Hallo
@Leeloo und danke für deine hilfreichen Beiträge!
Das würde mich massiv in Opposition bringen und damit ganz weit weg von meinem (Primär) Partner.
Das sehe ich auch. Andererseits muss ich ihr klar darstellen, wo meine Grenzen sind. Und dafür entsprechende Regeln aufstellen. Denn ganz ehrlich: Mein Vertrauen ist zum großen Teil hin. Das ist hier weder eine gefestigte Beziehung, noch wie du siehst eine, in der momentan eine super und offene Kommunikation existiert. Zudem hat meine Freundin ja offensichtlich ein Problem damit sich im Graubereich an den bestehenden Grenzen selbst zu kontrollieren und das gegebenenfalls zu kommunizieren. Wie soll ich darauf vertrauen, dass sie es kann, wenn Gefühl, Sex und alles weitere im Spiel ist und ich nicht vor Ort bin, meine ganz persönliche Sicht auf das Thema sogar mal außen vor?
Ich selbst glaube es wiegt am schwersten, dass ich dann letztendlich von ihr verlange sich nicht auf den einen oder die beiden Männer einzulassen, für die sie bereits Gefühle entwickelt und sie quasi vorbereitet hat. Und ich verstehe ja, dass das emotional viel kostet. Andererseits fühle ich mich betrogen und müsste auch mich selbst verraten, wenn ich dem auch noch selbst den Segen geben sollte.
Ich liebe das Gefühl der Sicherheit, des Austauschs, der offenen Neugier, der Wertschätzung, die wir uns zeigen. Ich frage von mir aus regelmäßig nach: wie fühlst Du Dich damit. Ist das gut? Wünscht Du Dir etwas anderes. Geht das für Dich klar?
Ich sehe es als meine Aufgabe, aufmerksam zu sein für seine Gefühlslage.
Und machen wir uns nichts vor: Primärer Lieferant von Sicherheit in dieser Beziehung bin ich. Sie ist es gewohnt, dass ich immer da und quasi ihr Rückzugspunkt bin. Eben weil ich bislang nicht einmal in Erwägung gezogen habe mit anderen Frauen etwas zu starten und sie auch nicht befürchten musste irgendwie in Konkurrenz zu geraten. Eine Öffnung scheint für sie einfacher zu sein, weil sie eben absolute Sicherheit spürt. Ich von der anderen Seite nicht. Und was es für das Beziehungsgleichgewicht bedeutet, wenn ich diese Sicherheit immer wieder bei ihr nachfrage, ist wohl uns allen klar.
Julius, hast Du Dich denn schon mal mit Polyamorie auseinandergesetzt?
Tatsächlich haben mir gerade Polygruppen im Netz, Bücher, Artikel etc. am meisten bei der Öffnung geholfen.
Ja, habe ich, zwangsläufig in den letzten beiden Wochen. Es hat mir geholfen verschiedene Dinge besser zu verstehen. Aber es überzeugt mich nicht per se, genauso wenig wie auf der anderen Seite Moralabhandlungen über Treue. Letztendlich dampft die Frage über Polyamorie oder andere Beziehungsformen darauf ein, mit welcher Form von Beziehung man glaubt seine Bedürfnisse am besten bedienen zu können, welcher Philosophie man da folgen möchte und welche Vor- und Nachteile man dafür bereit ist zu tragen.
Ich bin generell jemand, der eher wenige zwischenmenschliche Beziehungen pflegt und sich auf diese konzentriert. Und ich verspüre kein Bedürfnis nach irgendeiner Art Nebenbeziehung oder weiterer Person, die ich romantisch lieben kann. Ich verliebe mich auch enorm selten. Dabei verstehe ich durchaus, dass andere Menschen das anders empfinden können, aber aus dem Grund ist zumindest für mich eine polyamore Beziehung relativ sinnfrei. Sie wäre immer in einem enormen Ungleichgewicht mit einer Person, die wirklich polyamor veranlagt ist. Und der viel höhere Aufwand an emotionaler Arbeit und die erhöhten Risiken stehen dann für mich auch in keinem Verhältnis zu dem, was für mich theoretisch positiv als "Freiheitsgewinn" sein sollte.
Und stelle fest: keinem wird genommen. Wir gewinnen nur alle.
Den Punkt sehe ich deshalb anders. Meine Freundin hat ähnlich argumentiert: "Für dich ändert sich doch nichts". Allerdings ist das genau der Punkt: Wenn man eine Liebesbeziehung deshalb genießt, weil man einen bestimmten Bereich nur für sich als Paar hat und dieser Bereich dann ein starkes Gefühl von Zweisamkeit erzeugt, dann kann man das vielleicht noch teilweise öffnen. Eine komplette Öffnung - emotional und körperlich ohne Grenzen - zerstört mir dieses Gefühl. Dann ändert es vieles.
Mal ganz davon zu schweigen, dass ich in der momentanen Situation ja auch nicht zufrieden bin; wir führen seit Jahren eine Fernbeziehung und das ist auch für mich anstrengend. Wenn sie dann um die Ecke kommt und sagt, "Für dich ändert sich nichts", finde ich das ein Stück weit ignorant mir gegenüber. Denn Tatsache und das Problem ist doch eben, dass ich dann eben weiterhin "wenig" bekomme und jemand anderes, der zufällig vor Ort ist, das volle Paket an Gefühlen und Sex und gemeinsamer Zeit, das ich eigentlich gerne mit ihr hätte. Und ich glaube es wäre naiv zu denken dass das nichts mit meiner (in Sachen OB ebenso unerfahrenen) Freundin und unserer eigenen Beziehung macht. Wir können jetzt natürlich ausführlich Eifersuchts- und Mängelexegese bei mir betreiben, es bleibt aber letztendlich am Schluss stehen: Ich leide viel eher einfach nur darunter, ohne dass sich für mich etwas Positives ergibt, dass es irgendwie aufwiegen würde.
Das soll jetzt nicht böse rüberkommen, ich möchte nur meine schwierige Position deutlich darstellen. Und bei allem, was ich jetzt in den letzten zwei Wochen gelesen und auch klug und richtig fand, habe ich stellenweise eben auch Dinge gefunden, die ich nicht überzeugend finde.
Aber Philipp, das kann doch immer passieren, völlig unabhängig von der Beziehungsform!
Darum ja auch kein "für immer". Das können wir uns wünschen, aber wir können es nicht vereinbaren. So ist das Leben.
So etwas zum Beispiel
Den Satz habe ich in etlichen Variationen gelesen und auch meine Freundin hat ihn beim letzten Gespräch gesagt. Letztendlich ist er nicht falsch, lässt aber sehr viel aus. Natürlich kann es in jeder Beziehungsform passieren, dass man sich in weitere Personen verliebt. Wenn man es aber ernst meint mit der Definition von Beziehungen als einfach nur unterschiedliche Sets an Regeln (ob unausgesprochene oder verhandelte), dann ist nun einmal die Wahrheit, dass es Sets an Regeln gibt, die eher dazu geeignet sind dem entgegenwirken oder es unwahrscheinlicher zu machen, während es bei anderen gerade gefördert wird. Und daher ist es schon ein gewaltiger Unterschied, ob ich mich etwa in einer monogamen Beziehung mal "fremdverliebe", aber es nicht ausleben bzw. dem nachgehen will und sich das Gefühl daher nicht verstärkt, oder ob ich zugunsten eines Werts von "persönlicher Freiheit" auf diese Beschränkung verzichte, damit aber auch die Wahrscheinlichkeit erhöhe, dass die Gefühle mit allen daraus erwachsenden Konsequenzen sehr intensiv werden, wenn ich mich darauf emotional und körperlich einlasse. Das gilt natürlich dann für alle Beziehungen entsprechend mit unterschiedlichen Graden an "Öffnung".
Letztendlich, siehe oben, geht es genau darum: Die Frage was man selbst ausleben will und was die eigenen Bedürfnisse sind und wie man sie in selbst gestaltbaren Beziehungen miteinander erfüllen kann. Das ist nun einmal nicht für jeden komplett gleich.