29.04.17:
Lieber dexo,
während ich all das hier schreibe, sitze ich am Cap Barbavia und versuche meinen Gedanken freien Lauf zu lassen.
Ich weiß nicht was bei mir los is. Aber ich weiß auch nicht was bei dir los ist. Und erst recht weiß ich nicht was bei uns los ist.
Reden wir doch mal Tacheles bzw. schreibe ich doch mal die Tatsachen auf:
Du und ich wir sind ein tolles Paar. Es ist nicht nur die Liebe, die uns verbindet, sondern eben auch eine sehr tiefe und innige Freundschaft. Mit dir zusammenzuleben ist toll. Aber irgendwie auch anstrengend. Ich denke aber, dass das normal ist.
Wir haben ähnliche Vorstellungen vom Leben, jedoch sind wir bisher vollkommen verschiedene Wege gegangen, um unseren jeweils persönlichen Traum zu leben.
Du hast auf deinem Weg Fehler gemacht und ich auf meinem auch. Wir müssen unsere Fehler finden und einsehen, damit wir aus ihnen lernen können. Aber niemals werden wir perfekt sein. Denn wir streben immer nach Perfektion. Einmal dort angekommen, wäre unser Leben doch kaum noch lebenswert. Es hätte einfach keine Inhalt mehr, bzw. wir hätten unser Lebensziel erreicht.
Mir tut es leid, dass ich in deinem, unserem und meinem Leben so ein Chaos verursache. Aber es war nötig. Ich denke nicht nur für mich, sondern auch für dich und für uns. Ich wünsche mir nämlich nur eins: Dass du glücklich wirst, ich glücklich werde und wir glücklich werden. Ich war im letzten Jahr ziemlich unglücklich und ich denke, dass du das auch mitbekommen hast. Ich habe mein Selbstbewusstsein und meine Lebensfreude selbst zerstört.
Das weiß ich mittlerweile und mir geht es wieder viel besser. Aber ich kann dennoch nicht sagen, das ich zu 100% glücklich bin.
Doch auch das ist doch irgendwie normal. Was bedeutet denn glücklich zu sein? Wie sieht unser Plan aus das persönliche Glück zu finden? Ich denke ein großer Teil davon heißt mit sich selbst im reinen zu sein. Bin ich das? Bis du das? Sind wir das?
Wir haben noch viel vor in unserem Leben. Ich in meinem und du in deinem. Ich denke, dass wir erst all dies in unserem gemeinsamen Leben erreichen werden wenn wir beginnen die Aufgabe unserer eigenen Leben aktiv zu erledigen und uns damit auseinanderzusetzen. Ich bin ein bisschen weitergefahren, habe während des Weges ein wenig nachgedacht und bin jetzt bei Cala Saona.
Es ist wunderschön hier und eines Tages möchte ich dir gerne das alles zeigen. Mein Spanien und vor allem - mein Mallorca.
Dass ich noch länger hier bleiben will, hat nichts mit uns zu tun. Aber ich spüre einfach, dass ich noch ein paar weitere Monate brauche.
Meine Mutter meint, ich würde das nur wollen, weil ich auf diese Art und Weise vor etwas fliehen kann. Vielleicht ist das so, aber vielleicht auch nicht. Ich würde es nicht so nennen.
Aber ich brauche vielleicht doch noch etwas Zeit für mich. Ich habe im Moment das Gefühl, dass mein Leben so vorher bestimmt ist. Wir wohnen zusammen, kaufen ein Haus zusammen, bekommen vier gemeinsame Kinder und heiraten. Klar sind das Ziele, die ich in meinem Leben habe und bestimmt auch mal erreichen werde. Aber das hat Zeit. Vorher möchte ich noch viele tolle ungeplante Dinge erleben, auch wenn du weißt, dass ich morgens schon geplant haben muss, was ich am Abend essen werde. Ich habe hier viel meiner Spontanität zurückerlangt. Und meinen Egoismus. Deswegen muss ich dir sagen, dass ich froh bin dieses Drama veranstaltet zu haben. Genauso froh bin ich, dass dir das mit dem Heiraten rausgerutscht ist. Ich bin noch nicht bereit dazu. Hättest du mich gefragt dann hätte ich bestimmt "Ja" gesagt. Aber gleichzeitig hätte och auch gewusst, dass dies noch nicht der Wahrheit entspricht. Ich schätze das ist das falscheste, das man im Leben machen kann.
Wenn x und y einmal heiraten, dann werde ich vor Neid platzen. Aber ich gönne es den beiden vom Herzen. Gleichzeitig werde ich dabei immer an uns denken und an unser Gespräch an jenem Samstagabend. All das zaubert mir ein Lächeln ins Gesichten ist wirklich eine tolle Erinnerung.
Du wirst merken, wenn ich zu diesem Schritt bereit bin. Der Tag wird kommen, an dem ich ganz bewusst ein Leben lang für dich entscheiden kann.
Aber noch kann ich das nicht. Ich möchte nicht in die Ehe hineinschlittern, weil die Bedingungen dafür stimmen. Ich möchte mich bewusst für dich entscheiden. Bis dahin wünsche ich mir, dass wir die Zeit, die wir gemeinsam haben wieder bewusster genießen und wahrnehmen und nicht jetzt schon anfangen aneinander vorbei zu leben. Denn dann endet unsere Ehe so wie die meiner Eltern. Das alles möchte ich nicht nochmal erleben und vor allem niemals meinen Kindern antun.
Natürlich wird es niemals eine Garantie geben, dass wir glücklich bleiben und gemeinsam alt werden.
Aber wir können versuchen, es besser zu machen als so viele Paare und genau dafür ist dieses ganze Chaos notwendig!
Ich freue mich den Sommer mit dir zu verbringen.