Ich habe gerade das in dem Strang Fragen an Wolfgang gefunden :
Lieber Wolfgang,
Ich habe da eine Frage an Dich bezüglich des Phänomens der Midlife Crisis. Es gibt die Theorie, daß Menschen im mittleren Lebensalter in eine solche Sinnkrise geraten können, die allerdings nicht offiziell als solche anerkannt wird.
Zur Information, was eine solche Sinnkrise laut Theorie ausmacht:
Diese Sinnkrise entsteht aus einer im Untergrund schwelenden Depression. Ein solcher Mensch gerät in den mittleren Jahren in eine Krise, in der er sich die Frage stellt: „Was habe ich erreicht? Was habe ich noch für eine Zukunft?“ Alles scheint festgefahren.
Es entsteht eine Wut auf die Außenwelt, insbesondere den Partner, der als Schuldiger herhalten muß, über die nicht erreichten Lebensziele. Die Gefühle für den Partner werden dabei verschüttet.
Nach dieser Wutphase erscheint häufig ein "Seelenverwandter" eine neue sexuelle Beziehung auf der Bildfläche. Der MCler erlebt eine heftige Verliebtheit und projiziert alle ungelebten Wünsche auf diesen Menschen.
Die Partnerin und Familie wird Hals über Kopf verlassen und oft in einem emotionalen und finanziellen Chaos hinterlassen. Der einstige loyale, verantwortungsvolle Familienmensch legt jegliche Verantwortung ab und auch die einst so geliebten Kinder können vernachlässigt werden.
Kennzeichnend ist, dass der Verlassene laut MCler die alleinige Schuld am scheitern der Beziehung trägt. Der MCler ist zu keinerlei Beziehungsarbeit mehr bereit. Er entwickelt eine immense Wut auf den Partner und ist sich selbst keiner Schuld bewusst. Der MCler leidet an starken Stimmungsschwankungen und neigt zu exzessivem Verhalten und irrationalen Entscheidungen.
Er benimmt sich in vielerlei Hinsicht ganz anders als zuvor und geht neuen Aktivitäten nach und umgibt sich mit anderen Menschen. Auch einstige Freundschaften kann er plötzlich hinter sich lassen.
Laut Theorie entsteht diese Sinnkrise aus unverarbeiteten Problemen oder einem Trauma aus der Kindheit oder Jugend. Der MCler hat gewisse Entwicklungsschritte nicht machen können und holt diese in der Midlife Crisis nach. Er fällt vom Verhalten her in den Entwicklungsstand eines Kindes oder Teenagers. Er versucht alles, um von der eigentlichen Depression abzulenken und legt ein Fluchtverhalten an den Tag. Das kann sich äußern, indem er ein Suchtverhalten an den Tag legt, sich in Computerspielen verliert, exzessiv Aktivitäten nachgeht, Pornos schaut oder eben eine neue Liebschaft.
Der/die neue Seelenverwandte scheint die Lösung aller Probleme. Sie hat keine Erwartungen und schaut zum Mcler auf. Häufig ist es auch eine Person, die selber in einer Sinnkrise ist oder Probleme hat. Sie hört einfach nur zu, ist unkritisch und schaut zum MCler auf. Die Beziehung basiert darauf der Rettungsanker füreinander zu sein. Sie sind Abhängig von einander.
Zu Beginn der Verliebtheit gibt es eine starke Idealisierung. Wenn die rosa Wolken sich verziehen und Erwartungen entstehen, kann dem Idealbild nicht mehr stand gehalten werden. Der MCler flüchtet zurück in die alte Beziehung, und idelaisiert dort erneut. Oder der MCler erwacht und die Depression kommt an die Oberfläche. Er erkennt, daß er sein Glück nicht im Äußeren suchen muß, sondern seine eigenen Probleme bearbeiten muß. (Nicht jeder MCler erwacht.)
Es können auch die verschütteten Gefühle für die Partnerin zurückkehren und der Mcler bereut sein egoistisches Verhalten. Doch häufig dauert dieser Prozess mehrere Jahre, laut Theorie, und der Verlassene hat sich mittlerweile anderweitig orientiert oder kann nicht verzeihen.
Es kann innerhalb der Midlife Crisis zu „falschen“ Versöhnungen mit dem Partner kommen, in denen der MCler die wichtigen Entwicklungsschritte noch nicht gemacht hat. Statt der Seelenverwandten wird die einstige Partnerin idealisiert und wieder flüchtet der MCler vor seinen eigenen Problemen und sucht sein vermeintliches Glück im Äußeren. Die alten Probleme kommen schnell wieder an die Oberfläche und das Spiel geht von vorne los.
Erst wenn der MCler sich seinen eigenen Problemen stellt, Entwicklungsschritte macht, aus der Depression gelangt und eine Akzeptanz für sein eigenes Leben findet, gibt es die Möglichkeit einer echten Versöhnung mit einem „gereiften“ Menschen.
Jetzt meine Fragen an Dich. Was hälst Du von dieser Theorie? Müsste man seine Strategie nicht darauf anpassen? Z.B. indem man aufpasst beim Exback auch ein gewisses Verständnis dafür hat, daß man es mit einem depressiven Menschen zu tun hat.
Indem man an gewissen Stellen die Strategie aufweicht und in dieser Phase zwar deutliche Grenzen setzt, aber in gewisser Weise auch ein offenes Ohr hat, um die Verbindung nicht zu verschütten.
Macht es Sinn um einen MCler zu kämpfen, wo die Krise doch einige Jahre andauert? Oder gibt es das Deiner Meinung gar nicht? Beruht die Depression auf der Unzufriedenheit in der Beziehung? Und gibt es ein schnelleres zurück?
Was sind Deine Erfahrungen von Ehen, die wieder zusammengefunden haben? Wie lange dauerten da die Trennungen an?
Oder hast Du Erfahrungen mit Paaren, die eine solche Krise durchlebt haben und wieder wirklich zueinander gefunden haben?
Ich bin gespannt, was Du zu diesem Thema zu sagen hast. Mehr Fragen fallen mir sicher noch ein.
Liebe Grüße
Mondi
Ich finde,das passt eine zu eins auf mein Prachtexemplar
Wolfgangs Antwort :
Hallo Mondi,
Du schreibst:
Diese Sinnkrise entsteht aus einer im Untergrund schwelenden Depression. Ein solcher Mensch gerät in den mittleren Jahren in eine Krise, in der er sich die Frage stellt: „Was habe ich erreicht? Was habe ich noch für eine Zukunft?“ Alles scheint festgefahren.
Es entsteht eine Wut auf die Außenwelt, insbesondere den Partner, der als Schuldiger herhalten muß, über die nicht erreichten Lebensziele. Die Gefühle für den Partner werden dabei verschüttet.
Es mag im Beruflichen diese Sinnkrise geben, dass Männer unzufrieden sind, mit dem Status den sie gesellschaftlich erreicht haben. Oder, ihr Beruf gefällt ihnen ganz allgemein nicht mehr; zu eingefahren alles und zu wenig Spass bzw. Herausforderung.
Ich hatte einige Lehrer und andere Beamte damals als Psychosomatiker in Therapie, wo diese Dinge ein große Rolle gespielt haben und wo ganz klar die Elemente einer Midlifecrisis gegeben waren.
Das was die Burnout und Midlife Theoretiker nicht wissen bzw. außer Acht lassen, ist die Tatsache, dass wir Menschen von unserer seelischen Ausrüstung her eher für diese mittelfristigen Beziehungen von einigen Jahren konzipiert sind.
Und dann kann es halt leicht passieren, dass ein Mittvierziger, der 15 Jahre verheiratet ist, plötzlich depressiv wird und missmutig, obwohl es anscheinend keinen Grund dafür gibt. Bei Frauen ist das ganz genauso.
Die Dysphorie die sich in ihm breit macht und die sein ganzes Leben überstrahlt und sich auch auf seine Hobbies auswirkt, wird ganz tief im Innersten oftmals von der Sehnsucht gespeist nach einer neuen Liebe.
Den Leuten ist das oft selbst nicht bewusst und ihrer Umwelt erst recht nicht, natürlich. Wenn die Liebesseite in einem wie tot ist, und einem der Job nichts mehr gibt deshalb, kann man sehr schnell auf den Gedanken kommen, dass man sich mal was ganz Neues suchen muss.
Oder bei Frauen oft, die wollen dann ein neues Haus, oder ne andere Wohnung oder wenigstens ein neues Wohnzimmer, nur, dass sie mal was Neues haben. Im tiefsten Innern brennt aber die Sehnsucht nach einem neuen Mann.
Ich halte nicht viel davon diese Dinge therapeutisch zu bearbeiten, um damit seinen Frieden mit sich machen zu können. Wenn diese evolutionären Sehnsüchte da die Macht übernommen haben, wird man sie nicht wegtherapieren können oder denjenigen aufwachen lassen. Es müssen hier die entsprechenden Bedürfnisse befriedigt werden, dann lösen sich diese Problem manchmal wie von selbst.
"Eine neue Liebe, ist wie ein neues Leben", dies hat hier eine ganz besondere Berechtigung. Manchmal sind diese neuen Lieben aus der Not geborenen Übergangsbeziehungen. Manchmal ist es auch die Ex selber, die neue Gefühle auszulösen vermag.
Wenn diese durch Strategie verstärkt werden, kann es manchmal wie ein Neuverlieben sein. Aber, es ist halt trotzdem nichts Neues und deshalb besteht die Gefahr, dass es nach einiger Zeit wieder anfängt zu kriseln und der Zirkus von vorne beginnt. Vorallem dann, wenn das Machtverhältnis sich wieder zuungunsten der Frau verschiebt.
Was meint ihr dazu ?