Admin Wolfgang hat geschrieben:
Das hätte mich schon immer mal brennend interessiert, wie man das macht, das an sich arbeiten.
Jimmy Dean hat geschrieben:
ich halte es nicht für zielführend...begrifflichkeiten in das lächerliche zu ziehen....aber egal...
Na ja, ins Lächerliche wollte ich seine Aussage nicht ziehen, aber eine provokante Frage stellen - denn diese Begrifflichkeit hat bei den Meisten die sie verwenden eine Absurdität im Schlepptau... Darauf wollte ich verweisen.
Jimmy Dean hat geschrieben:
aber die frage ist provokant...,an sich arbeiten ist eine erstrebenswerte vorgabe..
An sich hast Du natürlich Recht Jimmy. Es geht nur um die Frage, wie man an sich arbeitet... Denn das "Arbeiten an sich“, kann erstaunlicherweise den Menschen schlechter machen als er vorher war. Wenn ihr Euch mal die alten Filme von Woody Allen anschaut, ich glaub "Der Stadtneurotiker" ist einer davon, da sieht man, wie durch Psychoanalyse und "arbeiten" an der eigenen Persönlichkeit, der arme Kerl immer nur noch neurotischer wird.
Das mit den Ex-Zurück-Strategien zeigt im Prinzip in dieselbe Richtung... Allgemein geht es darum spontanes Verhalten auszuschalten und es durch gewolltes zu ersetzen. Wenn das übertrieben wird und man es zum Lebensprinzip erhebt, läuft etwas ganz gewaltig schief...
Jimmy Dean hat geschrieben:
ich halte es ehern mit erkenntnissen..daraus resultieren andere wahrnehmungen..und die können/sollten künftige entscheidungen beeinflussen...d.h daraus resultieren wieder andere ergebnisse...
das kann man ..auch an sich gearbeitet nennen..
Jimmy, da bist Du gut aus meiner aufgestellten Falle herausgeschlüpft, denn das ist die sinnvollste Art der Persönlichkeitsentwicklung. Wertfrei Erkenntnisse einsammeln und sie auf sich einwirken lassen... Ich würde das aber nicht arbeiten nennen, denn der Terminus "arbeiten" beinhaltet von der Semantik her ja schon eine Anstrengung. Und diese Anstrengung ist es, die ich mit meiner provokanten Frage aufspießen wollte.
Um Euch das mit dem „An-Sich-Arbeiten“ näher zu erklären, muss ich etwas weiter ausholen und die Evolution des Menschen da mit hinein nehmen. Genauer gesagt die Evolution der linken Hemisphäre. Wir Menschen nehmen im Tierreich eine Sonderstellung ein, weil wir über einen Willen verfügen und über eine eigene Willkürmotorik. Der Wille macht uns von unseren biologischen Antrieben anscheinend unabhängig.
Wir können uns zum Beispiel mit der Hand am Kopf kratzen, einfach so, weil wir das tun wollen und ohne dass es uns am Kopf juckt... Ein Hund kann das nicht. Ein Hund kann unmöglich aus einer Überlegung heraus sich am Kopf kratzen, einfach so... Wenn ein Hund sich mit der Pfote am Kopf kratzt, dann muss dafür ein Grund gegeben sein, meist ist es ein Juckreiz, den er dadurch beseitigen will. Sich zum Spaß kratzen geht nicht, das kann nur ein Mensch...
Die ursprüngliche evolutionäre Neuerung, die mit der Herausbildung des Willens einherging, war aber ihrem Wesen nach eine Hemmung. Wir Menschen können Bedürfnisse hemmen und zurückstellen, um sie später zu verwirklichen, wenn die Zeit dafür besser geeignet ist. Das heißt aber nichts anderes, als dass wir Menschen die Fähigkeit besitzen, uns gegen unsere Gefühle zu entscheiden...
Unser Wille bzw. unser Verstand hat über Jahrzehntausende auch die Fähigkeit erlangt, uns logisch denken zu lassen. Dieses Denkvermögen war die Basis für die Fertigung von Gerätschaften und Waffen, die dem Menschen das Überleben erleichterten und die ihm einen ungeheuren Vorteil einbrachten... Der Mensch lernte so durch die Fähigkeiten seiner linken Hemisphäre Objekte zu manipulieren... Soweit so gut.
Die Herausbildung unseres freien Willens hatte bzw. hat aber auch psychobiologische Schattenseiten – wenn der Wille sich durch Training bzw. Erziehung übermäßig entwickelt... Dann treten Fehlfunktionen auf, die sehr störend sein können und sogar seelisch krank machen...
Es ist nämlich so, dass im Grunde unser Wille den Gefühlen als Erfüllungsgehilfe zur Seite stehen sollte... So ist das System von der Natur aus konzipiert. Jetzt kann es aber durch eine zwanghafte Lebensführung soweit kommen, dass ausschließlich der Wille eines Menschen sein Leben bestimmt und die Gefühle als bedeutungslos in den Hintergrund verbannt werden...
Da haben wir dann die groteske Situation, dass ein hypertrophierter Wille alles entscheiden und bestimmen will und die Spontaneität unserer anderen Gehirnhälfte dadurch ausgeschaltet wird.
So haben viele von uns durch Schule und Erziehung die Fähigkeit eingebüsst, im Sozialverhalten locker und ohne Mühen und Anstrengung zu kommunizieren. Vor allem Männer leiden unter dieser „Krankheit“, weil sie schon von Natur aus nüchterner und linkshemisphärischer sind als Frauen. So kann es passieren, dass einer nicht flirten kann, weil er nicht weiß, wie das geht.
Er „wüsste“ das im Grunde schon, nur hat er den Zugang zu seiner Spontaneität verloren, weil sein übermäßig in den Vordergrund gerückter Wille, das Andere, das auch da ist, regelrecht erstickt...
So ist er blank im Umgang mit Frauen... Sein Verstand, seine Intelligenz, kann ihn da nicht helfen, weil der Umgang mit Frauen eine Komplexität beinhaltet, die den Verstand völlig überfordert...
Und das andere System ist tot, abgewürgt und unbrauchbar gemacht und nur von ihm käme Rettung... Dieses System würde ein müheloses Kommunizieren mit einer Frau ermöglichen, ohne nachzudenken, schwerelos sozusagen, einfach und dahinfließend...
Wenn solche Individuen in soziale Schwierigkeiten geraten, ist der Wunsch oft sehr groß, die Persönlichkeit zu verbessern; schnell ist da die Idee da, an sich zu arbeiten, um sich zu perfektionieren. So wird das neurotische Zwangssystem immer noch weiter vorangetrieben. Die Lösung bzw. die Therapie wäre hier etwas wegzunehmen und nicht noch ständig Neues dazuzufügen...
Das sind meine Assoziationen, die ich mit dem Begriff „Arbeiten-An-Sich“ verbinde. Ist jetzt vielleicht ein bisschen kompliziert geraten meine Erklärung. Vielleicht versteht es der eine oder andere dennoch, auf was ich hinaus will.
Schönen Sonntag noch!
Wolfgang