Ich sei omnipräsent in seinen Gedanken, schrieb er, er sei so froh, dass wir uns kennengelernt haben und unseren Weg gehen würden.
Neujahr trafen wir uns zum ersten Mal wieder persönlich, gingen spazieren, aufgeregt wie die Teenager mit nicht nur wegen der Kälte zitternden Händen, endeten knutschend. Die Kontakte wurden daraufhin noch intensiver, er bohrte und baggerte, wollte, dass ich mich ihm öffne, schwor mir, er würde mich nie verletzen, mein Herz sei bei ihm sicher. Noch im Januar trafen wir uns bei mir und schliefen das erste Mal miteinander – beide wiederum sehr aufgeregt. Ebenfalls im Januar gestand er mir seine Liebe. Auch im Januar reagierte AM äußerst eifersüchtig auf einen Mann in meinem Umfeld, an dem ich nun wirklich (!) überhaupt nicht (!!) interessiert war; ich hatte beiläufig erwähnt, dass dieser Mann mir Komplimente gemacht hat. AM erzählte mir, er habe schon befürchtet, dass er bei mir eifersüchtig reagieren würde – bei seiner Frau sei er das nicht.
Anfang Februar – wir hatten uns bis dahin in den farbigsten Bildern unsere gemeinsame Zukunft ausgemalt – schrieb er das erste Mal, er habe Angst, das seinen Kindern nicht antun zu können. Mitte Februar kam es zu einem Riesenkrach mit AMs Familie, die ihn quasi stellten, sich bei ihm beschwerten, dass er nur noch Augen für sein Handy habe, ihnen nicht zuhöre; sie wollten, dass er lange mit ihnen aufbleibe, nicht so früh ins Bett gehe. Alle weinten, das jüngere Kind kollabierte fast, AM selbst war mit den Nerven am Ende und wusste weder ein, noch aus. Die Frage, ob er eine Andere habe, hatte er – das war irgendwann mal für den Fall der Fälle so zwischen uns abgesprochen worden – verneint. AM sagte mir, wir müssten nun mit unseren Kontakten ein wenig kürzertreten. Taten wir aber nicht. Nur ein paar Tage später machten wir einen Tagesausflug, bei dem wir kaum sprachen, nur „fühlten“. Es kam zu keinerlei sexuellen Kontakten, wir spürten einander nur nach, hielten Händchen, hörten Musik, genossen, dass der Andere da war. Für uns stand ab da erst recht fest: wir lieben uns!
Er gab mir immer wieder zu verstehen, dass wir unseren Weg gehen würden – aber ein Zeitfenster könne er nicht nennen, wir sollten aufeinander vertrauen, das sei so viel. Mir war es nicht genug. Ich gestehe, ich wurde zu dieser Zeit unruhig, fragte nach, wollte klärende Gespräche führen; kurzum: ich wurde SEHR unentspannt.
Etwa ab April ließ die Nachrichtenflut ein wenig nach; wir schrieben nach wie vor täglich, aber nicht mehr so oft am Tag. Wir hatten ein bestimmtes „Bilderritual“ etwickelt, mit dem wir uns in die Nacht verabschiedeten, das gab es nach wie vor. Wir begrüßten uns zudem jeden Morgen. Gleichzeitig häuften sich AMs Streitigkeiten mit seiner Frau, in welche diese auch die Kinder hineinzog. AM litt hierunter sehr, er hatte große Angst, dass dies insbesondere bei dem jüngeren Kind Schaden anrichten könnte. Irgendwie hoffte er, dass die Kinder mit der Zeit merken würden, dass es ihre Mutter ist, die das endgültige Scheitern der Ehe mit ihren ewigen Nörgeleien und Streits herbeiführt (dass ER es ist, der immerhin eine Affäre hat, blendete er dabei offensichtlich aus). Er ordnete unser „Ding“ recht früh auch nicht als Affäre ein, sondern sah sich bereits in einer Beziehung mit mir. Im Grunde wünschte er sich, mich gegen seine Frau austauschen zu können bei ansonsten gleichbleibenden Parametern (Kinder, Haus). AM erwähnte immer öfter, er sei zerrissen zwischen den Welten, das beschäftige ihn sehr, er komme fast nicht mehr zur Ruhe. Er wisse nicht, wie und ob das weitergehen könne. Auf meine Reaktion: „Wenn es zu stressig wird, dann beenden wir es!“ antwortete er, er wisse es gerade auch nicht.
Mitte Mai dann schrieb er mir, zuhause argwöhne seine Frau, er habe eine Andere und kommuniziere dies ständig über das jüngere Kind. Das Kind habe ihm gesagt, die Mutter habe erzählt, es sei so auffällig, dass AM stets darauf achte, sein Handy nicht herumliegen zu lassen. Das, so AM, sei so für das Kind nicht aushaltbar. Er wolle daher austesten, ob sich und was sich ändere, lasse er das Handy ab jetzt offen herumliegen. Er wisse, was er mir damit antue, denn wir würden dann weniger Kontakt haben können, aber er müsse das austesten – es sei das letzte, was er zum Wohle der Kinder noch tun könne, er müsse diese schützen. Auch er selbst halte diesen „Spagat“ nicht wesentlich länger aus. Er schrieb, dass er mich liebe, immer lieben werde – egal, wie das ausgehe; er danke mir für alles und würde mir immer dankbar sein (was, aus jetziger Sicht betrachtet, nach Abschied klingt). Eventuell sei es besser, die Baustelle zuhause erst einmal in den Griff bekommen. Ich schrieb, dass er das tun solle, wenn er meine, er müsse das tun; ich würde mich von mir aus jetzt nicht mehr bei ihm melden. Melde ER sich, würden wir weitersehen.
Ich hatte offen gestanden nicht wirklich erwartet, dass er sich nicht zeitnah wieder melden würde, denn er war bis dahin eine „sichere Bank“ gewesen, absolut zuverlässig in seinen Kontaktaufnahmen. Tatsächlich hörte ich dann aber drei Wochen gar nichts mehr von ihm. In dieser Zeit litt ich Höllenqualen, ging von Trennung aus (unserer), denn es fühlte sich so an. Ich kannte es ja nicht, dass wir gar nichts voneinander hörten. Als ich es nicht mehr aushielt, kontaktierte ich ihn kurz.
Und seither ist es schräg:
der Kontakt ist äußerst sporadisch. Unsere alten Kosenamen füreinander verwenden wir nicht mehr, seine Anreden sind förmlich/seltsam („Hallo…“ / „Liebe …“), so, als schaute ihm jemand über die Schulter. Wir tauschen keine Bilder mehr aus. Haben wir mal Kontakt, schreibt er im Großteil der Nachrichten nach wie vor, dass er mich liebt.
Ich „darf“ ihn nicht mehr kontaktieren, weil das Handy offen herumliegt und seine Familie Zugriff darauf hat (ich „darf“ natürlich schon, letztlich kann mir das niemand verbieten; ich würde es aber ihm zuliebe nicht tun, jedenfalls nicht während der Zeiten, zu denen er zuhause ist; das weiß er auch). Wenn ich eine Unterhaltung beginne, soll ich zuerst etwas „unverfängliches“ schreiben. Unsere Chatverläufe löscht er sofort wieder.
Wenn wir telefonieren (selten genug und nur während der Arbeitszeit), ist es sehr vertraut. Meine Frage, wo wir denn eigentlich stehen, beantwortete er mit: er habe so viel Stress, so viele Baustellen, er müsse erst einmal zu sich kommen. Er habe Angst, er habe vor allem Angst, seine Kinder zu verletzen.
Zu meinem Geburtstag schrieb er mir eine äußerst liebevolle Nachricht, auch in dieser schrieb er, dass er mich liebt.
Nach meinem Urlaub, den ich zusammen mit einer Freundin verbrachte, besuchte er mich zuhause, nachdem er mir zuvor geschrieben hatte, wie sehr er es sich wünsche, mich wieder in seinen Armen zu halten, zu küssen, und… - wir durchlebten in der kurzen Zeit, die er an dem Tag für dieses spontane Treffen hatte, die ganze Palette, er sagte beim Abschied erneut, dass er mich liebt. Meinen großen Fehler, mit ihm auch das „und…“ getan und nicht auf mein Bauchgefühl gehört zu haben, erkannte ich fast sofort; ich hatte vorher schon Bedenken, weil der Kontakt für das „und…“ gefühlt eigentlich nicht mehr intensiv genug gewesen war im Vorfeld, tat es aber trotzdem. Und das Gefühl trog nicht: denn anders als sonst, wenn wir uns getroffen hatten, meldete er sich danach nicht nur abends, sondern zwei Wochen lang nicht; sonst war es immer so gewesen, dass wir unsere Treffen quasi „nachbesprachen“, uns schrieben, wie schön es gewesen sei, etc. Ich wiederum schrieb ihm nicht, weil ja nach wie vor das Problem bestand, dass seine Familie auf sein Handy zugreifen konnte.
Am letzten Arbeitstag vor seinem Urlaub (zusammen mit der Familie) kontaktierte ich ihn schriftlich. Die Nachricht war, für meine Verhältnisse, recht steif formuliert und kündigte ihm an, es sei wohl an der Zeit, ihm die Nachricht zu schicken, die ich schon seit der ersten Funkstille zum Versand an ihn vorbereitet hatte, in der ich mir meinen Frust von der Seele schrieb und die damit endete, dass er machen solle, was er meine, machen zu müssen, dann aber ohne mich; er dürfe sich sehr gern wieder melden, wenn er wirklich frei für mich sei.
Da AM, wie er erst schrieb und dann in einem anschließenden Telefonat nochmals bekräftigte, Angst vor dieser Nachricht hatte, deren Inhalt er nicht kannte, aber erahnte, und meinte, er wisse nicht, ob er sie wirklich haben wolle, das verkrafte er „zur Zeit nicht auch noch“, schlossen wir einen Kompromiss: ich sendete ihm den ersten Teil der Nachricht, in dem ich meine Sicht der Dinge schilderte, ließ aber den Schluss weg. Gleichzeitig erklärte ich ihm am Telefon nachdrücklich, dass es für mich auf Dauer so nicht funktionieren wird – ohne Kontakt wachse die Liebe nicht, man verliere sich, das sei nicht meins. Ich sagte ihm deutlich, dass er mich verlieren würde, wenn es so weitergehe, und fragte, ob er das ggf. insgeheim wolle und deshalb provoziere? Nein, sagte er, er würde mir sagen, wenn es so wäre. Die Ansage, dass wir uns auch erst einmal nicht mehr bei mir zuhause treffen würden, träfen wir uns nochmals, akzeptierte er und konnte er verstehen. Wir telefonierten (lang) an diesem Tag; er schrieb danach zweimal, dass er an mich denke (mit Küsschen und Herzchen-Emoji). Dann fuhr er mit seiner Familie in den Urlaub.
Aus dem Urlaub meldete er sich nicht. Er meldete sich auch nicht von sich aus, als er wieder aus dem Urlaub zurückkehrte. Den Kontakt stellte wiederum ich her, denn ich gratulierte ihm zum Geburtstag. Er antwortete zwar, aber die Antwort war so formuliert, dass ich mit ihr im Grunde nichts anzufangen weiß; sie ist… nichtssagend gewesen. Und ich bin mir sicher, dass jetzt wenigstens für ein paar Tage, wenn nicht Wochen Funkstille herrscht – es sei denn, ich hebe den Ball wieder auf.
To cut a long story short:
Sechs Monate lang gabs täglich Kontakt, seit drei Monaten: fast nüscht mehr. AM hat die „Reset“-Taste gedrückt, vielleicht auch die „Pause“-Taste. Im schlimmsten Fall sogar „Stop“.
Ja, ich weiß: ich habe irgendwann alles falsch gemacht, was ich als Affäre eines offenbar unentschlossenen, zerrissenen AM nur falsch machen konnte; ich war nicht mehr entspannt, nicht mehr cool genug - aber irgendwie bin das ja ich.
Und nun weiß ich nicht weiter. Ich versuche aktuell, mich zu entspannen und mir zu sagen, dass es nun einmal ist, wie es ist, aber das Gefühl des Verlusts ist sehr präsent und Verluste ertrage ich nicht gut. Entspannung (echte!) ist also nicht drin. Nach dem letzten Kontakt habe ich mir die Augen aus dem Kopf geheult-
Geht da noch was? Kann ich noch wenden? Und wenn ja: wie?
Eine KS ist wohl eher keine Option, denn dazu bräuchte es erst einmal wieder einen regelmäßigen Kontakt.
Sollte ich den Kontakt überhaupt noch wollen / suchen?
Ihr seht schon… verwirrt.
Ich würde mich total freuen, würdet ihr mal von außen auf die Sache draufgucken und mich ein wenig schütteln. Oder zumindest erhellen. Oder eure Meinung kundtun. Ein Austausch mit „Gleichgesinnten“ und Mitleidenden, die nicht (zumindest nicht sofort) sowas sagen wie: „selbst schuld, dass du dich auf sowas eingelassen hast / hättste wissen können / ich habe es dir ja gleich gesagt“, könnte wohltuend sein, glaube ich.
Aber erstmal danke ich euch fürs Zuhören/Durchlesen.
es ist schon lustig, dass ich tatsächlich dachte, meine Story sei einzigartig, bis ich in meiner Verzweiflung und meiner Schmach über diese Seite hier stolperte… meine Güte, bin ich blauäugig. Aber es ist meine erste Affäre und ich übe noch.
Ich bin – wie so viele hier – so in meinem Dilemma gefangen, dass es mich schier in die Verzweiflung treibt. Mir platzt der Kopf. Ich kann nicht mehr nachdenken. Und ich weiß nicht, ob ich noch etwas tun sollte und, wenn ja, was: ist das Ganze noch zu retten? Bin ICH noch zu retten? Wer weiß es – ich weiß es nicht. Kennt ihr das? Hirn ganz wattig vom vielen Zermartern – Herz isses ja eh.
Ach – und ich denke, ich habe so ziemlich jeden Kardinalfehler begangen, den man begehen kann, ich unwissendes SCHAF, ich.
Aber von vorn:
ich, Anfang 50, habe mich 2019 aus einer langjährigen Beziehung zu einem psychisch kranken Mann gelöst, die mir einen schweren Schlag versetzt hat und von der ich mich begann, langsam zu erholen, als ich im Dezember 2020 zufällig über meinen (damals noch nicht) AM stolperte. Ich war völlig uninteressiert an Männern zu dieser Zeit und nahm ihn zuerst nur am Rande wahr, dachte: „Was will der denn von mir?“. Er ließ sich meinen Namen geben, recherchierte und kontaktierte mich via E-Mail über meine geschäftliche E-Mail-Adresse. Wir kamen ein wenig ins Plaudern (ich war nach wie vor nicht sonderlich interessiert), befreundeten uns auf einer Social-Media-Seite miteinander und tauschten über deren Messenger Nachrichten aus – zunächst per „Sie“, irgendwann duzten wir uns. Es kam, wie es kommen musste: die Nachrichten wurden persönlicher, schnell vertraut, wir merkten, dass wir uns gut verstehen, gemeinsame Interessen und gemeinsame Vorstellungen von dem haben, was man so gemeinhin „Leben“ nennt.
Er erzählte nicht sofort, dass er, Ende 40, verheiratet ist, seit fast 20 Jahren, und zwei Kinder hat (15 und 19). Ich sprach ihn, da wir bereits einen regen Austausch nicht nur von Nachrichten, sondern auch von Fotos pflegten, schließlich selbst darauf an, als ich sah, wie sein Haus um die Weihnachtszeit herum dekoriert war und mir das für einen alleinstehenden Mann zu …üppig schien. Ich fragte ihn direkt, wann er mir das hätte sagen wollen. Er antwortete, dass er mir das bald gesagt hätte, aber im Grunde längst von seiner Frau getrennt sei, man habe getrennte Schlafzimmer, streite nur noch, da sei nichts mehr. Seine (leicht panische) Frage, wie ich damit und mit ihm nun, wo ich das wisse, umgehen würde, beantwortete ich, indem ich ihm sagte, ich sei derzeit ohnehin nicht an einer Beziehung interessiert, ich würde daher mit ihm so umgehen, wie zuvor.
In den Folgewochen – wir schrieben täglich, es war ihm dabei egal, dass seine Familie um ihn herum war und das mitbekam, ohne es einordnen zu können; er rief auch ständig an, suchte immer aktiv nach Möglichkeiten, dies zu tun – kamen wir uns noch näher; ich war plötzlich (man ahnt es schon) überhaupt nicht mehr nicht an einer Beziehung interessiert. Wir tauschten bis in die Nacht hinein Nachrichten aus, die sehr persönlichen Inhalts waren, außerdem gab es täglich Fotos. Zum Jahreswechsel schrieb er Punkt Mitternacht mir, obwohl er im Kreise der Familie feierte. Ich sei omnipräsent in seinen Gedanken, schrieb er, er sei so froh, dass wir uns kennengelernt haben und unseren Weg gehen würden.
Neujahr trafen wir uns zum ersten Mal wieder persönlich, gingen spazieren, aufgeregt wie die Teenager mit nicht nur wegen der Kälte zitternden Händen, endeten knutschend. Die Kontakte wurden daraufhin noch intensiver, er bohrte und baggerte, wollte, dass ich mich ihm öffne, schwor mir, er würde mich nie verletzen, mein Herz sei bei ihm sicher. Noch im Januar trafen wir uns bei mir und schliefen das erste Mal miteinander – beide wiederum sehr aufgeregt. Ebenfalls im Januar gestand er mir seine Liebe. Auch im Januar reagierte AM äußerst eifersüchtig auf einen Mann in meinem Umfeld, an dem ich nun wirklich (!) überhaupt nicht (!!) interessiert war; ich hatte beiläufig erwähnt, dass dieser Mann mir Komplimente gemacht hat. AM erzählte mir, er habe schon befürchtet, dass er bei mir eifersüchtig reagieren würde – bei seiner Frau sei er das nicht.
Anfang Februar – wir hatten uns bis dahin in den farbigsten Bildern unsere gemeinsame Zukunft ausgemalt – schrieb er das erste Mal, er habe Angst, das seinen Kindern nicht antun zu können. Mitte Februar kam es zu einem Riesenkrach mit AMs Familie, die ihn quasi stellten, sich bei ihm beschwerten, dass er nur noch Augen für sein Handy habe, ihnen nicht zuhöre; sie wollten, dass er lange mit ihnen aufbleibe, nicht so früh ins Bett gehe. Alle weinten, das jüngere Kind kollabierte fast, AM selbst war mit den Nerven am Ende und wusste weder ein, noch aus. Die Frage, ob er eine Andere habe, hatte er – das war irgendwann mal für den Fall der Fälle so zwischen uns abgesprochen worden – verneint. AM sagte mir, wir müssten nun mit unseren Kontakten ein wenig kürzertreten. Taten wir aber nicht. Nur ein paar Tage später machten wir einen Tagesausflug, bei dem wir kaum sprachen, nur „fühlten“. Es kam zu keinerlei sexuellen Kontakten, wir spürten einander nur nach, hielten Händchen, hörten Musik, genossen, dass der Andere da war. Für uns stand ab da erst recht fest: wir lieben uns!
Er gab mir immer wieder zu verstehen, dass wir unseren Weg gehen würden – aber ein Zeitfenster könne er nicht nennen, wir sollten aufeinander vertrauen, das sei so viel. Mir war es nicht genug. Ich gestehe, ich wurde zu dieser Zeit unruhig, fragte nach, wollte klärende Gespräche führen; kurzum: ich wurde SEHR unentspannt.
Etwa ab April ließ die Nachrichtenflut ein wenig nach; wir schrieben nach wie vor täglich, aber nicht mehr so oft am Tag. Wir hatten ein bestimmtes „Bilderritual“ etwickelt, mit dem wir uns in die Nacht verabschiedeten, das gab es nach wie vor. Wir begrüßten uns zudem jeden Morgen. Gleichzeitig häuften sich AMs Streitigkeiten mit seiner Frau, in welche diese auch die Kinder hineinzog. AM litt hierunter sehr, er hatte große Angst, dass dies insbesondere bei dem jüngeren Kind Schaden anrichten könnte. Irgendwie hoffte er, dass die Kinder mit der Zeit merken würden, dass es ihre Mutter ist, die das endgültige Scheitern der Ehe mit ihren ewigen Nörgeleien und Streits herbeiführt (dass ER es ist, der immerhin eine Affäre hat, blendete er dabei offensichtlich aus). Er ordnete unser „Ding“ recht früh auch nicht als Affäre ein, sondern sah sich bereits in einer Beziehung mit mir. Im Grunde wünschte er sich, mich gegen seine Frau austauschen zu können bei ansonsten gleichbleibenden Parametern (Kinder, Haus). AM erwähnte immer öfter, er sei zerrissen zwischen den Welten, das beschäftige ihn sehr, er komme fast nicht mehr zur Ruhe. Er wisse nicht, wie und ob das weitergehen könne. Auf meine Reaktion: „Wenn es zu stressig wird, dann beenden wir es!“ antwortete er, er wisse es gerade auch nicht.
Mitte Mai dann schrieb er mir, zuhause argwöhne seine Frau, er habe eine Andere und kommuniziere dies ständig über das jüngere Kind. Das Kind habe ihm gesagt, die Mutter habe erzählt, es sei so auffällig, dass AM stets darauf achte, sein Handy nicht herumliegen zu lassen. Das, so AM, sei so für das Kind nicht aushaltbar. Er wolle daher austesten, ob sich und was sich ändere, lasse er das Handy ab jetzt offen herumliegen. Er wisse, was er mir damit antue, denn wir würden dann weniger Kontakt haben können, aber er müsse das austesten – es sei das letzte, was er zum Wohle der Kinder noch tun könne, er müsse diese schützen. Auch er selbst halte diesen „Spagat“ nicht wesentlich länger aus. Er schrieb, dass er mich liebe, immer lieben werde – egal, wie das ausgehe; er danke mir für alles und würde mir immer dankbar sein (was, aus jetziger Sicht betrachtet, nach Abschied klingt). Eventuell sei es besser, die Baustelle zuhause erst einmal in den Griff bekommen. Ich schrieb, dass er das tun solle, wenn er meine, er müsse das tun; ich würde mich von mir aus jetzt nicht mehr bei ihm melden. Melde ER sich, würden wir weitersehen.
Ich hatte offen gestanden nicht wirklich erwartet, dass er sich nicht zeitnah wieder melden würde, denn er war bis dahin eine „sichere Bank“ gewesen, absolut zuverlässig in seinen Kontaktaufnahmen. Tatsächlich hörte ich dann aber drei Wochen gar nichts mehr von ihm. In dieser Zeit litt ich Höllenqualen, ging von Trennung aus (unserer), denn es fühlte sich so an. Ich kannte es ja nicht, dass wir gar nichts voneinander hörten. Als ich es nicht mehr aushielt, kontaktierte ich ihn kurz.
Und seither ist es schräg:
der Kontakt ist äußerst sporadisch. Unsere alten Kosenamen füreinander verwenden wir nicht mehr, seine Anreden sind förmlich/seltsam („Hallo…“ / „Liebe …“), so, als schaute ihm jemand über die Schulter. Wir tauschen keine Bilder mehr aus. Haben wir mal Kontakt, schreibt er im Großteil der Nachrichten nach wie vor, dass er mich liebt.
Ich „darf“ ihn nicht mehr kontaktieren, weil das Handy offen herumliegt und seine Familie Zugriff darauf hat (ich „darf“ natürlich schon, letztlich kann mir das niemand verbieten; ich würde es aber ihm zuliebe nicht tun, jedenfalls nicht während der Zeiten, zu denen er zuhause ist; das weiß er auch). Wenn ich eine Unterhaltung beginne, soll ich zuerst etwas „unverfängliches“ schreiben. Unsere Chatverläufe löscht er sofort wieder.
Wenn wir telefonieren (selten genug und nur während der Arbeitszeit), ist es sehr vertraut. Meine Frage, wo wir denn eigentlich stehen, beantwortete er mit: er habe so viel Stress, so viele Baustellen, er müsse erst einmal zu sich kommen. Er habe Angst, er habe vor allem Angst, seine Kinder zu verletzen.
Zu meinem Geburtstag schrieb er mir eine äußerst liebevolle Nachricht, auch in dieser schrieb er, dass er mich liebt.
Nach meinem Urlaub, den ich zusammen mit einer Freundin verbrachte, besuchte er mich zuhause, nachdem er mir zuvor geschrieben hatte, wie sehr er es sich wünsche, mich wieder in seinen Armen zu halten, zu küssen, und… - wir durchlebten in der kurzen Zeit, die er an dem Tag für dieses spontane Treffen hatte, die ganze Palette, er sagte beim Abschied erneut, dass er mich liebt. Meinen großen Fehler, mit ihm auch das „und…“ getan und nicht auf mein Bauchgefühl gehört zu haben, erkannte ich fast sofort; ich hatte vorher schon Bedenken, weil der Kontakt für das „und…“ gefühlt eigentlich nicht mehr intensiv genug gewesen war im Vorfeld, tat es aber trotzdem. Und das Gefühl trog nicht: denn anders als sonst, wenn wir uns getroffen hatten, meldete er sich danach nicht nur abends, sondern zwei Wochen lang nicht; sonst war es immer so gewesen, dass wir unsere Treffen quasi „nachbesprachen“, uns schrieben, wie schön es gewesen sei, etc. Ich wiederum schrieb ihm nicht, weil ja nach wie vor das Problem bestand, dass seine Familie auf sein Handy zugreifen konnte.
Am letzten Arbeitstag vor seinem Urlaub (zusammen mit der Familie) kontaktierte ich ihn schriftlich. Die Nachricht war, für meine Verhältnisse, recht steif formuliert und kündigte ihm an, es sei wohl an der Zeit, ihm die Nachricht zu schicken, die ich schon seit der ersten Funkstille zum Versand an ihn vorbereitet hatte, in der ich mir meinen Frust von der Seele schrieb und die damit endete, dass er machen solle, was er meine, machen zu müssen, dann aber ohne mich; er dürfe sich sehr gern wieder melden, wenn er wirklich frei für mich sei.
Da AM, wie er erst schrieb und dann in einem anschließenden Telefonat nochmals bekräftigte, Angst vor dieser Nachricht hatte, deren Inhalt er nicht kannte, aber erahnte, und meinte, er wisse nicht, ob er sie wirklich haben wolle, das verkrafte er „zur Zeit nicht auch noch“, schlossen wir einen Kompromiss: ich sendete ihm den ersten Teil der Nachricht, in dem ich meine Sicht der Dinge schilderte, ließ aber den Schluss weg. Gleichzeitig erklärte ich ihm am Telefon nachdrücklich, dass es für mich auf Dauer so nicht funktionieren wird – ohne Kontakt wachse die Liebe nicht, man verliere sich, das sei nicht meins. Ich sagte ihm deutlich, dass er mich verlieren würde, wenn es so weitergehe, und fragte, ob er das ggf. insgeheim wolle und deshalb provoziere? Nein, sagte er, er würde mir sagen, wenn es so wäre. Die Ansage, dass wir uns auch erst einmal nicht mehr bei mir zuhause treffen würden, träfen wir uns nochmals, akzeptierte er und konnte er verstehen. Wir telefonierten (lang) an diesem Tag; er schrieb danach zweimal, dass er an mich denke (mit Küsschen und Herzchen-Emoji). Dann fuhr er mit seiner Familie in den Urlaub.
Aus dem Urlaub meldete er sich nicht. Er meldete sich auch nicht von sich aus, als er wieder aus dem Urlaub zurückkehrte. Den Kontakt stellte wiederum ich her, denn ich gratulierte ihm zum Geburtstag. Er antwortete zwar, aber die Antwort war so formuliert, dass ich mit ihr im Grunde nichts anzufangen weiß; sie ist… nichtssagend gewesen. Und ich bin mir sicher, dass jetzt wenigstens für ein paar Tage, wenn nicht Wochen Funkstille herrscht – es sei denn, ich hebe den Ball wieder auf.
To cut a long story short:
Sechs Monate lang gabs täglich Kontakt, seit drei Monaten: fast nüscht mehr. AM hat die „Reset“-Taste gedrückt, vielleicht auch die „Pause“-Taste. Im schlimmsten Fall sogar „Stop“.
Ja, ich weiß: ich habe irgendwann alles falsch gemacht, was ich als Affäre eines offenbar unentschlossenen, zerrissenen AM nur falsch machen konnte; ich war nicht mehr entspannt, nicht mehr cool genug - aber irgendwie bin das ja ich.
Und nun weiß ich nicht weiter. Ich versuche aktuell, mich zu entspannen und mir zu sagen, dass es nun einmal ist, wie es ist, aber das Gefühl des Verlusts ist sehr präsent und Verluste ertrage ich nicht gut. Entspannung (echte!) ist also nicht drin. Nach dem letzten Kontakt habe ich mir die Augen aus dem Kopf geheult-
Geht da noch was? Kann ich noch wenden? Und wenn ja: wie?
Eine KS ist wohl eher keine Option, denn dazu bräuchte es erst einmal wieder einen regelmäßigen Kontakt.
Sollte ich den Kontakt überhaupt noch wollen / suchen?
Ihr seht schon… verwirrt.
Ich würde mich total freuen, würdet ihr mal von außen auf die Sache draufgucken und mich ein wenig schütteln. Oder zumindest erhellen. Oder eure Meinung kundtun. Ein Austausch mit „Gleichgesinnten“ und Mitleidenden, die nicht (zumindest nicht sofort) sowas sagen wie: „selbst schuld, dass du dich auf sowas eingelassen hast / hättste wissen können / ich habe es dir ja gleich gesagt“, könnte wohltuend sein, glaube ich.
Aber erstmal danke ich euch fürs Zuhören/Durchlesen.
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