Liebe Nahla
Ich bin neu hier und habe gestern mit grossem Interesse deinen Strang gelesen. Ich muss sagen, dass es mich gefesselt hat zu lesen wie es dir jeweils ergangen ist und konnte dabei vieles nachempfinden.
Ich erlaube mir hier mal aus Sicht eines Mannes (aus meiner), selbstverständlich nicht pauschal für alle geltend, dir einen Einblick zu geben wie es auf der gegenüberliegenden Seite sein kann.
Ich werde mich vermutlich leider nicht kurz fassen können, das scheint mir nicht zu liegen^^
Ich bin 35 Jahre alt, sehnte mich seit der Jugend nach einer Beziehung, lernte lange Zeit keine Frau kennen die ich Interessant fand und diese mein Interesse erwiderte hätte.
Das lag vermutlich primär an meinen Komplexen. Ich fand mich selber optisch nicht attraktiv (kein Adonis ) und mein Selbstvertrauen war auch kaum vorhanden. Somit auch nicht wirklich Ausstrahlung.
Und so kam es, dass wenn sich mal eine Frau für mich interessiert hat die mir gefiel oder besser gesagt, wenn mich eine Frau nicht direkt abgewiesen hat (verbal oder nonverbal, ich habe oftmals Frauen nicht angesprochen aus Angst vor Zurückweisung), dass ich mich extrem schnell in diese Frau verliebt habe...
Es ist jetzt nicht so, dass ich unzählige solche Erfahrungen gemacht habe, aber die 2-3x wo dieses gegenseitige Interesse vorhanden war, kam es auch schnell zum Kuss und viel Intimität. Im nachhinein war dieses schnelle vorwärts machen nie hilfreich, auch wenn es in dem Moment wunderschön war, da ich mich so lange danach gesehnt hatte.
Wieso war es nicht hilfreich. Zum einen ist einfach gewesen von 0 auf 100 zu kommen. Es ist zwar logisch, dass es nicht immer bei 100 bleiben kann, aber nur weil es logisch ist, ist es trotzdem emotional schwierig zu handeln.
Ich denke gerade wir Männer sind gefährdet, sobald die rosarote Brille langsam die normale Farbe annimmt, sehr schnell in den Emotionen abzusacken. Da fehlt dann wohl die Kristallisation, die ich hier kennen gelernt habe.
Für die Frau ist dies natürlich kaum nachvollziehbar, weil sich in ihren Augen eigentlich nichts geändert hat.
Ich für mich stelle im nachhinein fest, als mein Wunsch sich erfüllte eine Frau gefunden zu haben die ich toll finde und die sich auch für mich interessiert, diese Intimität die ich mir so sehr wünschte da war (da geht es mir überhaupt nicht um den Sex, sondern das was auch du beschrieben hast mit Händchen halten, zusammen einschlafen, etc.), eben alles zu schnell ging.
Wer kann und will sich schon dieser wunderschönen Gefühlsexplosion entziehen? Ich wusste bei jeder Frau ganz genau was mich stört, resp. irgendwann mal stören könnte, was ein Problem werden könnte. Aber ich hatte keine Lust auf diese schönen Momente zu verzichten, hoffte das ich irgendwie damit klar kommen werde.
Wäre es nicht so schnell gegangen, hätte ich mich vermutlich besser mit den möglichen Problemen auseinander gesetzt, hätte vielleicht die Chance gehabt entweder einen Schlussstrich zu ziehen bevor jemand so verletzt wurde wie es dann geschah oder ich hätte Zeit zum kristallisieren gehabt, was für eine Beziehung sicher nachhaltiger gewesen wäre.
Vielleicht ist es ein Stück weit vergleichbar mit einem Mann der permanent mit einem Ständer rum läuft und wenn er dann endlich sein Bedürfnis stillen konnte ist die Luft fürs erste raus, er schläft zufrieden ein während die Frau überhaupt nicht müde sein muss, sondern noch problemlos weiter machen könnte.
Der Mann jedoch braucht u.U. etwas Zeit bis er wieder bereit ist. Das dauert bei allen unterschiedlich lange. Und diese Zeit kann sich für eine Frau brutal lange anfühlen. Vielleicht wie Entzugserscheinungen, nachdem der Mann so sehr für sie brannte und von einem Moment auf den anderen nichts mehr kommt.
Das liegt in der Natur des Mannes und das einzige was du tun kannst ist dem Mann die Zeit geben die er braucht, um wieder einen Ständer zu kriegen (ich bleibe jetzt mal bei diesem Bild). Ihn drängen wieder in die Gänge zu kommen, das wird nachhaltig nie gut kommen. Weil wenn einer Sex haben muss (immer noch symbolisch gemeint), weil dies von seiner Partnerin verlangt wird, kann er das zwar vielleicht eine Weile, aber er wird deswegen nicht brennen und irgendwann bringt er vielleicht gar nicht mehr hoch...
Ich hoffe meine Gedanken sind soweit nachvollziehbar dargestellt.
Auch hier kann ich wieder nur von mir sprechen. Ich weiss jetzt zwar, dass ich nicht zu schnell machen darf, aber ich weiss nicht ob ich das hinkriege. Ich habe gestern einen Strang erstellt wo ich u.a. meinen Zwiespalt erzählt habe.
Ich habe ein neues OdB und sie macht wirklich langsam vorwärts . Und ich bin so dankbar dafür und gleichzeitig bin ich verunsichert, da ich keine Ahnung habe wo sie steht (vielleicht weiss sie das ja selber nicht) und ich möchte doch so schnell Gewissheit haben das ihr Interesse an mir auch vorhanden ist und das wir schon bald viele schöne gemeinsame Stunden haben können, mit all dem was du jeweils beschrieben hast wenn es gematcht hatte.
Diesen Zustand aushalten, diese Differenz zwischen Kopf und Herz ist echt übel. Und da denke ich, ist auch die Frau in der Verantwortung und kann dem Mann helfen, in dem sie bremst. Bei dir und mir würde man wohl eine schwarze Bremsspur auf der Strasse sehen, weil der Mann das Gaspedal komplett durchdrückt und die Frau ebenso stark die Handbremse ziehen muss, damit man nicht bei der nächsten Kurve von der Strasse abkommt und einen Totalschaden erleidet. Zuerst geht ja alles nur geradeaus, da ist es die Kunst den Moment nicht zu verpassen auf die Bremse zu ziehen bevor die Kurve ganz unerwartet auftaucht und es bereits zu spät ist.
Nun, jetzt können wir gleich gemeinsam ein Rezept erarbeiten, wie wir das zukünftig machen, wenn zwei wie wir beide aufeinander treffen und es matcht . Weil, keiner von uns beiden scheint wirklich gerne auf die Bremse treten zu wollen, weil wir dieses Gefühl des Verliebtseins, des begehrt seins, der Intimität zu sehr lieben und uns wünschen. Wobei, vielleicht hat sich da bei dir ja diesbezüglich doch etwas getan, wenn ich an deine letzte Geschichte denke. Möglicherweise bist du einen Schritt weiter gekommen
Noch als letztes zum Thema schreiben. Meine erste grosse Liebe schrieb sehr viel und ich bin diese Tempo gerne mitgegangen. Ich war zu dieser Zeit sehr bedürftig, wie das hier so schön benennt wird^^ Ich habe alles versucht und gemacht damit ich bei ihr eine Chance habe und sie mich toll findet und das mit uns etwas wird...
Es wurde irgendwann zur totalen Belastung, permanent schreiben zu müssen. Ihre Erwartung war, dass ich immer Zeit haben musste wenn sie etwas von mir wollte. Egal wie stressig ich es auf der Arbeit hatte, ob ich Zeit hatte oder nicht. Davon bin ich nachhaltig traumatisiert und darunter litt dann später ein Stück weit auch meine Ex-Freundin.
Es gab Phasen da schrieb ich gerne, nahm mir diese Zeit. Aber tendenziell bin ich jemand der das nicht mehr will. Ich will nicht daran gemessen werden wie schnell und ob ich schreibe. Sicher, wenn es etwas informatives ist und man aus organisatorischen Gründen froh um eine zeitnahe Antwort ist gebe ich diese auch schnell.
Ansonsten brauche ich diesen Kontakt nicht mehr, will ihn auch nicht mehr als selbstverständlich betrachtet sehen. Wenn ich Bock habe zu schreiben tue ich es und sonst halt nicht. Da telefoniere ich lieber. Beim schreiben kannst du einfach viel zu viel hinein interpretieren, es gibt so schnell Missverständnisse und Unsicherheit.
Es ist für mich mittlerweile auch total ok länger mal nichts zu hören, weil ich mir das auch heraus nehmen will. Klar, es stresst mich wenn ich von meinem OdB nichts höre und sie z.T. meine Nachrichten nicht beantwortet. Aber das hat rein mit mir zu tun. Und ich will lernen solche Situationen auszuhalten.
Andererseits bin ich dankbar drum wird Tempo raus genommen (weshalb habe ich ja nun ausführlich erzählt^^) und ich stelle fest, es gefällt mir auf eine Art auch. Es übt einen gewissen Reiz auf mich aus und ist vielleicht auch näher dran an früher, als es noch keine Handys gab und maximal übers Festnetzt telefoniert werden konnte. Ich bin sicher, da ist in Sachen Kristallisation was ganz anderes abgegangen als heute wo wir permanent im Kontakt sein können.
Ich komme endlich zum Ende . Wenn ich Dir einen Rat geben darf, dann denjenigen das du in allem was du tust wenn du ein OdB kennen lernst, nimm Tempo raus. Sehr viel Tempo, Drücke die Bremse durch, sei es beim ersten Kuss, bei den Schritten die du mit deinem OdB gehst, beim schreiben etc. Für mein Empfinden sind deine OdB früher oder später immer in der Kurve rausgeflogen weil sie in aller Verliebtheit vergessen haben sich anzuschnallen (zu wenig Kristallisation) und du im selben Tempo weitergefahren bist und sie es nicht mehr wieder ins Auto geschafft haben.
Um in diesem Bild zu bleiben, irgendwann bist du, ganz unbewusst, auf den Fahrersitz gewechselt und er auf den Beifahrersitz weil du das Tempo beibehalten wolltest oder sogar noch beschleunigen.
Wäre er der Fahrer geblieben, hätte er das Tempo vielleicht gedrosselt und wenn er in der Kurve trotzdem aus dem Auto geflogen wäre, wäre das Auto stehen geblieben und er hätte sich vielleicht berappelt und hätte sich nach kurzem schütteln wieder hinter das Lenkrad setzen können, während du geduldig auf dem Beifahrersitz auf ihn gewartet hättest. So aber war es ihm nicht mehr möglich nochmals einzusteigen, da du schon viel zu weit warst bist du gemerkt hast, dass er nicht mehr neben dir sitzt und ja du das Gaspedal drückst.
Wichtig ist mir zum Ende zu betonen, dass es hier nicht um irgendeine Schuldzuweisung geht. Ich finde das Verhalten "deiner" OdB total daneben, wie es am Ende jeweils gelaufen ist. Keine Eier, sagen wir solch einem Verhalten unter Männern.
Dass es am Ende leider nichts nachhaltiges wurde, liegt letztendlich trotzdem idR immer in der Verantwortung von beiden Seiten. Sei es durch bewusstes ignorieren von Warnzeichen oder das verpassen, nicht können, nicht wollen von Verantwortung zu übernehmen. Vielleicht haben oftmals Entscheidungen etwas damit zu tun oder nicht zu tun aus Angst etwas zu verlieren. Angst ist selten ein guter Ratgeber mMn.