Gut, dass du deine Mama nochmal erwähnst. Da wollte ich nämlich eigentlich noch etwas zu schreiben. Hab die letzten Tage zwar immer mitgelesen, aber zum Schreiben fehlte die Zeit.
Also ich finde, sie hat dir da ganz tolle Dinge gesagt!!!
Deswegen war ich ja auch eigentlich so positiv drauf, weil das kein 0815 Gelaber war, sondern er es auch wirklich so meinte. Er hat währenddessen immer wieder mit den Tränen gekämpft.
Es ist immer schwierig, sich in die Situationen von anderen hineinzuversetzen. Aber in dem Punkt mit Exis Papa musst du ihn auch einfach verstehen. Ich denke, das tust du auch. Wenn es wirklich soo schlimm um ihn steht, dass man gar nicht weiß, ob er Ende des Jahres noch lebt
Er würde sich das einfach nie verzeihen, wenn er jetzt nicht so viel Zeit wie möglich mit ihm verbringen würde, weil er eben weiß, dass er nicht mehr viele Möglichkeiten dazu haben wird.
Ich habe ihm oft genug in der Zeit gesagt, dass er sich um seinen Papa kümmern soll. Er steht an erster Stelle und ich bin zur Zeit nicht so "wichtig".
Das konnte er aber auch nicht, weil er gesehen hat, dass ich immer wieder zurück stecken musste, was für mich gar nicht so schlimm war, aber er konnte es irgendwann nicht mehr mit seinem Gewissen vereinbaren.
Das Problem ist leider nicht nur, dass er sich um seinen Papa kümmern muss, sondern dass der Papa leider extrem stur ist und keine andere Meinung akzeptiert oder Hilfe von anderen annimmt.
Der Bruder von meinem Ex wohnt in einem anderen Land und wollte es eigentlich arrangieren, dass er mal für vier Wochen hier hin kommt und beiden ein bisschen unter die Arme greift. Das Ganze hat er dann aber doch wieder abgesagt. Auch anrufen würde ja nicht funktionieren, weil das ja pro Minute 0,XX kostet. Meine Güte, dass ist die eigene Familie, da sind mir ein paar Euro mehr auf der Telefonrechnung doch egal!!!
Das macht meinem Ex natürlich auch zu schaffen, weil er sich jetzt wirklich komplett alleine um seinen Vater kümmern muss.
Auch seine eigenen Interessen muss er hinten dran stellen. Arbeiten konnte und kann er zur Zeit nicht, weil er Angst hat, dass es jeden Moment zu Ende sein könnte bzw. kein anderer seinem Papa ja helfen kann, weil er die Hilfe nicht an nimmt. Ganz großes Kino, was der Papa da abzieht.
Ich meine, ich kann meinen Ex vollkommen verstehen und akzeptiere seine Meinung dazu. Ich hätte vermutlich nicht anders reagiert.
Ich habe ihn bis zuletzt unterstützt und auch nie ein böses Wort darüber verloren, dass sein Papa im Mittelpunkt steht.
Was ich aber überhaupt nicht verstehen kann, wieso der Vater das Leben seines Sohnes wissentlich zerstört?! Das Ganze macht mich wütend!
Andererseits muss man deshalb natürlich nicht direkt seine Beziehung beenden
Das wäre ja schlimm, wenn man davon rennen würde, sobald es ein "Problem" außerhalb der Beziehung geben würde. Sei es innerhalb der Familie oder im Job.
Das ist ja der Punkt, den ich nicht verstehe. Klar ist die Pflege eines Angehörigen nicht einfach. Gerade auch wenn persönliche Probleme (Jobverlust etc.) mit dazu kommen... Aber gerade dann bin ich doch froh, wenn ich eine Konstante habe. Jemanden auf den ich mich verlassen kann. Jemanden mit dem ich bei Bedarf reden kann oder der einfach für mich da ist.
Ich weiß nicht, was in meinem Ex vor geht, aber er war im Herbst in seinem sehr tiefen Loch (Krankheit des Vaters, Jobverlust mit anschließender gerichtlichen Einigung, eigene Depression aufgrund dessen und dem schlechten Gewissen mir nicht gerecht werden zu können). Er war mit Kleinigkeiten überfordert und hat alles, was zu ihm gesagt wurde als Kritik aufgefasst. Hat sich deswegen auch öfters mit Freunden angelegt oder war dabei seinen Sport aufzugeben, weil es mal nicht so lief, wie er es wollte. Einfach gesagt, er kam mit seinem eigenen Leben nicht klar.
Ich habe trotzdem zu ihm gestanden und habe keine Ansprüche gestellt, weil ich wusste, wie schlecht es ihm geht.
Meine Vermutung ist, welche mir von einem ebenfalls depressiven Kumpel bestätigt wurde, dass er Schluss gemacht hat um wenigstens ein "Problem" aus dem Weg zu räumen. An der Krankheit seines Papas, dem Jobverlust oder seiner Depression konnte er zu dem Zeitpunkt nichts ändern. Das einzige, was er ändern konnte um sich ein bisschen "Luft" zu verschaffen, war halt die Trennung. Das war vielleicht kurzfristig gesehen für ihn eine "gute" Entscheidung. Im Nachhinein merkt man aber, dass er es bereut. Er weiß nicht, wieso er das getan hat. Er kann sich einfach nicht mehr daran erinnern, weil er das letzte halbe Jahr einfach nur agiert hat ohne drüber nachzudenken. Eine Glasglocke... ein Tunnelblick mit Fixierung auf seinen Papa. Den Rest hat er Überhaupt nicht mehr wahr genommen....
Was meinte deine Mama mit Leben von früher? Was war damals bei ihm anders? Was vermisst er jetzt?
Er vermisst SEIN Leben.
Eigene Entscheidungen treffen zu können. Zum Sport oder weg gehen zu können, wann immer er möchte...
Nich die ständige Angst "Ist etwas mit meinem Papa passiert. Ist er gestürzt?" oder auf Abruf bereit zu stehen, wenn der Papa mal wieder eine Kleinigkeit möchte. Der hat am Tag etliche Male angerufen und mein Ex konnte noch nicht einmal in Ruhe Mittag essen, weil er ständig wieder runter zu seinem Papa musste.
Mein Ex hat selber gesagt, er hätte nicht gedacht, dass sein Papa so lange durch hält und er möchte einfach, dass es vorbei ist.
Und vor allem er vermisst UNS.
Sorry, für den langen Text. Irgendwie tat das grade gut sich die Traurigkeit von der Seele zu schreiben....