Guten Morgen Liebe Hannah,
ich kenne und lese deinen Strang von Anfang an und bin immer wieder ergriffen, wie sich die Dinge bei Dir entwickeln.
Ich erkenne mich selbst in so vielen Dingen wieder bei dem was Du schreibst, bei dem was Du an Tipps und Ratschlägen bekommst und über dein Leben berichtest.
Ich weiss, dass Du dir eine Pause gönnen möchtest und das ist eine super Idee, als "Leidensgenossin" mag ich dir noch ein paar Ratschläge geben, wenn ich darf.
Man leidet wirklich ernsthaft bei Dir mit, weil man sieht, wie sehr Du in deinen Mustern gefangen bist und ich kenne das, es ist wirklich schlimm. Wenn dann wieder eine Musterverkettung die Führung übernommen hat ärgert man sich hinterher so doll über sich selbst, dass man sich am liebsten manchmal Ohrfeigen möchte (oder schlimmeres). Man fühlt sich oft wie Ferngesteuert und fragt sich hinterher immer wie sowas jetzt doch passieren konnte...
Das Wort "Selbstliebe" ist ein Fremdwort und man weiss nicht wie es geht, was das sein soll und keiner erklärt es einem so, dass man es versteht, man macht ja sowieso immer alles falsch.
In klassischen Therapien lernt man "nur" Verhaltensdinge, die einem helfen sollen die "schweren" Zeiten zu überstehen. Aber irgendwie steht man auf der Stelle und wünscht sich jemanden, der einem sagt wie man aus diesem Loch heraus kommt, der kommt und einen an die Hand nimmt und einem sagt: "Alles wird gut"
Nun Hannah, hier kommt die Wahrheit: Niemand kann dir das geben! Du kannst die besten Therapien mit den tollsten Fortschritten machen und trotzdem wird es sich immer wieder blöd anfühlen.
Der Punkt ist, liebe Hannah, solange man nicht lernen möchte MIT seinen Störungen zu leben statt für sie wird sich nichts ändern, die Spirale wird sich immer weiter drehen, nach unten...
Ich habe mal versucht aus den letzten Tagen ein paar Zitate raus zu suchen, gerne hätte ich noch mehr genommen, aber das würde hier alles sprengen denke ich.
Bin auf der Suche nach bedingungsloser Liebe (ich meine nicht unbedingt partnerschaftliche Liebe, sondern Liebe im Allgemeinen) und ein Stück weit hat er mir diese damals gezeigt.
Seitdem ich auf der Welt bin, habe ich das Gefühl, nicht gut genug zu sein - nicht gut genug zu sein, um geliebt zu werden.
Liebe Hannah, da liegt der Hund begraben, solange Du nicht gut genug für dich selbst bist, wirst du immer wieder deinen Druck woanders abladen und eben auch versuchen, dir diese Sicherheit, diese "Daseinsberechtigung" woanders zu holen. Es ist eines deiner Muster und gehört zu Dir, es bedeutet das pure Überleben, so war es bei mir. Ich war immer nur auf der Suche nach jemandem, der mir zeigen konnte, dass ich doch hier auf dieser Welt sein darf dem ICH wichtig bin. Tja was soll ich sagen, jeder ist ersetzbar.. umso wichtiger, diese Erkenntnis zu nehmen und die Energie daraus auf sich selbst zu lenken. Ich BIN gut genug, ich BIN wertvoll, ich BIN liebenswert! Und das bist du auch liebe Hannah
Er ist der erste Mensch, der mir das Gefühl gegeben hat, gut genug zu sein.
Leider ist dieses Gefühl, das er mir gegeben hat für mich von großer Bedeutung, so dass ich immernoch Hoffnung habe die Achterbahnfahrt zu stoppen und eine ruhige Fahrt mit ihm zu machen.
Er war der erste Mensch, der nicht zu meiner Familie gehörte, dem ich von diesem Ereignis erzählt hatte, weil er mich fragte, ob ich in diesem Punkt schlechte Erfahrungen gemacht hätte. Er könnte sich mein Verhalten ihm gegenüber nicht anders erklären.
Eigentlich möchte ich doch nur eine Affäre auf Augenhöhe mit tiefer Verbundenheit.
Natürlich willst Du nicht das es aufhört, denn Du hattest in der Außenwelt mal kurz das Gefühl von "gut genug"
Aber weisst du was das Problem ist? Hat es einmal angefangen bekommt man selbst den Hals nicht voll davon und baut immer mehr Druck auf, weil man danach lechzt wie ein verdurstender in der Wüste! Und weil man nach wie vor immer noch für sich selbst nicht gut genug ist. Diese Art von Bedürfnisbefriedigung kann dir niemand von außen geben, das kann keiner leisten, das ist unmenschlich. Das kann man nur lernen sich selbst zu geben.
Momentan bin ich sehr auf meine Prüfung fokussiert. Ich reduziere sehr pragmatisch unnötigen Stress, indem ich mich bspw. aus Alltagskonfliktsituationen innerhalb der Familie rausnehme.
Der nächste Schritt wäre mich beim AM abzugrenzen. Ich denke er hat zur Zeit viel Unsicherheit in seinem Leben und entlädt seinen Frust bei mir.
Nein, er hält dich auf Abstand, weil du ihm leid tust, weil er sich schuldig fühlt, weil er dir nicht das geben kann, was du brauchst, weil wie schon gesagt niemand kann das.
Aber letztendlich ist das seine Baustelle nicht deine.
Dass er sich so verhält, weil ich seine Grenzen nicht akzeptiere.
Er wünscht sich Abstand, um sich zu beruhigen. Ich wünsche mir etwas Sicherheit vor allem im Hinblick auf seine ganzen Lebensveränderungen (Partnerin, Kind, Hochzeit).
Ich fragte beim Abschied nach einem Kuss.
Er wollte es nicht und fragte warum. Ich äußerte, dass es etwas Sicherheit wäre.
Dann kam er und wollte mich küssen. Es war eine ganz unschöne Atmosphäre. Ich wich ihm aus, er ließ nicht locker. Ich sagte, dass ich das so nicht möchte, dass er aufhören soll. Er ließ nicht locker. Er hatte mein Kinn fest in der Hand und wollte seine Lippen auf meine pressen. Ich duckte mich und er ließ los.
Ich weinte, ich verstand es nicht. Er sagte, dass ich das so wollte, dass ich ihn dazu gemacht habe, weil ich einen Kuss wollte, obwohl er nicht wollte.
Er stieg ins Auto. Ich weinte, war wie erstarrt. Er kam wieder zu mir und tröstete mich und entschuldigte sich.
Da haben wir es: Was passiert mit einem Hund, den man immer wieder unter Druck setzt, in die Ecke drängt usw? Richtig irgendwann wird er beißen.
Es ist für mich jedoch der allerletzte Versuch."
Tja daran glaube ich leider noch nicht so ganz, das ist eher so seine Baustelle, aber wenn er wirklich endlich eine Grenze ziehen würde, wäre es gesünder für Euch beide. Er scheint nicht so der entscheidungsfreudigste zu sein.
Umso wichtiger genau DAS nicht zu tun:
Nun nimmt mein Gewissen grad überhand. Sachlich betrachtet, ist es definitiv unfair von ihm seine Freundin mit dieser Lüge zu heiraten.
Sollte ich es ihr sagen?
Bitte mach das nicht, du wirst nichts gewinnen, nur ganz viel verlieren, vor allem noch mehr Selbstachtung... Denn machen wir uns nichts vor, du würdest es nicht machen, weil SIE dir so wichtig ist.. Sondern eher weil Du dir erhoffst, dass er dann in deine Arme zurück sinkt und alles so wird wie früher... Das jedenfalls wäre meine innerliche Hoffnung, wenn ich sowas tun würde. Und wenn du wirklich ehrlich zu dir bist, denke ich kommst du eventuell zu dem selben Ergebnis.
Deshalb bin ich von ihm so schockiert. Und auch von mir. Wenn er sich durch mein Verhalten so fühlt, dann bin ich ein abscheulicher Mensch.
Ja und genau das ist ein weiteres riesiges Problem liebe Hannah. Du siehst zwar deine Muster und Fehler aber du bist zu sehr damit beschäftigt dich dafür selbst zu strafen, dass dir die Zeit und der nötige Abstand fehlt dich selbst in den Arm zu nehmen und dir zu sagen, wie Liebenswert du bist. Deine Fehler zu reflektieren, dir zu verzeihen und aus ihnen nachhaltig zu lernen. Du setzt dich so sehr unter Druck, dabei, dass es nur nach außen kann.
nochmal:
Du BIST gut genug!
Du BIST liebenswert!
Du BIST wertvoll!
Du BIST schön!
Das kann man endlos fortführen ehrlich. Aber besser wäre es, wenn Du es selbst versuchst.
Schneewittchen und Hira haben es mal wieder perfekt auf den punkt gebracht:
Auch, was du für einen Druck an diesen Mann weitergibst (ja, ich erlebe auch dich ihm ggü. übergriffig anhand der Dinge die du von euren Interaktionen schreibst), was er in dir heilen soll, wie bedürftig du ggü. diesem Menschen bist, das liest sich wirklich ganz arg sumpfig und "gestört". Obsessiv von Sammys trifft es ganz gut in meinen Augen.
Mit Liebe hat diese Affäre in meinen Augen nicht viel zu tun, eher mit dem Ausagieren einer Störung, mit Selbstverletzung und der Suche nach einem Gefühl, was du unter Garantie mit diesem Mann in dieser Konstellation nicht erreichen/erleben wirst. Vielmehr scheint es irgendein toxischer Wiederholungszwang zu sein, den du da auslebst.
Ich verstehe auch ihn nicht, dass er die Affäre nicht schon längst beendet hat. Irgendwie wirkt auch er nicht ganz koscher.
Ich denke nicht, dass es jetzt so sehr auf deine Antwort drauf ankommt. Es geht doch vielmehr um eine Einstellungs- und Haltungsänderung deinerseits, die sich dann auch in deinen Worten wiederfindet. Ob du jetzt *mal* gut antwortest, ist nicht so wichtig, denn es wird vermutlich wieder so sein, dass du beim nächsten oder übernächsten Treffen wieder Sicherheit einforderst...du wirst das ja nicht so schnell ändern können. Deshalb find ich es ja so wichtig, dass du dich voll und ganz auf deine Therapie konzentriest.
Ihr redet zwar beide immer wieder davon, dass vieles schief läuft usw. aber ihr redet nur, statt so auch zu handeln.
Dir muss doch auch klar sein, dass kein Mensch dir das geben kann, was du zu kompensieren suchst, auch nicht dein AM (bedingungslose Liebe). Es ist ja schön, wenn du weißt, woher das kommt, dass du die bedingungslose Liebe suchst, aber es bringt dir ja nicht viel, wenn du das immer wieder nur feststellst, aber nicht versuchst, deine therap. Fortschritte umzusetzen? Das ist ja stagnierend und wirkt naiv, so wie du es beschreibst.
Mir scheint es, HM, als würdest du nur im Nachhinein betrachten und eine Situation reflektieren können, aber die wiederkehrenden Muster nicht erkennen und darauf übertragen, was dir hier schon geschrieben worden ist.
dem kann man nichts hinzufügen, was die 2 schreiben wäre jetzt eigentlich wirklich wichtig. Den Fokus von ihm auf dich zu lenken, ohne sich dabei selbst zu zerfleischen.
Es ist ein Verhalten, das ich jahrelang gelernt habe. Also sind mein Gehirnstrukturen so programmiert, das ist für mich immer richtig so gewesen. Ich habe große Verlustängste und brauche viel Sicherheit.
Nun die Ängste kann dir keiner nehmen, nur du kannst das. Dazu wäre es wichtig zu lernen MIT deinen Ängsten zu leben und nicht für sie.
Mir ist bewusst, dass es noch ein langer Weg ist meine Verhaltensstrukturen zu verändern, aber ich gebe nicht auf, weil ich eine Kämpferin bin
Das ist die richtige Kampfansage, und mit genügend Übung lassen sich Verhaltensmuster umprogrammieren glaub mir. Man hat mir im Laufe meiner "Threapiekarriere" sämtliche Persönlichkeitsstörungen Diagnostiziert, die sich so finden lassen. Nicht eine davon habe ich tatsächlich, dessen bin ich mir sicher. Frage nicht immer nur nach dem Warum, sondern Frage dich, was du HEUTE für dich tun kannst, dass es dir besser geht.
Liebe Hannah, ich wünsche Dir wirklich, dass Du dich finden und lieben lernst, du schreibst immer so süß und mit einem Hauch von Optimismus.
Auch Du wirst jemanden finden, der sich so sieht wie du bist und genau das liebt.
Aber erst wäre es sinnvoll es bei dir selbst zu finden und glaub mir mit jedem Stückchen mehr Selbstliebe kommt auch ein Dicker Energieschub mit. Du schaffst das!
Ich wünsche Dir ganz viel Kraft dafür.
Liebe Grüße
KT