Ich sitze jetzt an meinem letzten Abend hier am Strand und genieße die Ruhe und Einsamkeit.
Ihr habt mir doch schon viel mehr geholfen und beigestanden, als ich je erwartet hätte.
Deshalb möchte ich euch meine Geschichte noch einmal etwas genauer erzählen.
Ich weiß jetzt schon, dass der Text sehr lang wird, aber ich erhoffe mir davon zwei Dinge. Zum einen, dass ihr (und auch ich) etwas besser versteht wo ich stehe und wo ich hin möchte und ich möchte mir damit selbst noch einmal vor Augen führen was eigentlich passiert ist.
Ich muss leider sehr weit ausholen, weil das alles irgendwie zusammenhängt.
Anfang 2014 habe ich wieder Kontakt mit einem alten Schulkameraden aufgenommen. Wir zwischen uns herrschte schon früher eine große Anziehung, aber ich hatte ihn damals abblitzen lassen, weil ich Angst hatte, dass es mir uns schief gehen und ich ihn verletzen würde. Aber ich habe ihn nie aus meinem Kopf bekommen.
Wir trafen uns ein paarmal und uns war beiden sehr schnell klar, das ist es. Wir gehören zusammen. Es war wie magisch. Klingt abgedroschen, aber genauso war es. Ganz unwirklich. Ich nenne ihn mal "Mario". So ein Gefühl wie mit ihm hatte ich zuvor noch nie, obwohl ich bereits eine fünfjährige Beziehung hinter mir hatte.
Wir waren gerade zwei Wochen so etwas wie ein Paar als er einen schrecklichen Unfall hatte und ich ihn für immer hergeben musste. Das hat mir den Boden unter den Füßen weggerissen.
Ungefähr ein Jahr lang stand ich völlig neben mir, habe eine halbherzige Beziehung mit seinem besten Freund begonnen, für den ich nie Gefühle entwickelt hab, und hab mich schließlich in Behandlung begeben.
Als es wieder langsam bergauf ging (Mitte 2015) trat mein Ex in mein Leben. Mario und er kannten sich von früher und dadurch haben wir uns dann Irgendwie auch kennengelernt.
Er hatte eine gewisse Ähnlichkeit mit Mario war aber trotzdem ganz anders.
Ich war anfangs sehr vorsichtig, weil ich noch immer nicht ganz stabil war und das hab ich ihm auch gesagt. Er hat dann sehr früh damit begonnen mir zu sagen, dass er mich liebt. Ich wollte das gar nicht so recht. Es ging mir zu schnell, aber ich hatte ihn unheimlich gern und hab mich schließlich auch in ihn verliebt.
Als wir so ungefähr zwei drei Monate zusammen waren meinte er, er möchte mit mir zusammen ziehen, damit wir uns trotz seiner Schichten öfter sehen können. Also Dingen wir an eine Wohnung zu suchen.
Erste Hürde: er wohnte in "Ort 1" und ich in "Ort 2". Er wollte in Ort 1 bleiben, aber ich wollte unbedingt nach Ort 3, weil da meine Freunde wohnten, die mir zu der Zeit unheimlich viel Stabilität gegeben haben. Er hat sich breitschlagen lassen und wir zogen im April 2016 nach Ort 3. Das war wohl mein größter Fehler...
Schon zu Beginn stellten uns viele Probleme auf die Probe. Schimmel, undichte Fenster, kaputte Türen usw. Dazu kam noch, dass mein Ex Probleme bei der Arbeit bekommen hatte und gekündigt wurde.
Nun kam es immer wieder zu Reibereien. Er hat sich in sein Hobby gestürzt und immer weniger Zeit zu Hause verbracht. Anstatt das geschickt und diplomatisch zu klären warf ich ihm immer wieder an den Kopf, dass er, wenn er doch nicht arbeiten muss, mal im Haushalt helfen und zum Beispiel die Küche fertig bauen könnte usw.
Ich habe ständig darauf rumgehackt was er nicht gemacht hat. Das was er dann doch mal gemacht hat, habe ich ihm nicht angemessen gedankt, sondern es immer wieder als Selbstverständlichkeit gesehen, weil er ja genügend Zeit hatte. Viel später, als mich ein Freund darauf hingewiesen hat, begriff ich erst, dass er sich schrecklich gefühlt haben muss als Arbeitsloser mit einer gut verdienenden Freundin. Daruber hatte ich niemals nachgedacht.
Dass ich so ungerecht war hat er mich nie spüren lassen. Es war ansonsten alles gut. So langsam habe ich in mir einen Kinderwunsch gespürt und ab und zu Andeutungen gemacht. Jetzt im Nachhinein weiß ich wie fatal das war.
Im September waren wir dann im Urlaub. Es war wunderschön und wir hatten beide eine tolle Zeit zusammen. Aber danach fing es langsam an.
Er begann an mir herum zu nörgeln. Hat mir die Dinge, die sich in ihm aufgestaut hatten, bröckchenweise serviert. Mal war ich immer zu ungeduldig, dann wieder zu schnell aufbrausend, dann hab ich wieder keine Vorschläge für Unternehmungen gemacht oder hab zu viel daheim rumgesessen...
Am Anfang hab ich diese Dinge nicht ernst genommen.
Dann hat sich eine einzelne Sache so hochgeschaukelt, dass ich unter bitten und betteln versprach an mir zu arbeiten. Das habe ich versucht. Bis sich die nächste Sache hochschaukelte und dann wieder. Ich wusste letztlich gar nicht was los ist und hatte das Gefühl alles falsch zu machen. Ich war völlig durcheinander und in diesem Chaos gab er dann an Silvester
2016 die Beziehung auf. Ich hatte den ganzen Tag die Wohnung schick gemacht um mit ihm gemeinsam schön in das neue Jahr zu feiern. Er war am Abend kurz daheim und sagte mir, er würde sich eine eigene Wohnung suchen.
Am Abend darauf habe ich noch einmal ruhig mit ihm gesprochen. Da hat er mir alles erzählt. Wie ich ihn behandelt habe, wie er sich gefühlt hat und ich habe zum ersten Mal verstanden was ich getan hab.
Natürlich hab ich ihn noch einmal gebettelt uns noch eine Chance zu geben, jetzt wo ich ihn erstmal verstehe. Ohne Erfolg. Ich hätte ihn zu sehr verletzt...
Ein paar Tage später wusste ich, dass ich kämpfen werde. Ich habe viel gelesen und nachgedacht und damit angefangen mich mit mir und meiner ganzen Lebenseinstellung zu beschäftigen. Ich habe mich selbst von außen betrachtet und mir Ziele zur Veränderung gesetzt, weil mir nun bewusst war wie unzufrieden ich mit mir bin.
Ich bin meinem ex freundlich aber distanziert entgegen getreten und hab ihn einfach machen lassen. Wenn wir gesprochen haben habe ich ohm gesagt, dass ich uns nicht aufgeben möchte, es aber akzeptiere, wenn er das will.
Ich habe wieder begonnen mich mit Freunden zu treffen zu kochen, Sport zu machen...
Ende Januar hatte er dann eine Wohnung. Musste nur noch den Vertrag unterschreiben. Als ich ihn dann eines Abends fragte, ob alles geklappt hat, meinte er, dass er nicht unterschrieben hat und uns noch eine Chance geben möchte.
Die darauffolgenden Wochen lief es ziemlich unverändert weiter. Es war keine Zärtlichkeit von ihm zu spüren. Ende Februar habe ich herausgefunden, dass er sich in eine kleine Studentin verguckt hat. Als seine Annäherungsversuche ihr gegenüber nicht aufhörten habe ich im März nochmals mit ihm das Gespräch gesucht. Dabei meinte er, dass seine Gefühle zu mir immer weniger werden und ich habe ihm gesagt, wenn er nach einer anderen sucht, werde ich gehen.
Also ging ich auf Wohnungssuche. Einige male hat er noch gefragt, ob ich das jetzt wirklich durchziehen will. Ich sagte ihm immer wieder, dass ich nicht mit einem Mann zusammenleben möchte, der mich nicht will. Darauf hat er nie etwas erwidert.
Ein paar mal hat er mich um eine Freundschaft gebeten, aber da ich weiß, dass das kontraproduktiv ist, habe ich immer abgelehnt.
Ich hielt die Situation daheim nicht mehr aus und wollte so schnell wie möglich raus. In der Wohnung hatte ich mich schon lange nicht mehr wohl gefühlt bzw. noch nie, weil ich immer das Bewusstsein hätte, dass er nie dort hin wollte. Nun hätte ich begonnen mich in Ort 1 wohl zu fühlen und dort auch sehr gute Freunde gefunden, die jetzt viel für mich da sind. Zu allem Überfluss habe ich dort ein in der Kürze der Zeit unschlagbares Wohnungsangebot bekommen.
Ende Mai hab ich meine Katzen geschnappt und bin dort in eine quasi leere Wohnung gezogen. Als ich gegangen bin hat er mich fest umarmt und geweint...
Ich war mir so unsicher mit dem Ort und möglicherweise hasst mein Ex mich dafür, dass ich nun doch dorthin gezogen bin. Aber für mich war es eine gute Entscheidung ich fühle mich in der Wohnung und der Umgebung sehr wohl.
Am Anfang meines mega Textes habe ich euch von Mario erzählt. Ich denke immernoch oft mit einem lachenden und einem weinenden Auge an ihn.
Das Gefühl was ich bei ihm hatte war und ist dem zu meinem Ex sehr ähnlich. Bei Mario ist alles zu spät. Es kann nicht gerade gerückt werden, was passiert ist.
Aber bei meinem Ex ist es nicht so. Wir sind beide noch da. Ich weiß, dass wir ebenso gut zusammen passen und wir mit einem Neuanfang eine echte Chance hätten, wenn er das nur auch sehen könnte.
Ich fühle mich mittlerweile mit mir im reinen. Ich arbeite an mir und das tut mir sehr gut. Ich fühle mich wohler in meiner Haut. Nur die Fehler, mit denen ich die Beziehung kaputt gemacht habe lasten schwer auf mir und ich weiß nichts dagegen zu tun.
Jetzt wo ich das alles aufgeschrieben habe, fühlt es sich auswegslos an. Als wäre alles zu spät. Glaubt ihr das auch?